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Video: rbb24 | 25.04.2023 | Quelle: Morris Pudwell

Komplize vor Haftrichter

Mutmaßlicher Geiselnehmer hat sich laut Berliner Polizei erschossen

Nach einem stundenlangen Einsatz von Spezialkräften ging in der Nacht zu Dienstag eine Geiselnahme in Schöneberg zu Ende. Einer der mutmaßlichen Täter soll sich selbst getötet haben, sein mutmaßlicher Komplize ist in Gewahrsam.

Die Berliner Polizei hat am frühen Dienstagmorgen eine Geiselnahme in einem Antiquitätengeschäft in Berlin-Schöneberg beendet.

Ein Spezialeinsatzkommando (SEK) der Polizei habe gegen 2:30 Uhr den Laden gestürmt, teilte Sebastian Büchner, Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft, mit. Dort sei ein 41-jähriger Mann mit einer stark blutenden Kopfwunde gefunden worden. Es habe sich mutmaßlich um den Geiselnehmer gehandelt, der beim Transport ins Krankenhaus gestorben sei.

"Wir gehen momentan davon aus, dass es ein Suizid war", sagte Büchner. Klarheit solle eine Obduktion am Dienstag oder Mittwoch bringen. Die Polizei hatte den Suizid des mutmaßlichen Geiselnehmers in der Nacht auf Twitter noch als Fakt kommuniziert, am Dienstagnachmittag teilte sie mit: "Ob die Verletzung auf einen Suizid zurückzuführen ist, wird noch durch eine zeitnahe Obduktion zu klären sein."

Eine männliche Geisel blieb unverletzt. Dabei handelte es sich nach Polizeiangaben um den 80-jährigen Ladenbesitzer. Eine 62-jährige Angestellte wurde zuvor freigelassen.

Das SEK stürmt das Geschäft. | Quelle: dpa-Bildfunk/Carsten Koall

Passanten verständigten Polizei

Nach Informationen von rbb-Reportern, die Polizei und Generalstaatsanwaltschaft bestätigten, handelte es sich zunächst um einen Raubüberfall. Die Männer betraten demnach gegen 16:50 Uhr das Geschäft in der Keithstraße und forderten Geld, teilte Büchner mit. Der Antiquitätenhandel dort ist seit mehr als 30 Jahren auf wertvolles Porzellan und Teppiche spezialisiert.

Passanten beobachteten den versuchten Raub und verständigten die Polizei. Die Beamten waren schnell am Tatort - ebenfalls in der Keithstraße nahe des Berliner Zoos befindet sich ein großer Standort des Landeskriminalamtes (LKA). Als die Polizei an dem Antiquitätengeschäft eintraf, gab der 22-jährige mutmaßliche Komplize schnell auf, verließ das Geschäft und ließ sich festnehmen. Der Mann soll noch am Dienstag einem Haftrichter wegen versuchten besonders schweren Raubs vorgeführt werden.

Im Laden blieb den Angaben zufolge der 41-Jährige mit dem Ladenbesitzer und der 62 Jahre alten Frau. Sie ließ der mutmaßliche Geiselnehmer gegen 20 Uhr frei. Sie sei leicht verletzt gewesen und später kurz im Krankenhaus behandelt worden, so die Staatsanwaltschaft.

Tatort weiträumig abgesperrt - Anwohner kamen nicht in ihre Wohnungen

Der Mann, der mit dem Ladeninhaber allein im hinteren Bereich des Geschäfts blieb, drohte den Angaben zufolge mehrfach, sich zu töten, die männliche Geisel aber freizulassen. Die Polizei verhandelte mit ihm - bis das SEK gegen 2:30 Uhr das Geschäft stürmte. Laut Darstellung von Polizei und Generalstaatsanwaltschaft wurde der mutmaßliche Geiselhaber zu diesem Zeitpunkt bereits schwer verletzt gefunden. Über vorherige Forderungen des Mannes ist nichts bekannt.

Über Stunden hinweg war die Gegend zwischen Kurfürstenstraße, Kleiststraße und Keithstraße weiträumig abgesperrt. Nach Angaben eines rbb-Reporters konnten auch Anwohner über Stunden nicht in ihre Wohnungen. Sie wurden in einem Hotel mit kostenlosen Getränken versorgt.

Insgesamt waren bei der neunstündigen Geiselnahme mehr als 100 Polizistinnen und Polizisten im Einsatz, darunter eine Verhandlungsgruppe mit Psychologen, das SEK, eine Mordkommission und Bereitschaftseinheiten. Die Beamten waren bis Mittwoch insgesamt 30 Stunden am Stück im Einsatz.

Der Bereich wurde weiträumig abgesperrt, Scharfschützen der Polizei nahmen auf dem Dach eines Einsatzfahrzeugs Stellung. | Quelle: Morris Pudwell

Kreisen Ihre Gedanken darum, sich das Leben zu nehmen? Sollten Sie selbst von Selbsttötungsgedanken betroffen sein, suchen Sie sich bitte umgehend Hilfe. Bei der Telefonseelsorge finden Sie rund um die Uhr Ansprechpartner, auch anonym. Telefonnummern der Telefonseelsorge: 0800 / 111 0 111 und 0800 / 111 0 222 www.telefonseelsorge.de

Hinweis: In einer früheren Version des Artikels war zunächst von zwei überlebenden Frauen die Rede. Später stellte sich heraus, dass ein Mann und eine Frau die beiden Geiseln waren. Wir haben den Text entsprechend korrigiert.

Sendung: rbb24 Abendschau, 25.04.23, 19:30 Uhr

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