Mieter müssen noch zustimmen - Bezirk Mitte trifft Vereinbarung mit Eigentümer über Habersaathstraße 40-48

Di 28.06.22 | 18:38 Uhr
  26
Archivbild: Aussenansicht der Habersaathstraße 40-48 in Berlin Mitte. (Quelle: imago images/S. Boness)
Bild: imago images/S. Boness

Seit Jahren ringt der Berliner Bezirk Mitte um den Erhalt des ehemaligen Schwesternwohnheims in der Habersaathstraße als günstigen Wohnraum. Der Investor plant dort einen Neubau. Nun stellt der Bezirk eine Vereinbarung vor - unter Vorbehalt.

Der Rechtsstreit um die seit Jahren weitgehend leerstehenden Wohnblöcke in der Habersaathstraße in Berlin-Mitte steht möglicherweise vor einem Ende. Wie das Bezirksamt am Dienstag mitteilte, hat es eine Vereinbarung mit den Eigentümern der Gebäude getroffen, die Neubau und Mietpreise sowie die Konditionen für die wenigen noch verbliebenen Mieter betrifft.

Demnach verpflichten sich die Eigentümer, für jede der 91 abgerissenen Wohnungen gleichwertigen Ersatz zu schaffen. Die Wohnungen sollen gemäß einer Regelung der Berliner Zweckentfremdungsverbotsverordnung im Durchschnitt zunächst für 7,92 Euro vermietet werden. Die verbliebenen sieben Mieter sollen entweder entschädigt oder bis zu einem Einzug in den Neubau in Ersatzunterkünften untergebracht werden.

Regelung zu Miethöhe für Ersatzwohnungen rechtlich umstritten

Allerdings ist die Regelung in der Zweckentfremdungsverbotsverordnung, dass die Miete für Ersatzwohnraum höchstens 7,92 Euro betragen darf, rechtlich umstritten. Bereits vor knapp drei Jahren entschied das Verwaltungsgericht in einem ähnlichen Fall im Stadtteil Charlottenburg, dass diese Regelung rechtswidrig sei. Der Staat dürfe nicht den Mietpreis mit diesem Werkzeug vorgeben. Nur für den Bau von Luxuswohnungen könne ein Abriss abgelehnt werden. Eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts dazu steht aber noch aus.

Angesichts dieser rechtlichen Unsicherheit sieht die Vereinbarung zwischen Bezirk und Eigentümer vor, dass 30 Prozent der neuen Wohnungen je zur Hälfte für 6,50 beziehungsweise 8,20 Euro vermietet werden, sollte die Zweckentfremdungs-Regelung tatsächlich gekippt werden. Neben den 91 Ersatzwohnungen könnten den Angaben zufolge in dem Neubau 40 bis 50 weitere Wohnungen entstehen.

Vereinbarung gilt nicht für die 56 ehemals Obdachlosen

Die Vereinbarung stehe allerdings unter dem Vorbehalt, dass die noch verbliebenen Mieter zustimmen. Sonst werde sie nicht wirksam, teilte das Bezirksamt mit: "In diesem Fall wäre das Bezirksamt aus rechtlichen Gründen verpflichtet, eine Abrissgenehmigung gemäß Zweckentfremdungsverbotsgesetz zu erteilen."

Auch erstreckt sich die Vereinbarung den Angaben zufolge nicht auf die 56 ehemaligen Obdachlosen, die seit Anfang des Jahres mietfrei in der Habersaathstraße wohnen. Der Bezirk Mitte hofft aber, dass sie nun bis zum Abriss des Gebäudes dort wohnen bleiben dürfen. Bislang werden sie nur bis zum kommenden Donnerstag in den Wohnungen geduldet.

Bezirksbürgermeister fordert Gesetzesänderung

Den Wohnkomplex in der Habersaathstraße hatten Aktivisten der Initiative "Leerstand-Hab-ich-Saath" und rund 50 Obdachlose im vergangenen Winter besetzt. Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel (Grüne) kündigte damals an, dass die Wohnungslosen zumindest vorübergehend in dem Gebäude bleiben dürften.

Die Eigentümerfirma Arcadia Estates plant, den gesamten Block mit den Hausnummern 40 bis 48 für einen großen Neubau abzureißen. Der Bezirk hatte sich nach eigenen Angaben seit 2019 dafür eingesetzt, dass das ehemalige Schwesternwohnheim der Charité klimagerecht saniert und die Wohnung wieder vermietet werden. "Das Zweckentfremdungsverbotsgesetz verpflichtet das Bezirksamt aber, eine Abrissgenehmigung zu erteilen", hieß es am Dienstag vom Bezirk. Von Dassel fordert eine Gesetzesänderung. "Hier besteht dringender Handlungsbedarf durch den Landesgesetzgeber."

Sendung: Abendschau, 28.06.2022, 19:30 Uhr

26 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 26.

    Ich verstehe hier vieles nicht. Warum darf nun doch abgerissen werden, obwohl genau das die Aktivisten verhindern wollten? "Das Zweckentfremdungsverbotsgesetz verpflichtet das Bezirksamt aber, eine Abrissgenehmigung zu erteilen" Warum? Warum können die Häuser nicht einfach stehen bleiben und die Leute darin wohnen bleiben? Was wird mit den Obdachlosen, wenn die Häuser abgerissen werden? @1: Ich sehe hier keine Bunkerachitektur, sondern ganz normale Häuser. Wie sollen die Häuser denn sonst aussehen? @13: Den Zuzug in eine andere Stadt muß man sich nicht genehmigen lassen. Wenn man eine Wohnung findet, kann man dort einziehen. Bei Autos ist es anders. Dort ist es für die Zulassungstelle einfach zu sagen, wir haben keine freien Autonummern. Sie/Wir können ihr Auto nicht zulassen.

  2. 25.

    Darüber hat der RBB berichtet. Auch das ist müßig ihnen die immer gleichen Nebelkerzen immer wieder zu widerlegen.

  3. 24.

    Welcher Anteil an Wohnungen in Berlin steht denn nachweislich ungenutzt leer?

    Haben Sie hier eine Statistik oder handelt es sich bei Ihnen nur um ein Gefühl?

  4. 23.

    Die Arcadia möchte übrigens halt nachhaltiger investieren.

    Die meisten Schlechtzahler kommen freilich aus dem sozialen Wohnungsbau, gerne checken Sie mal die Bilanzen der günstigen öffentlichen Gesellschaften, da wird Ihnen übel, welche Offenstände selbst bei günstigen Wohnraum auflaufen.

    Solche Mieter braucht halt kein Mensch wirklich.

  5. 22.

    Sie verwechseln da etwas.

    Das Land baut doch angeblich günstig, was wollen Sie also mit Nebelkerzen suggerieren?

    Argumente/Belege, dass das Land, Genossenschaften teuer bauen, stellen Sie gerne hier zur Verfügung.

    Bitte keine Nebenkriegsschauplätze aufmachen.

    Ich bezog mich auf das Bauen durch die öffentliche Hand, Ihre Auslassung geht hier also vollkommen fehl.

  6. 21.

    "Es gibt auch viele viele Leute, die KEINE Sozialwohnung wollen. Und genau für diese Leute baut man diese Häuser, natürlich in zentraler Lage, wie überall auf der Welt."

    So viele können es nicht sein, ansonsten würden nicht so viele Spekulationsobjekte leerstehen. Wie überall auf der Welt, wo Menschenrechte nicht zählen? Dann wandern sie doch dorthin aus.

  7. 20.

    Verraten Sie uns bitte, wo man den Zuzug in eine deutsche Stadt beantragen muss? Wir haben Freizügigkeit, die sogar verfassungsmäßig garantiert. Wieviel Rechtsbrüche soll man sich denn bei der verfehlten Wohnungspolitik noch leisten?

  8. 19.

    "Deswegen muss das Land selbst ausreichend bauen, tut es aber eben nicht. " Weil Neubau keine Bestandsmieten sichert, im Gegenteil.

    Ihre Nebelkerzen langweilen aber die müssen sie halt, aus Ermangelung echter Argumente, immer wieder zünden. Die Arcadia ist das beste Beispiel dafür wie preiswerter Wohnraum zugunsten von Spekulation vernichtet wird.

  9. 18.

    Zustimmung

    Zu Ende gedacht wäre bei Einreiseverbot nach Berlin auch das Gegenteil, die Ausweisung aus Berlin, gerechtfertigt.

  10. 17.

    Weniger Menschen den Zuzug genehmigen?
    A. Wir haben in Deutschland UND der EU die frei Wohnortwahl, mal schauen, wie dann Berliner Landesrecht EU-Recht brechen soll.
    B. Wie würden sie den Zuzug einschränken? Einen Zuzug sieht man frühestens dann, wenn sich eine Person beim Einwohnermeldeamt anmeldet. Und dann? Meldet das Einwohnermeldeamt der "Zuzugsgenehmigungsbehörde" diese Person? Und die "ZzgB" fordert dann die Person unter Androhung von Zwangsmitteln auf, Berlin zu verlassen? Nonsens!

  11. 16.

    Es gibt auch viele viele Leute, die KEINE Sozialwohnung wollen. Und genau für diese Leute baut man diese Häuser, natürlich in zentraler Lage, wie überall auf der Welt.

  12. 15.

    Die Freizügigkeit ist grundgesetzlich garantiert. Ansonsten bekommt der Wähler das, was er bereits 2016 bestellt hat: Gerede über Neubau von Wohnungen und den Ausbau des ÖPNV, ohne dass seit Jahren ernsthaft etwas von rrg unternommen wird. Das Gegenteil ist seitdem der Fall gewesen.

  13. 14.

    Wenn wir den Zuzug beschränken, sind wir da, wo Vergesellschaftunggegner gerne ebendiese verorten. Beim Verfassungsbruch. Zweierlei Maß scheint mir dieses.

  14. 13.

    Fakt ist, Berlin baut zu wenig. Deshalb viel weniger Zuzug von Menschen genehmigen, dann entsteht auch kein Mangel. Das Gleiche ist doch mit Autos. Es werden einfach zu viele Autos neu zugelassen. Dafür sind die Berliner Straßen gar nicht ausgelegt.

  15. 12.

    Das ist kein Problem.

    Die Bundes-SPD und Bundes-Grüne müssten der FDP die Pistole auf die Brust setzen und mit Bruch der Koalition drohen.

    Warum machen die beiden das nicht bloß?

    Und warum geht die Linke bei angeblich tollen Voraussetzungen ihrem Untergang entgegen?

  16. 11.

    Das gegenüberliegende Sapphire ist architektonisch wunderbar und ausgezeichnet.

    Lassen Sie mich raten, Ihnen gefällt das Objekt nicht und Sie würden dort auch nicht gerne wohnen, oder?

    https://www.city-concept.de/projekte/Sapphire

  17. 10.

    „Heuschrecken“

    Alleine die bewusst gesetzte Wortwahl ist unpassend.

    Ich verwende bewusst nicht das Wort Mietnomaden oder Mietschuldner, jetzt aber mal.

    Was denken Sie, von welcher der drei Gruppen gibt es am wenigsten ?

  18. 9.

    Deswegen muss das Land selbst ausreichend bauen, tut es aber eben nicht.

    Richten Sie Ihr Beschwerdeschreiben an den Senat aus RGR.

    Ich würde es als Eigentümer nun bevorzugen, nach all den Schikanen durch den Bezirk, das Urteil des OVG abzuwarten und danach zu handeln.

    Wozu Kompromisse, wenn die Gegenseite in der Vergangenheit diffamiert hat und alles versucht hat, um den Neubau zu verhindern.

    Die Obdachlosenvertretung ist hier auch nicht wirklich ernst zu nehmen, für diese Personengruppe habe ich, mit Verlaub, keinerlei Verständnis.

    In Summe kann der Bezirk froh sein, dass die Arcadia erneut einen Schritt auf den Bezirk zugegangen ist, das Angebot ist jetzt natürlich akzeptabel.

    Dankbar sollten übrigens auch die Obdachlosen und Vertreter sein, immerhin hat der Eigentümer dem Wunsch entsprochen und bis heute vorerst nicht geräumt.

    Die temporäre Unterbringung und damit verbundene Schutz vor Kälte war doch das ursprüngliche Ziel.

    Man reicht den Finger…

  19. 8.

    Lesen bildet! Sollten sie auch mal probieren. Dazu müßten Bundesgesetze geändert werden um Heuschrecken in die Schranken zu weisen.

  20. 7.

    Wenn der Eigentümer den Block abreißt, ist das sein gutes Recht.

    Letztlich kennen wir die betriebswirtschaftlichen Zahlen nicht und können nicht beurteilen, ob die Vermietung wirtschaftlich ist.

    Übrigens bauen einige Gesellschaften günstigen Wohnraum ab 10 Eur... billiger geht's heute nicht mehr.

Nächster Artikel