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Audio: rbb24 Inforadio | 17.02.2023 | Nachrichten | Quelle: dpa/J.Schmitz

Erdbeben in der Türkei und in Syrien

Warum es so schwer ist, Besuchervisa für Angehörige aus der Türkei zu bekommen

Nach der Erdbebenkatastrophe in der türkisch-syrischen Grenzregion hoffen viele Berliner, ihre Angehörigen nach Deutschland holen zu können. Doch das ist kompliziert, auch weil sie wochenlang auf einen Behördentermin warten müssen. Von Marcus Latton und Jenny Barke

Die Phase der Trauer ist noch immer akut: Das Erdbeben in der Türkei hat die Familie von Sedat Sayan nicht unberührt gelassen. Die Tante, der Schwager und eine Cousine des Schönebergers sind in der Stadt Iskenderun unter den Trümmern gestorben.

Zwei weitere Cousinen würde Sedat Senay gerne für ein paar Monate nach Deutschland holen, um sie in seiner Wohnung unterzubringen. Ob das klappt, ist aber völlig ungewiss. "Wir würden gerne jede Möglichkeit nutzen, die Familie befristet herzuholen", sagt Senay. "Damit wir als Familie unter einem Dach diese harte Zeit gemeinsam durchstehen können."

Personalmangel und Terminnot beim Landesamt für ein Einwanderung

Ein Grund für die Verzögerung: Beim Berliner Landesamt für Einwanderung werden Termine nur mit wochenlangen Vorlauf vergeben. Zudem muss für die Vergabe eines Besuchsvisums für jede eingeladene Person ein Stapel Dokumente eingereicht werden: Etwa Einkommensnachweise der einladenden Personen, Krankenversicherungen oder Geburtsurkunden. Für Verwandte ersten Grades, also Eltern, Ehepartner, Kinder oder Geschwister hat das Auswärtige Amt bereits Visumserleichterungen ermöglicht.

Im Fall von Menschen wie Sedat Senay, die ihre Cousins oder Cousinen nach Deutschland holen wollen, gilt das aber nicht. "Das Problem ist überhaupt bei jemandem vorstellig zu werden und zu sagen: Ich möchte eure Regularien einhalten, hier sind die Unterlagen", sagt Senay. "Aber man kommt erst gar nicht soweit. Da ist niemand, der mit einem spricht." So gehe es vielen seiner Bekannten, die in einer ähnlichen Situation steckten.

INFOBOX

Situation für syrische Angehörige

500 Euro monatlich pro Person nötig

Der Rechtsanwalt Martin Manzel weiß um die Schwierigkeiten der Visumsvergabe und der Verpflichtungserklärung, die Angehörige einreichen müssen. Manzel ist spezialisiert auf Migrations- und Familienrecht - und weist auf die finanzielle Last hin, die einladende deutsche Staatsbürger zu tragen haben.

Denn das kann sich nicht jeder leisten. Wer als Bürge etwa eine Familie mit vier Kindern und zwei Erwachsenen per Besuchsvisum nach Deutschland holen will, muss pro Person 500 Euro monatlich für die Lebensunterhaltsicherung bereitstellen können. "Wenn Sie mit 3.000 Euro im Monat bürgen wollen, müssen Sie schon ein Gutverdiener sein, denn Sie haben ja selber einen Lebensunterhalt zu bestreiten", sagt Manzel. "Es kann gar nicht jeder einladen."

Der Rechtsanwalt zeigt aber auch ein gewisses Verständnis für die langsamen Berliner Behörden. Aufgrund des Personalmangels arbeiten die Ämter ohnehin am Limit - und vielleicht ein erster Schritt: Das Landesamt für Einwanderung hat Anfang dieser Woche 100 Termine kurzfristig freigeschaltet.

Sendung: rbb24 Inforadio, 17.02.2023, 6 Uhr Der Morgen

Beitrag von Marcus Latton und Jenny Barke

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