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Quelle: dpa/S. Simon

Der Absacker

Endlich wieder auf die Schnauze

Nun, da Kontaktsport in Berlin wieder erlaubt wird, können alle künftig mehr machen als nur durch die Gegend joggen. Entsprechend sollten wir beim ersten schmerzhaften Rumms nicht gleich all zu laut aufheulen, sagen Haluka Maier-Borst und sein Gewissen.

Schönen guten Tag. Hier spricht nicht wie sonst Haluka Maier-Borst. Sondern die ersten zwei Absätze lang erstmal wer anders: sein Gewissen. Und ich will ehrlich sein, es ging mir schon mal besser. Heute zum Beispiel schwänzt der werte Herr gerade seine Laufrunde, weil er den Absacker schreiben soll.

Aber es ist ja nicht nur die Arbeit, die ihn vom Sport abhält. Da sind die Unmengen an Anrufen mit Freunden, die man jetzt unbedingt machen muss, um zu fragen, wie es ihnen denn geht. Dann die Kaffees und Bierchen, die nach dem Lockdown jetzt draußen getrunken werden wollen. Und am Ende bleibt immer noch die Ausrede, dass eben außer Laufen und ein paar Trockenübungen nicht viel erlaubt ist. Bisher zumindest.

1. Was vom Tag bleibt

Als letztes Bundesland hebt nun auch Berlin die strikten Regeln beim Sport auf. Fußball ist damit nicht länger nur den Profis vorbehalten, sondern wieder auch den heimlichen Bundestrainer und Bundestrainerinnen unserer Nation. Zeit, es also wirklich besser zu machen und nicht nur von der Couch zu dozieren. Vielleicht freuen sich die Hobbysportler dann auch so sehr über die neue Freiheit, dass selbst die Schmerzen nach dem ersten Foul seit Langem gar nicht so schwer wiegen. Ja, vielleicht kann man sogar auf das theatralische Rumrollen und Jaulen auf dem Rasen verzichten. Sich wieder mehr spüren, das kann ja eine tolle Erfahrung sein und mitunter braucht es ein bisschen Aua.

Ich (das bedeutet ab sofort wieder: Haluka Maier-Borst - das Gewissen hat schon Feierabend) für meinen Teil werde wohl aber vorerst noch ein bisschen auf Schmerzen und meinen Sport verzichten müssen. Ich mache Kendo, einen Kampfsport, bei dem es nicht nur ständig rummst, wenn man den Gegner mit einem Bambusstock schlägt. Sondern man brüllt dabei noch in der Halle martialisch rum. Und das ist angesichts dessen, was man inzwischen über Corona weiß, wohl das denkbar schlechteste, wenn man Ansteckungen vermeiden will. Immerhin weiß ich aber seit gestern, einmal mehr die Toleranz meiner Weddinger Nachbarn zu schätzen. Ich habe gestern mein Zoom-Training in den Park verlegt, weil ich unsere Wohnzimmerlampe letztens bei einer Übung abgeräumt hab. Das vorläufige Fazit nach dem Park-Training: Sieht für Passanten blöd aus, wenn ich mit einem Bambusstock im Grünen rumwedle und meine Schläge vor imaginären Gegnern stoppe. Aber die Polizei hat niemand gerufen.

2. Abschalten.

Für diejenigen, die statt Schmerz und Ausdauer ihren Sinn für Humor und ihre Koordination trainieren wollen, hat das Internet wieder etwas Wunderbares hervorgebracht. Für die "Eggchallenge" [instagram.com] brauchen sie schlichtweg ein Ei, eine Plastikdose und einen Mitspieler oder eine Mitspielerin. Dann müssen Sie die Dose verkehrt herum über das Ei legen und abwechselnd auf die Dose hauen. Das machen Sie solange, bis Sie oder Ihr Gegenüber sich entscheidet, die Dose wegzunehmen. Oder wenn Sie Spiegelei wollen, dann machen Sie auch dann weiter, wenn ihr Gegenüber die Dose wegnimmt. Nach meinem Verständnis spielt man so viele Runden, bis man genügend Eier für den Sonntagskuchen zerdatscht hat.

Wer ich bin

Großstadtchaos statt Alpenpanorama, Brandenburger Seen statt britisches Meer. Haluka Maier-Borst war schon an ein paar Orten und hat immer die falsch-richtige Wahl getroffen. Für Berlin. Jetzt sitzt er im Wedding und gönnt sich hin und wieder einen Absacker mit seinen Kolleginnen und Kollegen – und damit eine kleine Pause von der Nachrichtenlage. Vorerst allerdings nur digital aus dem Homeoffice.

3. Und, wie geht's?

Während ich heute hier über den Neustart des Breitensports geschrieben habe, hat am Wochenende Union Berlin die Schlagzeilen dominiert. Mit der Ansage, in der neuen Saison wieder vor vollem Haus spielen zu wollen, sorgten die Eisernen in jedem Fall für Gesprächsstoff. Eine Userin schrieb unter einem der Artikel zu dem Thema:

Da wollen ein paar Fussballspieler beklatscht werden und es werden Ansteckungen riskiert?
Ganz ehrlich, ich hoffe das wird nicht erlaubt, ehe auch Schule, Kita und das sonstige normale Leben läuft. Noch dazu wäre ein Hohn an alle anderen Berufe, die derzeit nicht ausgeführt werden dürfen.

Das entspricht auch dem Tenor der meisten Kommentatorinnen und Kommentatoren. Dennoch gibt es auch einige, die zumindest auf eine Teilöffnungen von Stadien hoffen wie hier.

Also sorry, aber das sich die Unioner benehmen können, sieht man ja jedes Jahr beim Weihnachtssingen. Wäre also auch schade, wenn diese Veranstaltung ausfällt. Ich finde es gut, dass über ein entsprechendes Konzept nachgedacht wird und auch öffentlich diskutiert wird. Meiner Meinung nach wird sich ein volles Stadion nicht durchsetzen können, aber vielleicht kann man sich ja auf 50 oder 60 Prozent einigen.

Wie sollte Ihrer Meinung nach mit Sport in Corona-Zeiten umgegangen werden, sei es Breitensport oder Profisport. Schreiben Sie uns an absacker@rbb-online.de

4. Ein weites Feld...

Stahlblauer Himmel und wärmere Temperaturen kommen pünktlich zum Montag, nachdem das Wochenende doch eher herbstlich war. Das ärgert mich ein wenig, vor allem wenn man mit Freunden am Samstag einen Geburtstag auf dem Tempelhofer Feld gefeiert hat und es die ganze Zeit kalt gewindet hat. Aber gut, vor irgendwas muss der Corona-Speck ja schützen. Ich hoffe jedenfalls, dass das Verlieren des Extra-Kilos vom Timing her mit der Möglichkeit zusammenfällt, auch wieder drinnen feiern zu können.

Lassen Sie sich aber bis dahin nicht zu sehr von Ihrem Gewissen scheuchen, sagt:

Haluka Maier-Borst

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