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Quelle: imago images/serienlicht

Vorfahrt für Windenergie

Brandenburg will an deutlich mehr Orten neue Windkraftanlagen ermöglichen

Ein neues Bundesgesetz setzt die Länder unter Druck, mehr Tempo beim Bau von Windkraftanlagen zu machen. Zudem können in mehr Regionen Windräder genehmigt und gebaut werden. Wildwuchs wird befürchtet. Von Andreas B. Hewel

Die Ziele sind hochgesteckt: Elf Gigawatt Leistung allein durch Windenergieanlagen will das Land Brandenburg bis 2030 schaffen. Installierte Leistung wohlgemerkt, also die Menge, die die Anlagen im optimalen Fall an Strom erzeugen können. Bislang ist man immerhin schon bei satten acht Gigawatt.

Knapp 4.000 Windräder ragen bislang in Brandenburg in die Höhe. Viele von ihnen haben eine Leistungsfähigkeit von rund einem Megawatt. Die neuen der neusten Generation liegen dagegen deutlich darüber, 4,5 Megawatt schaffen sie. Dafür aber sind sie nochmal höher, um weiter oben, weit über 200 Meter hoch Wind abgreifen zu können. Der weht dort deutlich regelmäßiger als in Bodennähe.

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Deutlich mehr Tempo wird verlangt

Rechnet man jetzt alles zusammen und berücksichtigt, dass alte Anlagen auch durch neue ersetzt werden müssen, um das Ziel zu schaffen, kommt man auf rund 1.000 neue Anlagen, die bis zum Jahr 2030 gebaut werden müssen. Das wären im Schnitt mehr als 140 neue Windkraftanlagen im Jahr. Eigentlich machbar, könnte man meinen. In den Jahren 2014 bis 2017 hat man diese Zahl zum Teil deutlich übertroffen. Doch seither brach die Zahl der neu errichteten Anlagen deutlich ein. Bei 64 lag sie im vergangenen Jahr. Das ist nicht mal halb so viel, wie es in Zukunft sein müsste.

Der Bau von Windkraftanlagen soll daher deutlich beschleunigt werden. Den Auftakt hat die Bundesregierung gemacht. Mit dem "Wind-an-Land-Gesetz" sollen Planungs- und Genehmigungsverfahren mehr Tempo bekommen. Vor allem sollen mehr Flächen für die Windkraft bereitgestellt werden. Die Länder bekommen feste Ziele, die sie erreichen müssen: bis 2027 1,4 Prozent ihrer Landesfläche, bis Ende 2032 gar zwei Prozent. Brandenburgs hat sich so das Ziel gesetzt, auf dem Weg dahin bis 2027 1,8 Prozent seiner Fläche für Windkraft auszuweisen.

Mehr Orte für Windkraftanlagen möglich

Dafür müssen auch in Brandenburg neue Flächen her. Um bislang solche Flächen zu ermitteln, wurde Brandenburg vor Jahren schon in fünf regionale Planungsgemeinschaften aufgeteilt. Jede macht sich auf die Suche nach geeigneten Arealen. Diese wurden Eignungsgebiete genannt. Nur in ihnen durften Windräder aufgestellt werden. Manche Windenergieunternehmen klagten zwar zum Teil auch mit Erfolg andere Areale für den Bau ein, doch in der Regel wurde in den Eignungsgebieten gebaut.

Hier soll es nun einen Paradigmenwechsel geben. Nicht mehr Eignungsgebiete, sondern Vorranggebiete sollen in Zukunft ausgewiesen werden. Mit Vorrang soll in diesen neuen Gebieten Windkraft genutzt werden können. Aber auch andere Gebiete seien zulässig. So können ab sofort Gemeinden selbst Gebiete vorschlagen und dort planen.

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Sorge vor Wildwuchs

Man ahnt es schon, genau hier fängt der Streit an. Einen Wildwuchs befürchten zum Beispiel BVB/Freie Wähler. Windkraftanlagen könnten "formal überall beantragt und genehmigt werden", klagen sie. Es drohten "Windräder vor jeder Haustür, zudem im Wald und in Natur- und Landschaftsschutzgebieten". Überspitzt formuliert sei das zwar. Das räumen BVB/Freie Wähler selbst ein, aber es treffe den Kern.

Nun, ganz so einfach wird es nicht werden. Denn nach wie vor müssen alle Anlagen den Auflagen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes genügen. Daran ändert sich nichts. Auch müsste die Abstandsregelung Brandenburgs eingehalten werden, betont das Infrastrukturministerium. Gleiches gelte für Regelungen des Artenschutzes, zu Schutzgebieten oder zum Denkmalschutz. Was sich allerdings ändern wird, ist die Zahl der Anträge und der Umfang der Prüfungen, die das Landesamt für Umwelt in Zukunft für unterschiedlichste Areale bewältigen muss. Noch habe man kein rasches Anwachsen der Bauanträge für Windkraftanlagen registriert, aber man vermute, dass es so kommen wird, sagt Thomas Frey vom Landesumweltamt.

Umstellung von Planungsgebieten wird dauern

Vor allem aber sind jetzt wieder die fünf regionalen Planungsgemeinschaften des Landes gefragt, Vorranggebiete zu finden und auszuweisen. Dafür könnte man einfach die bisherigen Eignungsgebiete nehmen, weisen sie doch schon 1,85 Prozent der Landesfläche für den Bau von Windkraftanlagen aus. Das ist sogar etwas mehr, als es bis 2027 gefordert wird.

Die Umwandlung ist auch machbar, aber sie ist offenbar ein rechtlich aufwändiger Akt. Zwei Jahre, so heißt es aus den Gemeinschaften, könnten dafür mal eben ins Land gehen. Genau das aber, so fürchtet man, könnte die Geduld mancher Windkraftanlagenbauer überfordern. Sie warten nicht, sondern beantragen einfach an anderen Stellen des Landes ihren Bau, denn genau das ist jetzt möglich. Die ganze jahrelange Mühe, Areale für Windkraftanlagen zu finden, wäre so dahin.

Moratorium beim Windkraftanlagenbau ist beendet

Solch einen Run aber sieht man beim Bundesverband Windenergie BWE in der Landesgeschäftsstelle in Potsdam nicht. Das Nadelöhr seien nach wie vor Genehmigungsbehörden und die Klageverfahren. Mehr Personal wünscht sich so Sebastian Haase vom BWE zum Beispiel beim Oberverwaltungsgericht oder in den Behörden. Ihn freut vor allem, dass durch das neue "Wind-an-Land-Gesetz" des Bundes das Moratorium in Brandenburg aufgehoben wurde, das den Bau neuer Windkraftanlagen ausgesetzt beziehungsweise stark eingeschränkt hatte.

Denn die Ziele des Landes gehen weiter. 15 Gigawatt durch Windkraftanlagen will man in den 2030er Jahren erreichen, genug Strom aus regenerativen Energien, um damit auch ausreichend grünen Wasserstoff für die Industrie herstellen zu können.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 06.12.2022, 19:30 Uhr

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Beitrag von Andreas B. Hewel

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