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Quelle: dpa/Kay Nietfeld

Bundestag gedenkt der Breitscheidplatz-Opfer

"Wir teilen die tiefe Trauer - und müssen Konsequenzen ziehen"

Bundestagspräsident Norbert Lammert hat bei der Gedenkminute des Bundestags die besonnene Reaktion der Bürger nach dem Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt gelobt - und zugleich Konsequenzen gefordert.

Genau einen Monat nach dem Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz hat der Bundestag den Opfern gedacht. Bundestagspräsident Norbert Lammert lobte dabei vor allem die besonnene Reaktion der Bürger.

Terror ziele darauf ab, demokratische Gesellschaften zu erschüttern, zu lähmen und zu destabilisieren, sagte Lammert in seiner Rede vor dem Bundestag am Donnerstag. Dieses Ziel hätten die Terroristen in Deutschland nicht erreicht.

Zu den Angehörigen der Opfer sagte Lammert, es sei nicht angemessen, dass dem Täter in der Öffentlichkeit größere Aufmerksamkeit geschenkt werde, als den Opfern. Es sei aber kaum vermeidbar. Man nehme hier auch auf die Privatsphäre der Opfer Rücksicht. "Wir teilen die tiefe Trauer", sagte der CDU-Politiker.

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Zwölf Menschen starben am 19. Dezember beim Anschlag auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz. Vier Wochen später ist in der Gedächtniskirche der Opfer gedacht worden - am Donnerstag folgt der Bundestag.

Sicherheitsarchitektur muss überdacht werden

Die Erkenntnisse über den als Gefährder bekannten Attentäter Anis Amri "zwingen uns, die Sicherheitsarchitektur in unserem Land zu überdenken", sagte Lammert am Donnerstag in seiner Gedenkrede.

Zugleich warnte er, Menschen wegen ihrer Herkunft oder Religion in Sippenhaft zu nehmen "für terroristische Gewalt, vor der sie vielfach selbst geflohen sind".  An der Gedenkveranstaltung des Parlaments nahmen auch der Bundespräsident Joachim Gauck, die Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Vertreter jener Staaten teil, aus denen die Opfer des Attentats stammten.

Lammert: Rechtsstaat hat seine Mittel nicht ausgeschöpft

Lammert sagte, die Bürger erwarteten zurecht vom Staat und seinen Institutionen, dass er sie schütze: "Er hat seine Handlungsfähigkeit auch und gerade unter der islamistischen Terrorgefahr zu beweisen." Die Politik dürfe dabei aber nicht "vortäuschen, einem unkalkulierbaren Gegner mit scheinbar einfachen Mitteln begegnen zu können". Nun müssten organisatorische Fehler und strukturelle Schwächen auf allen staatlichen Ebenen aufgeklärt und die Konsequenzen daraus gezogen werden.

Der Bundestagspräsident bemängelte, der Rechtsstaat habe im Fall Amri seine Mittel nicht ausgeschöpft. Nun müsse darum gerungen werden, "wie wir die schwierige Balance zwischen Sicherheitsanspruch und Freiheitsversprechen halten wollen".

"Terror ist nie religiös, Terror ist politisch"

Muslime im Land rief Lammert zur Auseinandersetzung mit ihrer Religion auf. Als Staat, der Religionsfreiheit als Menschenrecht garantiere, "dürfen und müssen wir die Auseinandersetzung der Muslime mit ihrer Religion und dem verhängnisvollen Zusammenhang von Glaube und fanatischer Gewalt mit Nachdruck einfordern", sagte er. Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime habe dies nach dem Anschlag beispielhaft getan. "Auch das verdient Respekt und Anerkennung."

Neben rechtsstaatlicher Härte verlangte der Bundestagspräsident eine politische Auseinandersetzung mit dem Terrorismus: "Terror ist nie religiös, Terror ist politisch - und die Antwort darauf muss auch politisch sein."

Zugleich unterstrich er: "Wir bekämpfen nicht den Islam, sondern Fanatismus, nicht Religion, sondern Fundamentalismus." Dies gelte unter dem Eindruck des Terrors in Deutschland genauso wie nach den Anschlägen in den europäischen Nachbarländern.

Zwölf Tote und mehr als 50 Verletzte

Am 19. Dezember war der Tunesier Anis Amri mit einem Lastwagen auf den Weihnachtsmarkt bei der Berliner Gedächtniskirche gefahren. Er tötete zwölf Menschen und verletzte mehr als 50. Vier Tage später wurde er bei einer Polizeikontrolle in Italien erschossen. Zuvor hatte sich Amri in einem Video zur Terrormiliz Islamischer Staat (IS) bekannt.

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