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Quelle: Imago Images/Christian Thiel

Der Absacker

Brandenburgs besondere Leiden in der Corona-Krise

Brandenburg hat weniger als halb so viele Corona-Fälle wie Berlin. Doch wo das Virus zuschlägt, sind die Folgen besonders heftig. Selbst Probleme, die längst überwunden schienen, tauchen in dieser Zeit wieder auf. Von Haluka Maier-Borst

Corona rüttelt an unseren Gewissheiten. Dass in Deutschland einmal das Demonstrationsrecht eingeschränkt werden müsste, hätte ich nie für möglich gehalten. Und dass die Reisefreiheit mal nicht gegeben sein würde, dass Grenzen Familien voneinander trennen, war für mich undenkbar. Doch genau das ist jetzt der Fall.

1. Was vom Tag bleibt

Brandenburg wird auf eine besondere Art und Weise von Corona getroffen. Die Grenze zu Polen ist de facto geschlossen. Nur in wenigen Ausnahmefällen dürfen Deutsche nach Polen einreisen. Polen, die aus Deutschland nach Polen zurückkommen, müssen in 14-tägige Quarantäne. Familien werden auseinandergerissen, Leute kommen nicht nach Hause oder zur Arbeit. Das wirkt auf den ersten Blick unverhältnismäßig, sind die gemeldeten Fallzahlen eigentlich doch verhältnismäßig niedrig. Man ist nicht mal bei der Hälfte der Zahlen von Berlin.

Andererseits hilft aber in Brandenburg inzwischen sogar die Bundeswehr bei der Bekämpfung des Virus laut den Potsdamer Neuesten Nachrichten. [pnn.de]. Mit den Ausbrüchen im Ernst von Bergmann-Klinikum und in der Bernauer Brandenburgklinik hat man gleich zwei große Ausbrüche zu verkraften gehabt. Und allein heute kamen in der Statistik ein Dutzend neue Tote hinzu.

2. Abschalten.

Zwar gibt es Diskussionen um Geisterspiele. Aber noch ruht jegliche Art von Ballsport hier und im Rest der Welt. Entsprechend muss man mit Konserven vorlieb nehmen. Eine Webseite, die das Beste daraus gemacht hat, ist FiveThirtyEight [fivethirtyeight.com]. Die Seite, die für komplexe Analysen im Sport und in der Politik bekannt ist, hat sich damit beschäftigt, welche alten Basketballspiele der NBA auf Youtube zu finden sind. Und dann mit eigenen Modellen berechnet, welche davon am sehenswertesten sind. Aber keine Angst, wenn Sie kein großer Zahlennerd sind, können sie auch den Zufall einfach ein Spiel vorschlagen lassen. Ein wenig Interesse an Basketball sollten Sie aber schon mitbringen.

3. Und, wie geht's?

Schnell, schneller, Stefan. Vielleicht ist der Kollege nur gut darin, vorzutäuschen, wie er eine Meldung nach der anderen wegarbeitet. Ich habe aber die Vermutung, dass er wirklich so fix unterwegs ist. Diese Zeilen zum Arbeiten von zu Hause trudelten jedenfalls bei mir ein, nur kurz nachdem ich darum gebeten hatte.

Die große Frage am Homeoffice ist eigentlich nicht, ob man damit klar kommt, sondern wie man damit klar kommt. Homeoffice ist wie Kranksein in Nicht-Corona-Zeiten. Man hat keine Wahl, ist eingeschränkt, sitzt oder liegt vielleicht sogar, wo man es nicht gewohnt ist und muss Tätigkeiten machen, die man sonst nie in dieser unbequemen Lage machen muss.

Im Homeoffice arbeitet man also jetzt an einem Ort, der eigentlich mal als Ausgleich gedacht war für die Schufterei am Tage. Unser Chef fragt immer, was wir noch brauchen, damit wir gut arbeiten können von zuhause. Wir tauschen uns aus und können Wünsche äußern. Aber vielleicht macht unser Chef das Homeoffice mit seinem Streben ungewollt noch viel mehr zu einem Hort der Zerstreuung. Dabei sollte, zumindest nach meiner Ansicht, der Arbeitsplatz eben nicht bequem sein, sondern  ein bisschen unbequem. So dass man schnell fertig werden will, um Feierabend zu haben.

Wenn das Homeoffice zu gut ausgestattet ist, will man nicht mehr raus. Wenn das Homeoffice zu bequem ist, wird man müde und will ein Nickerchen machen. Und wenn der Homeoffice-Computer zu schnell ist, kann man nebenbei ja immer noch eine Serie gucken. Wie auf dem Krankenbett braucht es beim Homeoffice eine Art finale Visite, bei der der Chef - also quasi der Arzt - zwar fragen kann, wie man sich denn gerade so fühle, eigentlich aber meint: Sachen packen, raus hier und wieder richtig arbeiten! Wenn es einem Spaß macht, zuhause zu arbeiten, ist man vielleicht krank. Das wäre zumindest meine Meinung.

Wie kommen Sie mit dem Homeoffice klar? Wie viel Zerstreuung brauchen Sie und wie viel ist zu viel? Oder können Sie gar nicht von zu Hause arbeiten und wenn ja wieso? Schreiben Sie uns an: haluka.maier-borst@rbb-online.de

Wer ich bin

Großstadtchaos statt Alpenpanorama, Brandenburger Seen statt britisches Meer. Haluka Maier-Borst war schon an ein paar Orten und hat immer die falsch-richtige Wahl getroffen. Für Berlin. Jetzt sitzt er im Wedding - und mehr oder weniger fest. Denn nach einer Reise in die Schweiz war er zunächst für zwei Wochen in Heimquarantäne. Und jetzt hält er sich natürlich auch an das Kontaktverbot. Jeden Tag gegen acht genehmigt er sich einen Absacker und eine kleine Pause von der Nachrichtenlage.

4. Ein weites Feld...

"Öffnungsdiskussionsorgien" und "Corona-Speck". Die aktuelle Krise führt zu sprachlichen Stilblüten. Wenn Sie wissen wollen, welche anderen Worte und Redewendungen sich weltweit entwickelt haben in der Krise, schauen Sie doch mal hier beim Economist vorbei [1843magazine.com] beziehungsweise seinem Extra-Magazin 1843. Ansonsten bleibt mir nur zu sagen:

Bis morgen, bleiben Sie drinnen und Prost, sagt

Haluka Maier-Borst

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