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Quelle: dpa/Paul Zinken

Interview | Impfen in Hausarztpraxen

"Bisher hat niemand Nein gesagt und alle sind zum Termin gekommen"

Nach Ostern begannen Hausarztpraxen Patienten gegen Covid-19 zu impfen. Der Impfarzt Peter Velling impfte am ersten Tag 86 Menschen. Zuvor war der Berliner Arzt bereits in den Impfzentren im Einsatz.

rbb|24: Peter Velling, bisher waren Sie "nur" impfender Arzt in den Berliner Impfzentren, nun sind sie auch impfender Hausarzt - klingelt bei Ihnen jetzt ständig das Telefon, weil alle Ihre Patientinnen und Patienten auf einen kurzfristigen Impftermin hoffen?

Peter Velling: Nein, so ist es nicht. Es läuft über die Anmeldung der Praxis. Wir rufen die Patienten an. Nicht umgekehrt. Wir suchen also gezielt Patientinnen und Patienten aus. Wir richten uns nach der Prioritätenliste - gerade befinden wir uns ja auf Stufe zwei, es geht um eine Indikation nach Diagnose. Das heißt, wir müssen nur aus unserem Computer die entsprechenden Diagnosen herausfischen, die jetzt impfberechtigt sind. Das läuft über einen Diagnoseschlüssel. Die Patientinnen und Patienten werden dann angerufen oder per Mail informiert.

Wie ist die Resonanz bisher?

Es hat bisher niemand "Nein" gesagt, und es sind alle gekommen, die den Termin vereinbart hatten.

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Jede Arztpraxis wurde zum Start mit 20 Impfdosen versorgt. Das klingt ziemlich wenig - da sind die Ressourcen sicher schnell aufgebraucht?

Ich arbeite als Hausarzt in einem Facharztzentrum am Berliner Leopoldplatz, dort sind wir vier Kollegen. Wir haben also die vierfache Menge zugeteilt bekommen. Insofern reicht das schon deutlich länger. Wir haben auch die räumlichen Möglichkeiten, mehrere Patienten gleichzeitig warten zu lassen. Das macht es einfacher.

Wie ist das Impfen bei Ihnen in der Praxis generell angelaufen? Gab es Schwierigkeiten?

Eigentlich gab es keine Schwierigkeiten. Das Problem ist noch, dass wir immer erst kurz vorher erfahren, wie viele Impfdosen geliefert werden und wie viele Patientinnen und Patienten dann wirklich von uns eingeladen werden können. Insofern ist es nicht so, dass wir jetzt monatelang im Voraus Termine vergeben können, sondern eigentlich nur eine Woche im Voraus. Das Impfen dauert dann nicht so lange, das lief schon ganz gut.

Wie läuft das mit der Zweitimpfung? Haben Sie da jetzt schon Termine vergeben? Halten Sie dafür Impfstoff-Reserven vor? Oder hoffen Sie einfach, dass das zu dem Zeitpunkt dann funktioniert mit den Lieferungen?

Ich kann nur für unsere Praxis sprechen: Am Donnerstag war Impfstart, in sechs Wochen wollen wir das so wiederholen - mit den gleichen Patientinnen und Patienten. Wir planen den Wiedervorstellungstermin entsprechend des Erstimpfstoffes und dessen Impfabstand. Wir haben das jetzt so fest geplant. Mal schauen, was bis dahin passiert.

Zur Person

Dr. med. Peter Velling

Peter Velling ist Allergologe und Internist. Seit Dezember arbeitet er als Impfarzt in den Berliner Impfzentren der Kassenärztlichen Vereinigung (KV). Er ist vor allem in der Arena in Berlin-Treptow im Einsatz.

Und Sie hoffen, dass dann auch entsprechend Impfstoff geliefert wird?

Es ist angekündigt, dass künftig mehr geliefert werden soll. Insofern hoffen wir, dass das auch so kommt und zumindest die Menge, die wir jetzt hatten, auch wieder geliefert wird.

Wie viele Menschen haben Sie am ersten Tag geimpft?

Ich selbst habe 86 Impfungen am ersten Tag verabreicht. Wir haben das Glück, drei nebeneinander liegende Räume zu haben - ich bin von Raum zu Raum gegangen. Erst Aufklärung, dann Impfung.

Also quasi Fließbandarbeit?

Das ist bei uns einfach gut organisiert. Und es bedarf guter Vorbereitung, um das so zu machen. Und wir haben ja auch nur ein gewisses Zeitfenster bis der Impfstoff verfällt.

Sie sind in Impfzentren tätig, jetzt impfen sie auch in Ihrer Praxis: Sehen Sie Unterschiede? Wo läuft es besser?

Ich denke, dass es in den Hausarztpraxen sehr viel individueller abläuft, weil man ja die Leute kennt, die vor einem sitzen. Man kennt die Erkrankungen, kann besser auf die Patientinnen und Patienten eingehen. Das eigentliche Impfen ist nicht anders, da gibt es keine qualitativen Unterschiede. Beides brauchen wir, wir können das nicht alles auf die Hausarztpraxen verlagern. Die Praxen stellen eine Ergänzung zu den Impfzentren dar. Ich sehe aber auch, dass Amtsärzte und Betriebsmediziner helfen können. Auch das würde eine zusätzliche Unterstützung beim Impfen bedeuten. Man muss verschiedenste Angebote machen. Wir in den Praxen suchen beispielsweise chronisch kranke Patienten aus, das würde in einem Impfzentrum gar nicht funktionieren.

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Sie kennen Ihre Patientinnen und Patienten - gab es bei denen Ängste und Sorgen?

Das ist ja gerade der schöne Punkt: Man kennt sich, man hat auf eine gewisse Art und Weise Vertrauen aufgebaut. Von der Anmeldung bis zur Abmeldung sieht man in der Praxis bekannte Gesichter. Es ist ja logisch, dass das im Impfzentrum nicht der Fall sein kann. Das ist schon ein Vorteil. Aber: Wir brauchen die großen Impfhallen, um überhaupt das Ziel erreichen zu können. Ich sehe auch keinen Widerspruch, wenn man sowohl beim Hausarzt als auch in den Zentren impft - und vor allem sehe ich keine Konkurrenz.

Welches Vakzin verimpfen Sie derzeit?

Biontech. Das wurde uns zugeteilt. Würde Astrazeneca kommen, hätten wir die gleichen Altersbegrenzungen wie die Impfhallen.

Haben sich schon Freunde und Verwandte bei Ihnen gemeldet und nach freien Terminen gefragt?

Freunde und Verwandte haben sich gemeldet, und fragten, wie Impfreaktionen aussehen könnten. Die Auswahl geht streng nach Prioritätenliste.

Wie wird es jetzt weitergehen? Die Kassenärztliche Vereinigung Berlin (KV) hat den Vertrag mit dem Senat über die Impfzentren zum 30. April gekündigt. Was steckt dahinter?

Also ich bin in die Verhandlungen nicht eingebunden. Ich denke aber nicht, dass die Impfhallen in irgendeiner Weise gefährdet sind. Ich glaube, dass die Impfungen dort weitergehen werden - mit den üblichen Kassenärzten, die die Impfungen dort ja derzeit auch vornehmen. Aber das sind Sachen, die der Senat und die KV vereinbaren und publizieren müssen.

Aber prinzipiell würden Sie begrüßen - Sie haben es ja schon erwähnt - wenn das Impfen parallel weiterläuft, um möglichst viele Menschen innerhalb kürzester Zeit zu impfen?

Genau. Es gibt Menschen, die gehen lieber in die Hallen, es gibt Menschen, die gehen lieber zum vertrauten Arzt. Aber es ist ja keine Konkurrenz. Wir müssen das Angebot je nach Impfstofflieferungen so aufstellen, dass wir alle Großgruppen und alle Altersgruppen so erreichen können, wie es für sie gerecht ist. Das schaffen wir nur mit verschiedenen Institutionen.

Wohin sollten die größten Impfstoffmengen geliefert werden?

Wir haben verschiedene Lieferwege. In den Impfhallen können große Laster halten und wir haben eine Pharmazie in jeder Impfhalle, die die Spritzen herstellt. Bei uns in der Praxis kommt eher die kleinere Kiste an und unser Personal hat den Vorbereitungsaufwand. Das sind grundverschiedene Lieferwege. Am Ende führen Sie aber zum gleichen Erfolg - nämlich zur Impfung.

Wird in Ihrer Arztpraxis auch am Wochenende geimpft?

Wir haben bestimmte Impftage und starten am Dienstag wieder, dann ist auf jeden Fall genügend Impfstoff da. Wir müssen da im Vorfeld auch logistische Dinge regeln, es muss auch genügend Personal anwesend sein. Ich persönlich werde am Wochenende aber im Impfzentrum in Tempelhof im Einsatz sein.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Gespräch führte Philipp Rother.

Sendung: Abendschau, 09.04.2021

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