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Quelle: dpa/C. Gateau

Daten zu Corona, Grippe, RSV

Hohe Infektionszahlen bei drei Krankheiten bringen Kliniken an die Belastungsgrenze

Corona, Grippe, RSV: aktuell plagen gleich drei Infektionen die Krankenhäuser. Experten befürchten, dass auch künftige Winter zum Stresstest für das Gesundheitswesen werden und fordern Reformen – auch jenseits der Kliniken. Von Haluka Maier-Borst

Corona ist vorbei – das würden gerne viele lesen. Die Wahrheit ist leider, dass das nur so halb stimmt. Dank der Impfungen, besserer Behandlungsmöglichkeiten und milderer Varianten, ist die Belastung durch Corona für die Kliniken deutlich geringer. Aber:

- Nach wie vor ebbt die Zahl der Fälle auf Intensivstation und im Krankenhaus nur langsam ab und es gibt Anzeichen für eine neue Welle.

- Zusätzlich steigt aktuell die Grippeaktivität deutlich an. Auch schwere Influenza-Fälle können im Krankenhaus landen.

- Außerdem greift mit RSV unter Kindern ein Infekt um sich, der in den meisten Fällen zwar glimpflich verläuft. Trotzdem ist absolut gesehen die Zahl der betroffenen Kinder recht hoch, weil nach dem weitgehenden Wegfall der Maskenpflicht "gleich drei Jahrgänge an Kindern es erwischt", wie Henriette Neumeyer von der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) es formuliert.

Man sehe gewissermaßen mehrere Wellen von Krankheiten gleichzeitig, erklärt die deutsch-britische Epidemiologin Christina Pagel vom University College London. "Die Realität ist doch, dass schon vor Corona die Grippe allein das Gesundheitssystem sehr beansprucht hat. Beides gleichzeitig zu haben, das ist eine immense Herausforderung", sagt sie.

Personalengpässe verschärfen die Lage

Das Problem ist aber aktuell nicht nur, dass so viele Patienten in den Kliniken auflaufen. Das Problem ist auch, dass es dem Pflegepersonal schlecht geht. "Wir kriegen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern immer wieder gespiegelt, wie erschöpft sie und ihre Kollegen nach zwei Jahren Pandemie sind", sagt Neumeyer. Corona und Influenza sorgen zudem immer wieder zu Personalausfällen.

Kurzfristig fordert die DKG darum, dass Kliniken die Möglichkeit bekommen, flexibler ihr Personal zwischen den Stationen zu verteilen, um diese Belastung abzufangen. Langfristig müsse sich aber auch etwas an der Gesamtlage ändern. Sprich mehr Personal und weniger Bürokratie für das Personal. "Ärzte und Ärztinnen und Pfleger und Pflegerinnen verbringen bis zu drei, vier Stunden pro Tag mit Dokumentation. Und die Zeit fehlt dann am Patienten oder der Patientin", sagt Neumeyer.

Pagel erklärt, dass Deutschland zwar einiges richtig mache. Immerhin habe Deutschland deutlich mehr Ressourcen in den Kliniken als Großbritannien. Dort sei man nämlich schon am Anschlag und Menschen würden in den Notaufnahmen sterben, weil diese überlastet seien. Pagel sieht aber grundsätzlich Probleme darin, wie in westlichen Ländern mit Corona, Influenza oder anderen Atemwegserkrankungen umgegangen wird.

"Der Fehler ist: Wir wollen dieses eine Patentrezept gegen jede einzelne Krankheit. Die Impfung, die einen immun macht. Die Behandlung dagegen, wenn es mich richtig erwischt. Weil das sexy und heldenhaft wirkt. Aber dass man zum Beispiel mit besserer Belüftung dafür sorgen könnten, dass einfach weniger Menschen sich egal mit welcher Krankheit anstecken, das wird nicht gesehen", sagt Pagel.

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Sendung: rbb24 Abendschau, 06.12.2022, 19:30 Uhr

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