rbb24
  1. rbb|24
  2. Politik
Quelle: imago images/S. Boness

Mieter müssen noch zustimmen

Bezirk Mitte trifft Vereinbarung mit Eigentümer über Habersaathstraße 40-48

Seit Jahren ringt der Berliner Bezirk Mitte um den Erhalt des ehemaligen Schwesternwohnheims in der Habersaathstraße als günstigen Wohnraum. Der Investor plant dort einen Neubau. Nun stellt der Bezirk eine Vereinbarung vor - unter Vorbehalt.

Der Rechtsstreit um die seit Jahren weitgehend leerstehenden Wohnblöcke in der Habersaathstraße in Berlin-Mitte steht möglicherweise vor einem Ende. Wie das Bezirksamt am Dienstag mitteilte, hat es eine Vereinbarung mit den Eigentümern der Gebäude getroffen, die Neubau und Mietpreise sowie die Konditionen für die wenigen noch verbliebenen Mieter betrifft.

Demnach verpflichten sich die Eigentümer, für jede der 91 abgerissenen Wohnungen gleichwertigen Ersatz zu schaffen. Die Wohnungen sollen gemäß einer Regelung der Berliner Zweckentfremdungsverbotsverordnung im Durchschnitt zunächst für 7,92 Euro vermietet werden. Die verbliebenen sieben Mieter sollen entweder entschädigt oder bis zu einem Einzug in den Neubau in Ersatzunterkünften untergebracht werden.

Regelung zu Miethöhe für Ersatzwohnungen rechtlich umstritten

Allerdings ist die Regelung in der Zweckentfremdungsverbotsverordnung, dass die Miete für Ersatzwohnraum höchstens 7,92 Euro betragen darf, rechtlich umstritten. Bereits vor knapp drei Jahren entschied das Verwaltungsgericht in einem ähnlichen Fall im Stadtteil Charlottenburg, dass diese Regelung rechtswidrig sei. Der Staat dürfe nicht den Mietpreis mit diesem Werkzeug vorgeben. Nur für den Bau von Luxuswohnungen könne ein Abriss abgelehnt werden. Eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts dazu steht aber noch aus.

Angesichts dieser rechtlichen Unsicherheit sieht die Vereinbarung zwischen Bezirk und Eigentümer vor, dass 30 Prozent der neuen Wohnungen je zur Hälfte für 6,50 beziehungsweise 8,20 Euro vermietet werden, sollte die Zweckentfremdungs-Regelung tatsächlich gekippt werden. Neben den 91 Ersatzwohnungen könnten den Angaben zufolge in dem Neubau 40 bis 50 weitere Wohnungen entstehen.

Vereinbarung gilt nicht für die 56 ehemals Obdachlosen

Die Vereinbarung stehe allerdings unter dem Vorbehalt, dass die noch verbliebenen Mieter zustimmen. Sonst werde sie nicht wirksam, teilte das Bezirksamt mit: "In diesem Fall wäre das Bezirksamt aus rechtlichen Gründen verpflichtet, eine Abrissgenehmigung gemäß Zweckentfremdungsverbotsgesetz zu erteilen."

Auch erstreckt sich die Vereinbarung den Angaben zufolge nicht auf die 56 ehemaligen Obdachlosen, die seit Anfang des Jahres mietfrei in der Habersaathstraße wohnen. Der Bezirk Mitte hofft aber, dass sie nun bis zum Abriss des Gebäudes dort wohnen bleiben dürfen. Bislang werden sie nur bis zum kommenden Donnerstag in den Wohnungen geduldet.

Bezirksbürgermeister fordert Gesetzesänderung

Den Wohnkomplex in der Habersaathstraße hatten Aktivisten der Initiative "Leerstand-Hab-ich-Saath" und rund 50 Obdachlose im vergangenen Winter besetzt. Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel (Grüne) kündigte damals an, dass die Wohnungslosen zumindest vorübergehend in dem Gebäude bleiben dürften.

Die Eigentümerfirma Arcadia Estates plant, den gesamten Block mit den Hausnummern 40 bis 48 für einen großen Neubau abzureißen. Der Bezirk hatte sich nach eigenen Angaben seit 2019 dafür eingesetzt, dass das ehemalige Schwesternwohnheim der Charité klimagerecht saniert und die Wohnung wieder vermietet werden. "Das Zweckentfremdungsverbotsgesetz verpflichtet das Bezirksamt aber, eine Abrissgenehmigung zu erteilen", hieß es am Dienstag vom Bezirk. Von Dassel fordert eine Gesetzesänderung. "Hier besteht dringender Handlungsbedarf durch den Landesgesetzgeber."

Sendung: Abendschau, 28.06.2022, 19:30 Uhr

Artikel im mobilen Angebot lesen