Mehr als 600 Anbieter auf dem Markt - Wie man herausfindet, ob ein Antigen-Schnelltest zuverlässig ist

Do 20.01.22 | 18:33 Uhr
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Symbolbild: Eine Frau macht einen COVID Selbsttest. (Quelle: dpa/C. Klose)
Audio: Inforadio | 20.01.2022 | Jenny Barke | Bild: dpa/C. Klose

Wenn PCR-Tests eingeschränkt werden, werden Schnelltests wichtiger. Doch es gibt große Qualitätsunterschiede und keine verpflichtenden Kontrollen. Manche der Tests weisen keine hohe Sensivität auf. Einige Tipps helfen bei der Wahl. Von Jenny Barke

Schon ab Anfang kommender Woche könnte für Schluss sein mit den kostenlosen PCR-Tests im großen Stil. Weil die Labore an ihre Kapazitätsgrenzen kommen, wollen die Gesundheitsminister der Länder die PCR-Tests auf bestimmte Personengruppen einschränken. Beratungen zur neuen Teststrategie sollen am Samstag stattfinden.

Die Antigen-Schnelltests werden also noch mehr in den Fokus rücken, um die Pandemie einzudämmen. Zu Engpässen dürfte es dabei nicht kommen: Ob beim Supermarkt, Apotheke oder Späti, an jeder Ecke gibt es die Produkte zu kaufen. Doch das Angebot auf dem deutschen Markt ist längst unübersichtlich geworden: Mehr als 600 Anbieter gibt es bereits und jede Woche kommen neue hinzu.

Glücksgriff in den Wildwuchs

Dabei braucht es aktuell den wortwörtlichen Glücksgriff, um ein wirklich zuverlässiges Produkt zu finden. Denn bisher prüfen die Hersteller selbst, wie gut ihre Tests funktionieren. Wenn sie ihren eigenen Angaben nach die Vorgaben des Medizinproduktgesetzes erfüllen, dürfen sie in Deutschland verkauft werden. Eine unabhängige pharmazeutische Kontrolle ist bisher nicht verpflichtend.

Um den Wildwuchs ein bisschen einzudämmen, hat das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) stichprobenartig etwa 200 Tests auf ihre Zuverlässigkeit geprüft. Dass wohl doch nicht jeder Hersteller nach bestem Wissen und Gewissen die Tests analysiert hat, zeigt hier die Statistik: Von den vom PEI untersuchten Produkten ist jedes Fünfte durchgefallen. Bei den anderen Analysen gebe es nun zumindest eine Gewissheit, sagt PEI-Präsident Klaus Cichutek. "Falsch-positive" Ergebnisse seien bei denen von ihnen untersuchten Tests so gut wie ausgeschlossen.

Wie lese ich die PEI-Liste richtig?

Ein Überblick liefert die veröffentlichte Liste auf der Webseite des PEI [pei.de]. Allerdings: Die Liste ist lang, unübersichtlich und für Laien nicht leicht zu lesen. Wer einen Test sucht, sollte sich an der Zahl der Gesamtsensitivität orientieren: Je größer diese ist, desto zuverlässiger erkennt der Test ingesamt die Infektion.

Neben der Gesamtsensitivität geben die CQ-Werte die Sensitivität auf eine bestimmte Viruslast an: Der CQ-Wert ≤25 zeigt an, wie zuverlässig der Test auf die hohe Viruslast reagiert, bei CQ-Wert 25-30 wird die Sensitivität auf eine hohe Viruslast und bei CQ ≥30 auf eine geringe Viruslast angegeben. CQ 25-30 und CQ ≥30 sind also insbesondere für Geimpfte und Genesene ein wichtiger Indikator.

IT-Kollektiv Zerforscher übertragen PEI-Daten auf benutzerfreundliche Oberfläche

Aus Sicht der Gesundheitsexpertin Sabine Strüder von der Verbraucherzentrale ist diese Liste nicht besonders verbraucherfreundlich: "Das Problem ist, dass man sich ja schon die Liste mit ausdrucken müsste und die dann mit in den Supermarkt nehmen muss, wenn man sichergehen will, dass man einen Test erwischt, der eine hohe Sensitivität hat."

Das hat auch das Berliner IT-Kollektiv Zerforschung frustriert. Deshalb haben die Programmier schnell selbst eine Web-App gebaut: "schnelltesttest.de" heißt sie und ist seit Donnerstag online. Die Daten für die App haben die Zerforscher vom Paul-Ehrlich-Institut selbst. Öffnet man die Webseite, kann man die Barcodes der Schnelltests einlesen. Die Seite zeigt dann die Informationen des Paul-Ehrlich-Instituts in verständlichen Worten an, also zum Beispiel, ob ein Test durchgefallen ist oder nicht und wie hoch die Sensitivität ist.

Zerforscher: Aufgabe des PEI

Allerdings hätten sich die Zerforscher gewünscht, dass das PEI selbst ein Tool baut, damit die Verbraucher ihre Analysen gut einsehen und verstehen können, wie IT-Experte Karl sagt: "Wir sind nur eine einfache Schnittstelle dieser bestehenden Liste, weil wir finden, dass sie super wertvoll ist. Eigentlich hätten wir gedacht, dass das eine Aufgabe wäre, die das PEI übernehmen sollte. Oder wir hätten uns gewünscht, dass die Daten des Paul-Ehrlich-Instituts in einem maschinenlesbaren Format vorliegen."

Stattdessen haben die IT-Experten die Zahlen zur Sensitivität der Tests alle einzeln aus dem PDF des Paul-Ehrlich-Instituts herausgeschrieben und auf ihre Web-App gestellt.

Noch ist die App recht unvollständig, viele Barcodes werden von dem System nicht erkannt, die die Zerforscher programmiert haben. Doch schon am ersten Tag meldeten mehr als 2.500 Userinnen und User den IT-Experten zurück, welche Anbieter noch fehlen, schickten den Namen und die Barcodes. Somit könne die Web-App immer vollständigere Angaben bereit halten, sagt Karl von den Zerforschern.

Verbraucherzentrale für verpflichtende Analysen

So praktisch, wie das Angebot der Zerforscher auch sein mag: Es nimmt die Verbraucher in die Verantwortung. Das kritisiert die Gesundheitsexpertin Strüder. Es sollte keine individuelle Aufgabe sein, die Wirksamkeit und Zuverlässigkeit der Schnelltests auf dem Markt zu überprüfen. Eigentlich sollte man sich darauf verlassen können, dass medizinische Produkte funktionieren, so Strüder.

Sie fordert deshalb ein schnelles Nachbessern und eine umfangreiche Kontrolle aller Tests, nicht nur die stichprobenartige Analyse wie aktuell. "Es ist wichtig, dass der Markt sukzessive verfolgt wird und die Wirksamkeitstests des Paul-Ehrlich-Instituts auch mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, dem BfArM, in Einklang gebracht werden. Dann verschwinden auch die Tests schneller vom Markt, die eben nicht geeignet sind."

Hier soll auch nachgebessert werden. Spätestenes im Mai soll das Zulassungsverfahren geändert und Schnelltests immer extern auf ihre Qualität geprüft werden, bevor sie auf den Markt kommen.

Sendung: Inforadio, 21.01.2022, 6 Uhr

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22 Kommentare

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  1. 22.

    Damit hängt sicher auch diese Entwicklung zusammen:
    https://www.rbb24.de/panorama/thema/corona/beitraege/2022/01/corona-faelle-schulen-berlin-brandenburg.html
    Da läßt man wohl schon aus gutem Grund keine Kommentare zu, damit das nicht zu sehr ausufert. Bei den allg. Fallzahlentwicklungen wurde ja auch schon die Kommentarfunktion stillgelegt.

  2. 21.

    " Mehr als 600 Anbieter gibt es bereits und jede Woche kommen neue hinzu. "
    ein offenbar lukratives Modell

  3. 20.

    " Eigentlich sollte man sich darauf verlassen können, dass medizinische Produkte funktionieren "

    ja, eigentlich

  4. 19.

    " Ich gehe höchstens mal in eine Teststation und was die da haben ist mir Wurscht "

    wozu dann überhaupt den test ?

  5. 18.

    die Antigen-Schnelltests kann man wohl vergessen, zu viele falsch +/- Anzeigen

  6. 17.

    Danke für den Link zum überprüfen von Schnelltests. Ich habe gerade festgestellt, dass eine Teststelle am Kranoldplatz in Lankwitz einen Test verwendet, der auch bei hoher Viruslast 0% anzeigt!
    Damit kann man dann im Hotel als negativ getestet einchecken!
    Mein Schnelltest zu Hause der 100% / 80% anzeigt wird aber nirgends anerkannt.....

  7. 16.

    Tja, so ist das.
    Wir haben im erweiterten Familienkreis ca. 50% Omikron-"Erkrankte", allerdings alle mit so schwachen Symptomen, dass man nicht sicher sein kann. Da aber alle mit PCR-Positiven in engerem Kontakt standen (Quelle: Kita), geht man schwer von Corona aus. Kein einziger Test sprach an. Eine Ungeimpfte war auch dabei. Ich, geboostert, auch- komplett symptomlos.
    Deshalb habe ich, ganz ehrlich, jetzt auch keine Lust mehr mich weiter zu testen. Man fühlt sich eh umzingelt von Infizierten. Soll man das jetzt täglich machen?
    Halukas Erläuterung unten stehe ich daher skeptisch gegenüber. In der Theorie ok, aber in der Praxis machen die unsensitiven Tests dem Ganzen offenbar den Garaus.

  8. 15.

    Gefunden. Hersteller ist VivaChek Biotech in Hanhzhou. Je nach Variante gibt das nach PEI-Liste: Cq25 50-64,7%, Cq 25-30 0%, Cq > 30 0%, Gesamtsensitivität 18-22%.
    Schon interessant, was das Ministerium hier so an Tests an die Schulen ausgeliefert hat für das Test- und Eindämmungskonzept. Die Werte vom PEI erklären dann zwanglos die extreme 7d-Inzidenz bei den Schulkindern, selbst wenn alle den Test zu Hause vorschriftsmäßig ausführen sollten - der Test kann kaum was finden bei den bestimmten Sensitivitäten.

  9. 14.

    Dann suche ich nochmal im Kleingedruckten.
    Zumindest steht da auch: "Der Verino Pro SARC-CoV-2-Ag-Schnelltest wurde NUR als ergänzender Test bei Verdachtsfällen mit negativem Coronavirus-Nukleinsäurenachweis oder in Verbindung mit dem Nukleinsäurenachweis bei der Diagnose von Verdachtsfällen entwickelt. Ergebnisse von Nukleokapsid-Protein-Antigen-Tests sollten nicht als alleinige Grundlage für die Diagnose oder den Ausschluss einer SARS-CoV-2-(COVID-19)-Infektion oder zur Information über den Infektionsstatus verwendet werden." Wenn der Test nicht zur Information über den Infektionsstatus taugt, warum gibt man dann sowas in der Schule aus als Test auf Verdachtfälle auf Infektionen? Damit setz man den Test doch gerade als alleinige Information über den Infektionsstatus ein. Für mich liest sich das aber so, als wenn der Test nicht als Screeningmethode geeignet ist. Von einer Screeningmethode würde ich erwarten, daß sie eher zu viele falsch positive Ergebnisse bringt, überempfindlich ist

  10. 13.

    Naja, das PEI kriegt keine Schnittstelle hin oder kümmert sich nicht darum, aber wenn Journalisten aus dem PDF _abschreiben_, dann sind sie auch nicht viel klüger. Ich brauche jedenfalls mit entspr. Tools ca. 10 Minuten, um das oben verlinkte PDF etwa in eine Excel-Liste zu überführen.

  11. 12.

    Hm, es vertreiben allerlei Stellen die Tests unter anderem Label.
    Ich habe hier auch einen, der nicht in der Liste zu stehen scheint. Im Kleingedruckten findet sich jedoch der Hersteller aus Beijing, während der Vertrieb über eine Firma in Baden-Baden geht, die den Test auch gelabelt hat. "Beijing" + "Saliva" fand den Test dann in der Liste. (Zum Glück 87% Sensitivität bei hoher Virenlast.)
    Ich habe eh den Eindruck, dass es viele identische chinesische Produkte unter verschiedenen Namen gibt.

  12. 11.

    "....wir hätten uns gewünscht, dass die Daten des Paul-Ehrlich-Instituts in einem maschinenlesbaren Format vorliegen." - Seit Anbeginn der Pandemie gibt es keine derartige Schnittstelle . Ich kann mich an einen Artikel im DLF erinnern, indem sich Journalisten Anfang 2020 beschwert habe die Daten aus .pdf abschreiben zu müssen. Transparenz sieht anders aus

  13. 10.

    Ist mir eigentlich egal ich gebe kein Geld für Tests aus.
    Ich gehe höchstens mal in eine Teststation und was die da haben ist mir Wurscht, ebenso die Tests aus der Schule....das was kommt wird gemacht

  14. 9.

    Hallo Herr Müller,

    ich antworte mal für rbb|24 und die Kollegin Barke. Sie haben Recht, die Untersuchung des PEI wurde vor Omikron gemacht. Trotzdem sind deswegen nicht die "Ergebnisse" von Zerforschung (es sind ja eigentlich immer noch die PEI-Ergebnisse) falsch. Alle Schnelltests tun sich schwer, niedrige virale Lasten zu erkennen. Und wie Sie richtig sagen, können niedrige Lasten bei Delta und nochmal mehr bei Omikron ausreichen, um andere anzustecken.

    Sind also Schnelltests wertlos? Nein. Zum einen kann das Finden von hohen viralen Lasten bei asymptomatischen Fällen durchaus Weiterverbreitung stoppen. Zum anderen können, auch vor dem Hintergrund der wohl baldigen Priorisierung von PCR-Tests, Schnelltests helfen, abzuschätzen, wann das Schlimmste durchgestanden ist. Kurzum: Wenn Sie Symptome haben oder Kontakt hatten, ist ein negativer Schnelltest kein Freifahrtsschein. Aber ein positiver Schnelltest ohne Beschwerden kann Sie rechtzeitig warnen, bevor Sie es weitergeben.

  15. 8.

    So schön Panikmache auch ist - sehen Sie's doch mal so: Spätestens Ende, vermutlich schon Mitte des Jahres sind sowieso alle geimpft oder genesen, manche beides (und manche, insbesondere von den Ungeimpften, sind natürlich tot). Jetzt kommt also das Ende mit Schrecken, aber ein Ende, statt des Schreckens ohne Ende.

  16. 7.

    oder ganz einfach unter https://coronatest-test.de

  17. 6.

    Unübersichtliche und unvollständige Liste. In der Schule wurde ausgegeben "VerinoPro SARS-CoV-2-Ag-Schnelltest" Ref. VCD16-10-041/VCD16-10-043/VCD16-10-044 - finde ich in der Liste gar nicht. Bekommt man das dann vom Bildungsministerium in Brandenburg? Die müßten ja wissen, was an die Schulen geliefert wurde.

  18. 5.

    Der RBB sollte sich bei Medizinern informieren bevor er sowas verbreitet.
    Die zerforscher bewerten die PEI Liste für Covid Varianten vor Omikron. Bei Ominron zählt die Empfindlickeit bei niedriger Virenkonzentration, nicht die Gesamtenpfindlichkeit. Daher sind die zerforscher Ergebnisse falsch! Und wer sich darrauf verlässt hat ein Problem.

  19. 4.

    Etwas ernüchternd, dass die typischen Tests aus dem Supermarkt, der Drogerie und den Schulen kaum über 50% Sensitivität hinaus kommen. Die Guten gibt es quasi nur im medizinischen Großhandel für Gewerbetreibende.

  20. 3.

    " Liste ist lang, unübersichtlich und für Laien nicht leicht zu lesen. "

    also taugt sie für die Menschen nicht , es sollten überhaupt nur zuverlässige Tests im Verkauf sein

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