rbb24
  1. rbb|24
  2. Panorama
Audio: Inforadio | 20.01.2022 | Jenny Barke | Quelle: dpa/C. Klose

Mehr als 600 Anbieter auf dem Markt

Wie man herausfindet, ob ein Antigen-Schnelltest zuverlässig ist

Wenn PCR-Tests eingeschränkt werden, werden Schnelltests wichtiger. Doch es gibt große Qualitätsunterschiede und keine verpflichtenden Kontrollen. Manche der Tests weisen keine hohe Sensivität auf. Einige Tipps helfen bei der Wahl. Von Jenny Barke

Schon ab Anfang kommender Woche könnte für Schluss sein mit den kostenlosen PCR-Tests im großen Stil. Weil die Labore an ihre Kapazitätsgrenzen kommen, wollen die Gesundheitsminister der Länder die PCR-Tests auf bestimmte Personengruppen einschränken. Beratungen zur neuen Teststrategie sollen am Samstag stattfinden.

Die Antigen-Schnelltests werden also noch mehr in den Fokus rücken, um die Pandemie einzudämmen. Zu Engpässen dürfte es dabei nicht kommen: Ob beim Supermarkt, Apotheke oder Späti, an jeder Ecke gibt es die Produkte zu kaufen. Doch das Angebot auf dem deutschen Markt ist längst unübersichtlich geworden: Mehr als 600 Anbieter gibt es bereits und jede Woche kommen neue hinzu.

Mehr zum Thema

Geplante Einschränkung

Was mache ich bei einem positiven Schnelltest, wenn PCR-Tests künftig wegfallen?

Weil viele Labore am Limit sind, sollen PCR-Tests eingeschränkt werden. Die neuen Beschlüsse könnten schon kommende Woche gelten. Was heißt das also künftig, wenn ich einen positiven Schnelltest habe? Von Jenny Barke

Glücksgriff in den Wildwuchs

Dabei braucht es aktuell den wortwörtlichen Glücksgriff, um ein wirklich zuverlässiges Produkt zu finden. Denn bisher prüfen die Hersteller selbst, wie gut ihre Tests funktionieren. Wenn sie ihren eigenen Angaben nach die Vorgaben des Medizinproduktgesetzes erfüllen, dürfen sie in Deutschland verkauft werden. Eine unabhängige pharmazeutische Kontrolle ist bisher nicht verpflichtend.

Um den Wildwuchs ein bisschen einzudämmen, hat das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) stichprobenartig etwa 200 Tests auf ihre Zuverlässigkeit geprüft. Dass wohl doch nicht jeder Hersteller nach bestem Wissen und Gewissen die Tests analysiert hat, zeigt hier die Statistik: Von den vom PEI untersuchten Produkten ist jedes Fünfte durchgefallen. Bei den anderen Analysen gebe es nun zumindest eine Gewissheit, sagt PEI-Präsident Klaus Cichutek. "Falsch-positive" Ergebnisse seien bei denen von ihnen untersuchten Tests so gut wie ausgeschlossen.

Wie lese ich die PEI-Liste richtig?

Ein Überblick liefert die veröffentlichte Liste auf der Webseite des PEI [pei.de]. Allerdings: Die Liste ist lang, unübersichtlich und für Laien nicht leicht zu lesen. Wer einen Test sucht, sollte sich an der Zahl der Gesamtsensitivität orientieren: Je größer diese ist, desto zuverlässiger erkennt der Test ingesamt die Infektion.

Neben der Gesamtsensitivität geben die CQ-Werte die Sensitivität auf eine bestimmte Viruslast an: Der CQ-Wert ≤25 zeigt an, wie zuverlässig der Test auf die hohe Viruslast reagiert, bei CQ-Wert 25-30 wird die Sensitivität auf eine hohe Viruslast und bei CQ ≥30 auf eine geringe Viruslast angegeben. CQ 25-30 und CQ ≥30 sind also insbesondere für Geimpfte und Genesene ein wichtiger Indikator.

Mehr im rbb

rbb exklusiv

Berliner Auftrag für Corona-Teststellen an 21DX für rechtswidrig erklärt

Die Vergabe des Großauftrags zum Betrieb der 12 landeseigenen Corona-Teststellen in Berlin ist unzulässig. Nur ein Unternehmen wurde angefragt. Das Verfahren muss nun laut Vergabekammer wiederholt werden.Von Sebastian Schöbel

IT-Kollektiv Zerforscher übertragen PEI-Daten auf benutzerfreundliche Oberfläche

Aus Sicht der Gesundheitsexpertin Sabine Strüder von der Verbraucherzentrale ist diese Liste nicht besonders verbraucherfreundlich: "Das Problem ist, dass man sich ja schon die Liste mit ausdrucken müsste und die dann mit in den Supermarkt nehmen muss, wenn man sichergehen will, dass man einen Test erwischt, der eine hohe Sensitivität hat."

Das hat auch das Berliner IT-Kollektiv Zerforschung frustriert. Deshalb haben die Programmier schnell selbst eine Web-App gebaut: "schnelltesttest.de" heißt sie und ist seit Donnerstag online. Die Daten für die App haben die Zerforscher vom Paul-Ehrlich-Institut selbst. Öffnet man die Webseite, kann man die Barcodes der Schnelltests einlesen. Die Seite zeigt dann die Informationen des Paul-Ehrlich-Instituts in verständlichen Worten an, also zum Beispiel, ob ein Test durchgefallen ist oder nicht und wie hoch die Sensitivität ist.

Zerforscher: Aufgabe des PEI

Allerdings hätten sich die Zerforscher gewünscht, dass das PEI selbst ein Tool baut, damit die Verbraucher ihre Analysen gut einsehen und verstehen können, wie IT-Experte Karl sagt: "Wir sind nur eine einfache Schnittstelle dieser bestehenden Liste, weil wir finden, dass sie super wertvoll ist. Eigentlich hätten wir gedacht, dass das eine Aufgabe wäre, die das PEI übernehmen sollte. Oder wir hätten uns gewünscht, dass die Daten des Paul-Ehrlich-Instituts in einem maschinenlesbaren Format vorliegen."

Stattdessen haben die IT-Experten die Zahlen zur Sensitivität der Tests alle einzeln aus dem PDF des Paul-Ehrlich-Instituts herausgeschrieben und auf ihre Web-App gestellt.

Noch ist die App recht unvollständig, viele Barcodes werden von dem System nicht erkannt, die die Zerforscher programmiert haben. Doch schon am ersten Tag meldeten mehr als 2.500 Userinnen und User den IT-Experten zurück, welche Anbieter noch fehlen, schickten den Namen und die Barcodes. Somit könne die Web-App immer vollständigere Angaben bereit halten, sagt Karl von den Zerforschern.

Verbraucherzentrale für verpflichtende Analysen

So praktisch, wie das Angebot der Zerforscher auch sein mag: Es nimmt die Verbraucher in die Verantwortung. Das kritisiert die Gesundheitsexpertin Strüder. Es sollte keine individuelle Aufgabe sein, die Wirksamkeit und Zuverlässigkeit der Schnelltests auf dem Markt zu überprüfen. Eigentlich sollte man sich darauf verlassen können, dass medizinische Produkte funktionieren, so Strüder.

Sie fordert deshalb ein schnelles Nachbessern und eine umfangreiche Kontrolle aller Tests, nicht nur die stichprobenartige Analyse wie aktuell. "Es ist wichtig, dass der Markt sukzessive verfolgt wird und die Wirksamkeitstests des Paul-Ehrlich-Instituts auch mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, dem BfArM, in Einklang gebracht werden. Dann verschwinden auch die Tests schneller vom Markt, die eben nicht geeignet sind."

Hier soll auch nachgebessert werden. Spätestenes im Mai soll das Zulassungsverfahren geändert und Schnelltests immer extern auf ihre Qualität geprüft werden, bevor sie auf den Markt kommen.

Sendung: Inforadio, 21.01.2022, 6 Uhr

Artikel im mobilen Angebot lesen