rbb24
  1. rbb|24
  2. Panorama
Quelle: dpa/Slavko Midzor

Chat-Interview | Kathrin Passig zum Home-Office

"Ich kann auch sieben Mittagsschläfe halten"

Als Autorin ist Kathrin Passig das Arbeiten von zu Hause gewohnt. Sie kennt die Vor- und Nachteile gut. Schwierig sei die Nähe zum Bett, toll die Selbstbestimmung, sagt sie im Chat-Interview. Sie sieht die Verlagerung ins Home-Office für viele als Weiterentwicklung.

rbb: Ich bin ein wenig aufgeregt, das ist mein erstes Chat-Interview. Muss ich auf irgendwas achten?

Kathrin Passig: Ich hatte bisher noch nie Probleme, wenn nur zwei Personen beteiligt sind. Erst ab drei braucht man Absprachen. Anders als bei einem mündlichen Gespräch kannst du hier aber auch weiter oben noch mal einhaken. Und ich werde auch meine Antworten nachträglich ergänzen. Beides wünsche ich mir in mündlichen Gesprächen auch oft.

Das ist auf jeden Fall ein Vorteil.

Wir müssen dieses Gespräch auch nicht in Echtzeit führen. Das kann sich auch über ein paar Stunden und Tage hinziehen. Es sei denn, du hast es eilig.

Es sollte bis Sonntagabend fertig sein. Aber das schaffen wir. Ab nächster Woche müssen sehr viele Arbeitnehmer*innen ins Home-Office. Auch weil die Schulen schließen werden. Wie ist von zu Hause arbeiten für dich?

Eigentlich war ich nie ein Fan davon. Ein verlockend kurzer Weg vom Schreibtisch zum Bett ist ein Problem für mich. Zu Hause arbeite ich eigentlich vor allem dann, wenn ich nicht zu Hause bin. Bei meinem Freund in Schottland oder bei meiner Mutter in Bayern. Aber ich habe in den vergangenen Jahren wahrscheinlich 90 Prozent meiner Arbeit an irgendwelchen Küchen- und Wohnzimmertischen erledigt, im Bett und natürlich auch viel im Zug.

Was hat dich dazu gebracht, mehr von zu Hause zu arbeiten?

Mein Coworking-Space ist in letzter Zeit teurer geworden. Ich muss also jedes Mal überlegen: Gebe ich zehn Euro dafür aus, ein paar Stunden an einem richtigen Arbeitsplatz zu sitzen? Es ist also für mich unter anderem einfach billiger zu Hause – aber das ist ja für viele, die jetzt zum ersten Mal von zu Hause arbeiten, kein Argument.

Zur Person

Schriftstellerin

Kathrin Passig

Die Schriftstellerin Kathrin Passig ("Vielleicht ist das neu und erfreulich. Technik. Literatur. Kritik." oder, gemeinsam mit Sascha Lobo: "Internet – Segen oder Fluch"), bezeichnet sich selbst als "Sachbuchautorin und Sachenausdenkerin". Die 49-Jährige lebt in Berlin. Mit ihrem literarischen Debüt "Sie befinden sich hier" gewann Passig 2006 den Ingeborg-Bachmann-Preis.

Was sollte man beim Arbeiten in den eigenen vier Wänden vermeiden?

Ich weiß nicht, ob es da irgendwas gibt, das für alle gilt. Das ist ja gerade das Schöne, dass man zu Hause mehr individuellen Gestaltungsspielraum hat. Ich kann mir meine Arbeitszeit frei einteilen und Tee kochen, duschen oder sieben Mittagsschläfe halten. Aber meine Erfahrung, und das lese ich in diesen Tagen auch oft von anderen, ist: Das Bett verlassen, duschen und sich anziehen lohnt sich auch dann, wenn es technisch nicht unbedingt nötig wäre.

Klingt sinnvoll.

Als Selbstständige kenne ich diese Situationen nicht, von denen ich aus meinem festangestellten Freundeskreis höre: "Ich friere den ganzen Tag im Büro, aber mein Bürokollege verbietet das Heizen - und eine Heizmatte darf ich aus Brandschutzgründen nicht anschließen."

Ein großer Teil von Arbeit besteht aber ja nicht nur darin, vor dem Bildschirm zu sitzen, sondern sich mit anderen abzustimmen.

Ich finde die Zusammenarbeit in Messenger-Gruppen sehr gut und hilfreich. Für mich fühlt sich das tatsächlich wie Anwesenheit in einem gemeinsamen Büro an – nur ohne die Nachteile. Andere Leute haben da andere Vorlieben. Und solche Gruppen funktionieren auch nur bis zu einer bestimmten Größe gut.

Aber wir sind immer noch sehr fixiert auf Sitzungen und Anwesenheit. Werden die meisten nicht viel mehr die gemeinsame Zeit in der Kantine oder den Plausch in der Kaffeeküche vermissen?

Vieles von dem, was wir Arbeit nennen, hat wenig mit tatsächlicher Produktivität zu tun. Studien sagen übereinstimmend, dass an einem Acht-Stunden-Tag vielleicht fünf Stunden wirklich gearbeitet wird. Außer man sitzt an einer Supermarktkasse oder steht am Band. Aber das sind nicht die Tätigkeiten, die in diesen Tagen nach Hause verlegt werden.

Soziale Kontakte bringen eben Abwechslung beim Arbeiten.

Aber sie sind auch ein zweischneidiges Schwert. Wenn die Kolleginnen und Kollegen nerven oder wenn man introvertiert ist, kann das Home Office eine Erleichterung sein. Ich glaube, man kann lernen, dass Online-Sozialkontakte keine minderwertigen Sozialkontakte sind. Und die Nichtanwesenheit hat im Vergleich zur körperlichen Anwesenheit den Vorteil, dass man die anderen auch mal stumm schalten kann. Oder erst mal laut schimpfen, bevor man dann eine leise und besonnene Antwort schreibt.

Aber bestimmte Berufsgruppen sind ja auf Anwesenheit angewiesen. Zum Beispiel an der Supermarktkasse. Zeigt, dass nur bestimmte Berufsgruppen ins Home Office können, nicht auch, wie in der Arbeitswelt zunehmend die Lebensrealitäten auseinanderdriften?

Einerseits ja. Andererseits war das Home Office vor zweihundert Jahren für die meisten Berufsgruppen die Regel. Arbeiten und Wohnen waren räumlich stärker durchmischt. Ich glaube, es ist schon mal ein Fortschritt, wenn diejenigen, deren körperliche Anwesenheit nicht zwingend erforderlich ist, auch von woanders arbeiten dürfen. Und vielleicht können von einer verstärkten Diskussion dieser Fragen langfristig dann auch die anderen profitieren.

Mehr zum Thema

Interview | Arbeiten im Home-Office

"Nicht einmal Investment-Banker binden sich vor der Videokonferenz einen Schlips um"

  

Da muss aber auch noch über Fragen von Arbeitssicherheit und Schutz vor Ausbeutung gesprochen werden. Anwesenheit schützt ja auch Arbeitnehmer*innen. Niemand sieht mich, wenn ich mich im Home Office mit Grippe kaputt arbeite.

Verluste sind immer leichter zu sehen als Gewinne, weil wir den bisherigen Zustand kennen und den neuen noch nicht. Stellen wir uns die umgekehrte Situation vor: Bis gerade eben haben fast alle zu Hause gearbeitet. Und jetzt werden sie dazu aufgefordert, sich jeden Tag an einem bestimmten, womöglich weit entfernten an einem bestimmten, womöglich weit entfernten Ort einzufinden und dort acht Stunden lang zu bleiben. Da würden bestimmt auch Einwände laut:
"Ich will mir mein Essen selber aussuchen und nicht das nehmen, was die Kantine anbietet. Das Büro ist hässlich, bei mir zuhause ist es viel schöner. Und es gibt keinen Ort für einen Mittagsschlaf, obwohl die Forschung sagt, dass das gesund ist und produktiver macht. Die Fahrzeit ist eine Zumutung und auch nicht gut für die Umwelt." Und so weiter.

Ich glaube, ich brauche jetzt mal so einen Mittagsschlaf, wenn dich das nicht stört.

Ich mache dann auch mal einen. Praktischerweise liege ich bereits an einem sehr gut dafür geeigneten Ort. Ich muss nur noch die Augen schließen.

Ein paar Stunden später...

Interessant finde ich: Während dieses gesamten Interviews habe ich Wäsche zusammengelegt und Musik gehört. Du hast Wäsche aufgehängt und zu Mittag gegessen. Aber ich fremdle noch damit, Dinge gleichzeitig zu tun.

Ich konnte bei fast allem, was ich bisher gemacht habe, nur schwer zwischen Arbeit und Nicht-Arbeit unterscheiden. Das ist sicher besonders ausgeprägt, wenn man selbstständig ist und mehrere Standbeine hat.

Zurück zum Thema: Mittlerweile geht es längst nicht mehr um von zuhause arbeiten. Menschen organisieren digitale Lesekreise über Twitter. Es gibt Überlegungen, wie man Kinder zu Hause via Internet unterrichen kann. Werden wir gerade zwangsdigitalisiert?

Ich würde eher sagen: Schon länger entstandene Lücken werden endlich geschlossen. Viele Kulturinstitutionen haben lange gezögert, irgendwas im Netz anzubieten, weil es dann ja sein könnte, dass weniger Menschen zu ihnen ins Haus kommen. Gleichzeitig ist die Konkurrenz um die Freizeit durch digitale Angebote immer weiter gewachsen. Ein motivierender Anstoß war da schon lange überfällig.

Natürlich wird in den nächsten Wochen und Monaten besonders die medizinische Versorgung und der Schutz der Bevölkerung im Vordergrund stehen. Aber es wird auch Ideen für alle andere Lebensbereiche brauchen. Wie könnte das Internet uns da weiterhelfen?

Wovon ich schon länger denke, dass das fehlt, ist eine Lösung für Fernbeziehungen oder den Kontakt zu allein lebenden Eltern, die auf eine ähnliche Art wie das Zusammenleben für Nebenbei-Kontakt sorgt. Wenn man zusammenwohnt, redet man ja nicht die ganze Zeit über etwas Interessantes. Meistens macht man einfach nur Anwesenheitsgeräusche. Aber die sind auch wichtig. Also vielleicht eine Art Fenster, das den einen Esstisch ständig mit dem anderen verbindet, oder eine ständige Audioverbindung, und zwar technisch möglichst unkompliziert. Außerdem fehlen natürlich generell möglichst einfache und vor allem vollständig fernwartbare digitale Geräte für technisch weniger erfahrene Angehörige.

Mehr zum Thema

Auftragseinbrüche wegen Corona-Krise

Was Selbstständige und Freiberufler jetzt tun können

  

Bisher konnten sich darum ja immer Kinder und Enkel kümmern. Und gerade in den nächsten Wochen und Monaten wird die Versorgung älterer Menschen besonders wichtig. Auch mit sozialen Kontakten. Und wir werden mit diesen Provisorien vermutlich eine Weile leben müssen. Vieles könnte sich sogar dauerhaft etablieren, oder?

Das hoffe ich sehr. Also dass zum Beispiel Universitäten, Schulen und Arbeitgeber merken: Es geht ja doch mehr ohne körperliche Anwesenheit, als wir bisher dachten. Und dass alle ein bisschen genauer wissen, was es eigentlich für Angebote und Werkzeuge gibt. Und den Umgang damit wenigstens schon mal ausprobiert haben.

Siehst du nicht das Risiko, dass Menschen ihre alten Kommunikationsgewohnheiten einfach wieder aufgreifen, wenn sich alles normalisiert? Was braucht es, damit sich solche Angebote und Werkzeuge verstetigen?

Ich glaube wirklich, dass Ausprobieren über einen längeren Zeitraum – also ein paar Wochen bis Monate – schon ausreicht. Irgendwas ein einziges Mal kurz testen bringt nichts. Bei meiner Mutter und ihrem iPad hat das damals, 2013, etwa vier Monate gedauert. Und jetzt ist sie 77 und sagt gerade: "Ach, was wäre Corona ohne iPad! Wäre furchtbar!"

Das Interview führte Johannes Ehsan Fischer, rbbKultur. Es handelt sich um eine redigierte und geürzte Fassung.

Geführt wurde das Interview für den rbbKultur-Newsletter "Zwei vor sechs". Diesen können Sie hier abonnieren.  

FAQ zum Umgang mit dem Coronavirus

Ich fürchte, infiziert zu sein. Was tun?

Menschen, die befürchten, sich mit dem Coronavirus angesteckt zu haben, sollten vor allen Dingen zuhause bleiben und telefonisch abklären, ob und wenn ja wo sie auf das Virus getestet werden können.

Die Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit hat hierfür eine Hotline geschaltet. Unter der Telefonnummer 030/9028-2828 beraten Experten zwischen 8 und 20 Uhr.

In Brandenburg gibt es seit dem 5. März eine landesweite Hotline für Fragen: Sie ist montags bis freitags zwischen 9 und 15 Uhr unter der Nummer 0331/8683-777 zu erreichen.

Außerdem haben mehrere Landkreise Bürgertelefone eingerichtet. Das Bürgertelefon für Märkisch-Oderland ist unter der Telefonnummer 03346/850-6790 zu erreichen (8 bis 16 Uhr). Für Dahme-Spreewald lautet die Nummer 03375/26-2146 (8 bis 18 Uhr). Und im Landkreis Oberhavel gibt es ein Infotelefon, das unter der Telefonnumer 03301/601-3900 (8 bis 15 Uhr) zu erreichen ist. 

Betroffene können sich aber auch an den Hausarzt (ebenfalls telefonisch) oder den kassenärztlichen Notdienst (deutschlandweit 116117) wenden, um zu besprechen, wie die Situation abgeklärt werden kann. Zudem gibt es ein Bürgertelefon des Bundesministeriums für Gesundheit (Telefon: 030/346-465-100). Auch die Unabhängige Patientenberatung Deutschland steht für Fragen zur Verfügung (0800-011-7722).

Die Feuerwehr und die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Berlin planen einen gemeinsamen Fahrdienst für Hausbesuche (Stand: 04.03.2020). Das Angebot soll für Patienten mit schweren Erkältungssymptomen gelten. Vier Fahrzeuge will die Berliner Feuerwehr zur Verfügung stellen, die mit Fahrern, Ärzten, Assistenzpersonal und Schutzausrüstung ausgestattet sind. Gegebenenfalls würden auch Tests auf das neuartige Coronavirus durchgeführt, hieß es. Der fahrende Dienst kann nicht telefonisch kontaktiert werden, er wird - bei Bedarf - von der KV angefordert und zum Patienten geschickt.  

Wer zur Risikogruppe gehört, in einer Risikoregion [rki.de] war oder mit jemandem aus dieser in engerem Kontakt stand und unter Husten, Fieber oder Atemnot leidet, sollte vorsichtshalber den Kontakt zu anderen vermeiden und sich testen lassen.

Was passiert mit möglichen Infizierten?

Kommt ein Patient mit Atemwegsproblemen, der sich zuvor in einem Risikogebiet [rki.de] aufgehalten hat oder Kontakt zu einer infizierten Person hatte, in eine Praxis, wird er dort in einem separaten Raum isoliert. Er bekommt eine Atemschutzmaske und wird, sofern er zur Risikogruppe gehört, sowohl auf Grippe als auch auf das Coronavirus getestet. Die Auswertung des Tests dauert nach dem Eintreffen der Probe durch einen Kurier im Labor knapp fünf Stunden.

Solange nicht klar ist, ob eine als Verdachtsfall eingestufte Person das Virus in sich trägt, empfiehlt das Robert-Koch-Institut (RKI) eine Isolierung im Krankenhaus. Der Betroffene wird dann in einem Einzelzimmer untergebracht und das Klinikpersonal muss Schutzkleidung tragen.

Fällt das Testergebnis positiv aus, bleibt die Person bis zur Gesundung in der Isolation. Zusätzlich müssen dann auch die Menschen für 14 Tage beobachtet werden, mit denen der infizierte Patient Kontakt hatte.

Was passiert mit Kontaktpersonen?

Um eine weitere Ausbreitung des Coronavirus weitgehend zu verhindern oder zumindest zu verlangsamen, müssen auch Kontaktpersonen von bestätigten Infektionsfällen möglichst lückenlos identifiziert werden. Ihr Gesundheitszustand wird für die maximale Dauer der Inkubationszeit (14 Tage) in meist häuslicher Quarantäne beobachtet. In dieser Zeit ist das Gesundheitsamt mit den Betroffenen in engem Kontakt, um rasch zu handeln, falls Symptome auftreten.

Welche Kapazitäten haben die Kliniken?

Die Sonderisolierstation des Landes Berlin an der Charité spielt bei derartigen Seuchen eine wichtige Rolle. Sie befindet sich auf dem Campus Virchowklinikum und ist deutschlandweit die größte ihrer Art. Die Isolierstation werde in Abhängigkeit von der weiteren Entwicklung des Ausbruchs für positiv getestete Einzelpersonen verwendet, so die Charité. Es gebe dort 20 Betten. Es gebe aber weitere Kapazitäten.  

Auch in Brandenburg sieht sich Gesundheitsministerin Nonnemacher gut gerüstet. Im Ernst-von-Bergmann-Klinikum in Potsdam stehen für solche Fälle generell 28 Betten auf der Isolierstation zur Verfügung, auch in Cottbus gibt es im Fall der Fälle klare Abläufe [ctk.de]. Je nach Bedarf kann man dort bis zu 165 Betten getrennt von anderen Patienten einrichten.

Welche Reisebeschränkungen gibt es?

Generell gilt: Auf nicht zwingend notwendige Reisen sollte unbedingt verzichtet werden. Die Reisebeschränkungen weltweit ändern sich fortlaufend. Wer dennoch verreisen muss, sollte sich auf den Seiten des Auswärtigen Amtes informieren, ob es für das anvisierte Reiseziel eine Reisewarnung gibt.

Einige Länder haben Einreisesperren oder Sonderkontrollen für bestimmte Personengruppen oder Flüge aus bestimmten Regionen erlassen. Hiervon sind teilweise auch Reisende aus Deutschland betroffen. Reisen sollten sich daher vor Reiseantritt bei der Botschaft oder dem Konsulat Ihres Reiselandes in Deutschland informieren.

Reisende sollten sich auch in die Krisenvorsorgeliste eintragen. 

Das Robert Koch Institut führt eine Liste der Risikogebiete [rki.de].

Wie viele bestätigte Fälle gibt es?

Wie viele bestätigte Coronavirus-Fälle gibt es bislang in Berlin und Brandenburg?

Seit Sonntag, 1. März, gibt es in Berlin und seit dem Folgetag in Brandenburg die ersten bestätigten Fälle von mit dem Coronavirus infizierten Patienten.

Die genauen Fallzahlen finden sich auf der Website des Robert-Koch-Instituts - sie werden regelmäßig aktualisiert.

 

Ist das Virus meldepflichtig?

Ja. Die Ärztin oder der Arzt, der bei einem Patienten den Verdacht auf eine Erkrankung mit dem neuartigen Coronavirus stellt, muss dies unverzüglich (binnen 24 Stunden) dem Gesundheitsamt gemäß Coronavirus-Meldepflichtverordnung melden. Auch das Labor, das das neuartige Coronavirus bei einem Menschen nachweist, muss dies dem Gesundheitsamt melden.

Was ist das Coronavirus?

Der Name Coronavirus stammt aus dem Lateinischen und steht für Krone oder Heiligenschein - in Anlehnung an die Form, an die der Erreger unter dem Mikroskop erinnert. Die Coronavirus-Familie hat viele Typen, die den Mensch befallen können. Einige lösen eine gewöhnliche Erkältung aus, während andere, die ihren Ursprung in Fledermäusen, Kamelen und anderen Tieren haben, in schwere Krankheiten wie Sars oder Mers (Mittlerer-Osten-Atemwegssyndrom) ausgeartet sind.

Das nun erstmals in China entdeckte Sars-CoV-2 ist ein neuer Stamm, den man zuvor noch nicht beim Menschen gefunden hatte. Es gehört, wie das Sars-Virus, zu den beta-Coronaviren und hat zu 80 Prozent das gleiche Erbgut wie Sars. Vor allem die Proteine, mit denen das Virus an menschliche Zellen andockt, unterscheiden sich.

Die ersten Fälle traten im Dezember 2019 in Wuhan auf, einer Stadt in der zentralchinesischen Provinz Hubei. Viele Betroffene hatten zuvor den Fischmarkt der Metropole besucht oder dort gearbeitet. Seit Auftreten der Fälle ist der Markt zwecks Untersuchungen geschlossen. Es wird vermutet, dass das Virus zunächst von Tier zu Mensch übertragen worden ist - und inzwischen von Mensch zu Mensch.

Der offizielle Name für die neue Krankheit lautet inzwischen Covid-19. CO steht für Corona, VI für Virus, D für Krankheit (disease) und 19 für das Jahr, in dem es auftauchte.

Woher kommt das Virus?

Die WHO sucht noch nach der tierischen Quelle für das neue Virus. Bekannt ist: Das Reservoir aller Coronaviren sind bestimmte Fledermaus-Arten, die Hufeisennasen-Fledermäuse. Da Fledermaus und Mensch nicht so eng in Berührung kommen, dass eine Übertragung stattfinden könnte, geht die Wissenschaft von einem Zwischenwirt aus.

Christian Drosten, Virologe von der Charité, sprach sich gegen die Theorie chinesischer Wissenschaftler aus, dass das sogenannte "Schuppentier" oder Tannenzapfentier dieser Zwischenwirt sein könnte: "Schuppentiere fressen keine Fledermäuse, und wir würden schon eher eine carnivore (fleischfressende, Anm. d. Red.) Tierart vermuten, die Fledermäuse jagt", sagte Drosten.

Auch bei Sars und Mers hatten Tiere das Virus an den Menschen weitergegeben: Sars ging 2002 von Schleichkatzen oder Marderhunde auf den Menschen über, ebenfalls in China. Bei Mers waren zehn Jahre später Kamele die Ausgangstiere, das Ursprungsland war Saudi-Arabien.

Wie kann ich mich anstecken?

Vermutlich wird Covid-19 auf dem Luftweg weitergetragen. Menschen atmen sogenannte Aerosole ein, winzig kleine mit Erregern bestückte Tröpfchen, die beim Husten oder Niesen entstehen. Neuen Erkenntnissen zufolge können auch Gesunde - also Menschen, die keine Infektionszeichen haben - unerkannt und ungehindert die Viren übertragen.

Wie bei Infektionskrankheiten üblich können Menschen den Erreger unwissentlich in der sogenannten Inkubationszeit an andere weitergeben – in der Zeit also, in der die Krankheit noch nicht ausgebrochen ist. Dadurch sind Infektionen schwer einzudämmen. Die Inkubationszeit dauert nach bisherigen Erkenntnissen bis zu 14 Tage.

Auch Flächen und Griffe, die zuvor von Infizierten angefasst wurden, gelten als Infektionsquellen.

Wie ansteckend ist das Virus?

Im Schnitt steckt ein Infizierter zwei Menschen an. Ob das so bleibt, hängt davon ab, wie gut die Eindämmungsmaßnahmen sind – die Rate der Weitergabe muss unter eins fallen, um die Ausbreitung von Sars-CoV-2 zu stoppen.

Zum Vergleich: Ein Grippekranker gibt Influenzaviren an zwei bis drei Leute weiter. Besonders ansteckend sind Masern: 12 bis 18 Personen werden durch einen Infizierten krank.

Die Übertragbarkeit dieses neuartigen Virus ist doch höher als anfangs gedacht, da es sich ähnlich wie das Grippe- oder Influenzavirus bereits im Rachen vermehrt - und nicht erst in der Lungentiefe wie Sars. Das vereinfacht den Nachweis mit Hilfe von Rachenabstrichen - verkürzt aber auch den Übertragungsweg und erklärt die hohe Ansteckungsgefahr.

Wer ist besonders gefährdet?

Für wen ist eine Coronavirus-Infektion besonders gefährlich?

Zu den Risikogruppen gehören diejenigen, die schon vorher krank waren. "Eine besondere Risikogruppe sind zudem ältere Menschen, dabei gebe es eine Betonung auf das männliche Geschlecht", erklärte der Berliner Virologe Christian Drosten.

Mit Vorerkrankungen sind vor allem solche Erkrankungen gemeint, die die Immunabwehr schwächen, wie chronische Lungen- oder Nierenkrankheiten. Gefährlich werden könne das Virus auch für Menschen mit transplantierten Organen oder auch Menschen, die an einem Tumor leiden, sagte der Leiter der Infektiologie des Gesundheitsamtes Frankfurt am Main, Antoni Walczok, dem Hessischen Rundfunk.

Für die meisten Kinder, jungen Menschen und Menschen im mittleren Alter ist das Coronavirus aller Wahrscheinlichkeit nach nicht lebensgefährdend, wenn sie grundsätzlich gesund sind. Das ist der aktuelle Stand der Forschung. Für Infizierte sei vor allem entscheidend, wie der Körper mit dem Virus fertig werde, sagt Torsten Bauer, Chefarzt für Pneumologie am Helios Klinikum Emil von Behring in Berlin-Zehlendorf, im rbb.

Wie funktioniert der Test?

Beim Verdacht auf das Coronavirus Sars-CoV-2 wird der Erreger in der Regel mit einem molekularbiologischen Test nachgewiesen. Zunächst nimmt ein Arzt eine Probe aus den Atemwegen eines Patienten - entweder einen Abstrich oder ausgehusteten Schleim. Spezialisten bereiten diese Probe dann im Labor auf und suchen mit einem sogenannten PCR-Test nach dem Erbmaterial des Virus. Vereinfacht gesagt wird dabei ein bestimmter Abschnitt des Viren-Erbguts millionenfach kopiert.

Die Kopien werden mit einer sogenannten Sonde farblich markiert. Diese Farbmarkierung kann dann mit komplexen Geräten sichtbar gemacht werden. Sind entsprechende Farbsignale vorhanden, handelt es sich um eine "positive Probe". Unter idealen Bedingungen dauert ein solcher Test im spezialisierten Labor 3-5 Stunden.

Getestet werden nach Angaben von Stephan Hofmeister, dem stellvertretenden Vorsitzenden der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, nur ernsthaft Erkrankte, die auch Kontakt zu infizierten Personen hatten. Die Kosten für die Tests übernehmen die Kassen.

Was sind die Symptome?

Husten, Schnupfen, Halskratzen oder Fieber können Anzeichen sein. Laut RKI leiden einige Betroffene auch an Durchfall.

Bei einigen Patienten - vor allem älteren oder geschwächten - nimmt die Erkrankung einen schwereren Verlauf und führt dann zu Atemproblemen und Lungenentzündung.

Die Erkrankung tritt in der Regel als Erkältungskrankheit in Erscheinung. Kinder sind praktisch nicht betroffen. Die besondere Risikogruppe sind ältere Patienten. Es erkranken mehr Männer als Frauen.

Bei Menschen mit einem schweren Krankheitsverlauf dauert die Krankheit drei bis sechs Wochen, bis sie wieder abklingt. Wahrscheinlich sind die Betroffenen während der gesamten Erkrankungszeit ansteckend. Leichter Betroffenen erholen sich innerhalb von zwei Wochen

Todesfälle traten bisher vor allem bei Patienten auf, die älter waren und/oder bereits zuvor an chronischen Grunderkrankungen litten.

Wie kann ich mich schützen?

Das wirksamste Mittel gegen ansteckende Atemwegskrankheiten - ob Grippe, Coronavirus oder Erkältung - ist Hygiene: Viel Händewaschen, wenig Händeschütteln, und nicht in die Hand niesen und husten. Ein Mindestabstand von ein bis zwei Metern zu krankheitsverdächtigen Personen kann ebenfalls helfen. Zudem sollten Innenräume häufig gelüftet werden.

Atemmasken können große Mengen an Tröpfchen durch Niesen und Husten abwehren. Sie halten Nutzer auch davon ab, sich an Mund und Nase zu fassen - ein weiterer Weg, um Keime zu stoppen.

Das RKI betont jedoch, dass Händewaschen, Abstandhalten von Kranken und nicht in die Hand Husten die wichtigsten Maßnahmen gegen die Virusverbreitung sind. "Hingegen gibt es keine hinreichende Evidenz dafür, dass das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes das Risiko einer Ansteckung für eine gesunde Person, die ihn trägt, signifikant verringert", heißt es.

Welche Vorsichtsmaßnahmen sind (im Fall einer Pandemie) angeraten?

Das Auswärtigen Amt empfiehlt seit dem 23. Januar 2020, nicht nach Wuhan zu reisen. Auch Reisen nach China sollten auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden. Wer verreisen will, sollte sich auf den Seiten des Auswärtigen Amtes informieren, ob es für das anvisierte Reiseziel eine Reisewarnung gibt.

Um Engpässe zu vermeiden und um sich notfalls für einige Wochen lang zu Hause versorgen zu können, ist es angeraten:

– ausreichende Monatsmengen an wichtigen verschreibungspflichtigen Medikamenten zu haben (soweit nötig und möglich)

– ausreichenden Vorrat an nicht-verderblichen Lebensmitteln anzulegen

– sich Gedanken über zusätzlichen Schutz und Fürsorge nahestehender Freunde, Verwandter und Familienmitglieder machen, besonders Ältere und Kranke, vor allem Menschen mit geschwächtem Immunsystem (Krebs, Diabetes, Autoimmunerkrankte)

– Sorge um kranke Familienmitglieder sicherstellen und gleichzeitig versuchen, sich nicht anzustecken

– frühzeitig Möglichkeiten für Betreuung kranker Kinder organisieren

Welche Behandlung gibt es für Infizierte?

China vermeldete im Januar erste Erfolg bei der Behandlung betroffener Patienten - Fieber und Atemwegssymptome seien zurückgegangen, das Virus nicht mehr nachweisbar. Allerdings ist unklar, womit die Chinesen behandelt haben.

Der WHO zufolge gibt es bislang weder eine Impfung noch eine spezielle Therapie gegen Sars-CoV-2. Vielmehr werden die Patienten symptomatisch therapiert: mittels Gabe von Sauerstoff, Antibiotika, fieber- und schmerzsenkenden Therapien sowie Stabilisierung des Flüssigkeitshaushaltes.

Virologe Christian Drosten gab sich im Tagesschau-Interview zuversichtlich, dass möglicherweise eines der gegen Sars entwickelten Medikamente auch gegen Sars-CoV-2 helfen könnte. Auch ein HIV-Medikament und ein Malaria-Medikament habe sich als wirksam erwiesen.

Anders sieht es bei der Impfung aus: "Das Sars-Virus ist gerade in seinem Hauptoberflächen-Protein doch ausreichend unterschiedlich von diesem neuartigen Coronavirus. Wir müssen also bei der Impfstoffentwicklung von null anfangen. Es wird nicht so sein, dass ein Sars-Impfstoff einfach so quer verwendet werden kann", erklärte Drosten auf dem Press Briefing des SMC und der Akademie der Wissenschaften Leopoldina.

Gibt es Immunität gegen das Virus?

Viele Experten sind der Meinung: Ja, nach überstandener Covid-19-Erkrankung ist man immun gegen den Erreger. Christian Lindmeier, Sprecher der Weltgesundheitsorganisation WHO, sprach am 26. Februar im Inforadio-Interview allerdings davon, dass man noch nicht wisse, ob eine Immunisierung eintrete und wie lange die dann Bestand haben könnte.

Wie hoch ist die Sterberate?

Christian Drosten, Leiter der Virologie an der Berliner Charité, bezifferte am Montag, 2. März, die Covid-19-Sterberate nach den derzeitigen Daten auf 0,3 bis 0,7 Prozent. Von 1.000 Infizierten würden demnach drei bis sieben Personen sterben, so Drosten. Wahrscheinlich liege die tatsächliche Rate aber sogar noch darunter.

Zuerst hatte es geheißen, die Sterberate liege weitaus höher, nämlich bei ein bis zwei Prozent.

Artikel im mobilen Angebot lesen