rbb24
  1. rbb|24
  2. Politik
Video: Brandenburg aktuell | 16.01.2017 | Michael Schon | Quelle: dpa/Hirschberger

Vorwurf der "Pauschal-Opposition"

Woidke nach Gesprächen zur Kreisgebietsreform enttäuscht

In der Diskussion um die bevorstehende Kreisgebietsreform in Brandenburg bleiben die Fronten verhärtet.

Nach einem Treffen mit den Oberbürgermeistern von Frankfurt/Oder, Cottbus und Brandenburg an der Havel zeigte sich Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) enttäuscht. Er warf den Städten "Pauschal-Opposition" vor. Das Gespräch sei hinter seinen Erwartungen zurückgeblieben.

Brandenburgs Oberbürgermeisterin Dietlind Tiemann (CDU) gab an, dass sie nicht zu dem Gespräch mit Woidke gekommen sei, um zu verhandeln. Dafür habe ihr die Stadtverordnetenversammlung kein Mandat erteilt.

Die rot-rote Koalition in Brandenburg will die drei Städte mit umliegenden Kreisen fusionieren. Brandenburg soll nach der Kreisgebietsreform nur noch neun Kreise und mit Potsdam nur noch eine kreisfreie Stadt haben.

Verwaltungsstrukturreform 2019

Was ist geplant?

Die "Verwaltungsstrukturreform 2019" hat unter anderem das Ziel, Brandenburgs Landkreise zu reduzieren (Kreisgebietsreform). Das Land soll künftig nur noch aus zehn Verwaltungseinheiten bestehen - derzeit sind es 14. Drei kreisfreie Städte werden "eingemeindet": Brandenburg an der Havel, Frankfurt (Oder) und Cottbus. Die Landeshauptstadt Potsdam soll eigenständig bleiben. Im Koalitionsvertrag steht: "Wir halten grundsätzlich maximal zehn Kreisverwaltungen für ausreichend, auf die derzeit vom Land wahrgenommene Aufgaben übertragen werden."

Die erste brandenburgische Kreisgebietsreform aus dem Jahr 1993 sah grundsätzlich eine Regelmindesteinwohnerzahl in Höhe von 150.000 vor. Für dünn besiedelte Räume wurde ausnahmsweise eine Einwohnerzahl von 120.000 zugelassen.

Im Jahr 2030 werden voraussichtlich in acht der 14 Brandenburger Landkreise weniger als 150.000 leben, in fünf Landkreisen wird die Einwohnerzahl nicht mal mehr die 100.000 erreichen. In Landkreisen, die weit von Berlin entfernt sind, werden die Einwohnerzahlen besonders nach unten gehen.

Angesichts dieser Entwicklung schlägt die Landesregierung vor, dass Kreise im Jahr 2030 eine Regelmindesteinwohnerzahl von 175.000 Bestand haben sollen, nur in Ausnahmefällen soll die Mindestzahl bei 150.000 Einwohnern liegen. Die Landkreise an sich sollen nicht größer als etwa 5.000 Quadratkilometer sein, da die Bürgermeister ehrenamtlich tätig sind. Im Sinne ihres bürgerschaftlichen Engagements sollen sie nicht zu große Distanzen für ihre Aufgaben zurücklegen müssen. 

Neben der räumlichen Neugliederung sollen sich durch die Verwaltungsstrukturreform ganz konkrete Aufgaben neu - und vor allem nach unten - verteilt werden (Funktionalreform): Im Entwurf des Leitbildes heißt es, Vollzugsaufgaben sollten nach dem Prinzip vergeben werden: "Die Gemeinden vor den Landkreisen - Die Kreisebene vor der Landesebene". Allerdings gilt hierbei auch die Prämisse, dass "dies rechtlich möglich, fachlich vertretbar und hinsichtlich der Verteilung der politischen Verantwortung angemessen ist und mittelfristig zu einer wirtschaftlicheren Aufgabenwahrnehmung führt."

Infos im Netz:

- Entwurf des Leitbildes für die Verwaltungsstrukturreform 2019 (Stand Juni 2015)

- Infos im Koalitionsvertrag aus dem Jahr 2014 (ab Seite 37)

- Entwurf zum Abschlussbericht der Enquete-Kommission "Kommunal- und Landesverwaltung - bürgernah, effektiv und zukunftsfest - Brandenburg 2020" (Sept. 2013)

Neugliederung der Landkreise

Zeitplan

2015

Im Juni 2015 hat die Landesregierung in Potsdam ein Leitbild für die Verwaltungsstrukturreform 2019 beschlossen. Entstanden ist es aus Vorschlägen der Enquete-Kommission des Landtages.

Im Herbst 2015 stellte Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) seine Reformpläne in sogenannten Leitbildkonferenzen allen 14 Landkreisen vor.

2016

Im Anschluss an die Leitbildkonferenzen fanden im Frühjahr 2016 mehrere sogenannte Reformkongresse statt. Eine Dokumentation des öffentlichen Dialogs übergab Schröter am 5. April 2016 an die Landtagspräsidentin Britta Stark. Die Dokumente dazu finden sich auch im Netz.

Am 5. Oktober 2016 stellte Schröter die Pläne zur Neuaufteilung der Landkreise vor. Demnach soll es künftig nur noch neun Landkreise plus Potsdam geben. Das Kabinett muss dem Vorschlag, der mit dem Finanzministerium abgesprochen ist, noch zustimmen.

2017/2018

Bis Mitte 2017 werden den Plänen zufolge die entsprechenden Gesetze geschrieben und vom Kabinett verabschiedet. Danach soll sich der Landtag mit der Reform befassen und die Gesetze im Mai 2018 beschließen.

2019

Mitte 2019 soll die Verwaltungsstrukturreform gelten. Die neuen Kreise haben dann Zeit, die neuen Strukturen ein halbes Jahr lang auszuprobieren. Geplant ist, die Kommunalwahl 2019 schon unter den neuen Kreisstrukturen abzuhalten.

2020

Am 1.1.2020 soll die Funktionalreform in Kraft treten, mit der Aufgaben neu verteilt wurden. Aufgaben, die bislang von Land erledigt wurden, würden dann z.B. auf der Kreisebene erledigt. Aufgaben, die jetzt noch beim Kreis liegen, sollen später dann auf kommunaler Ebene abgearbeitet werden können.

Was sagen die Städte?

Sie wehren sich. In einer gemeinsamen Erklärung der Städte Frankfurt, Cottbus und Brandenburg vom September sagte Martin Wilke (parteilos), Oberbürgermeister in Frankfurt (Oder), "die Spekulationen am grünen Tisch über neue Zwillings- oder Drillings-Kreise gehen an den wirklichen Herausforderungen unseres Landes vollkommen vorbei". Die Wege für die Bürger würden länger, es gebe weniger Ansprechpartner vor Ort. Das Vertrauen der Bürger in die Politik werde damit schwer beschädigt. "Diese Kreisreform wird dem politischen Klima in unserem Land nachhaltig schaden", so Wilke.

Dietlind Tiemann (Brandenburg an der Havel, CDU) befürchtet, die Landesregierung habe ein Vorhaben angefangen und betreibe es weiter, "ohne die geringste Ahnung zu haben, was hinten herauskommt". Sie warnte, der Staat dürfe sich nicht aus der Fläche zurückziehen und den Menschen das Gefühl geben, abgehängt zu sein. "Diese Kreisreform kennt nur Verlierer und muss gestoppt werden."

Der Oberbürgermeister von Cottbus, Holger Kelch (CDU), hat einen eigenen Vorschlag zur Kreisgebietsreform eingebracht. In der Stadtverordnetenversammlung schlug Kelch Ende September vor, die Kreisfreiheit von Cottbus zu erhalten, die Stadt aber zugleich zu einer Großstadt zu machen, der die umliegenden Gemeinden zugeschlagen werden. Guben, Forst, Spremberg und Drebkau würden somit "eingemeindet" werden und als Stadtbezirke in Cottbus aufgehen. Dieser Vorschlag stieß allerdings sowohl in Teilen der Stadtverordnetenversammlung als auch bei den Spree-Neiße-Gemeinden auf Ablehnung.

Brandenburgs Landeshauptstadt Potsdam, die nach der Reform als einzige kreisfreie Stadt übrig bleiben soll, macht sich Sorgen wegen der Finanzen. Die Stadt werde darauf zu achten haben, "dass uns das Land in Fragen der Kommunalfinanzierung nicht übergeht", mahnte Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) im Juni in der Stadtverordnetenversammlung. Zudem befürchtet Jakobs, dass bei der Funktionalreform die administrativen Aufgaben zwar an die Kommunen übergeben werden, die Entscheidungsgewalt aber bei den Landesbehörden bleibt. Er fordert vielmehr: "Wer die Arbeit hat, soll auch auch entscheiden dürfen. Alles andere ist halbherzig!"

Der Deutsche Städtetag hat auf einer Tagung Ende November 2015 vor den Folgen von Kreisgebietsreformen für Kommunen gewarnt. Der kommunale Spitzenverband forderte die Bundesländer auf, bei solchen Reformen auf die Eingliederung von Städten zu verzichten, und verabschiedete eine entsprechende Resolution gegen die Einkreisung kreisfreier Städte. Auch mit Blick auf die aktuellen Kreisreformpläne in Brandenburg betont der Städtetag, dass Städte für die Bürger der erste Ansprechpartner seien und die Kreisfreiheit Bürgernähe und kurze Wege garantieren würden. Deshalb sollte die kommunale Selbstverwaltung konsequent beachtet werden.

Was sagen die Kreise?

Teltow-Fläming

Die Landrätin des Landkreis Teltow-Fläming, Kornelia Wehlan (Die Linke) sagt: " Flächengröße, Einwohnerzahl und -prognose sowie die Wirtschaftskraft sprechen für die Eigenständigkeit von Teltow-Fläming." Trotzdem sei die Kreisgebietsreform ein Thema, dem man sich laut Landesregierung stellen müsse. Als Hauptkritikpunkt formulierte die Linken-Politikerin die Tatsache, dass Teltow-Fläming bislang der wirtschaftsstärkste Landkreis nicht nur in Brandenburg, sondern auch im Osten sei. Damit seien Maßgaben verbunden, die den Landkreis kritisch auf die Leitlinien schauen ließen.

Havelland

Der frühere Landrat Burkhard Schröder (SPD), der zum 1. April 2016 vorzeitig von seinem Amt zurücktrat, sprach sich im Februar nochmal gegen die Kreisreform aus: "Der Kreistag des Landkreises Havelland spricht sich dafür aus, die eigenen Landkreisgrenzen bei der beabsichtigten Verwaltungsstrukturreform im Land Brandenburg unverändert zu lassen."

Oberhavel

Landrat Ludger Weskamp (SPD): "Der Landkreis Oberhavel braucht keine Verwaltungsstrukturreform. Wir sind leistungsfähig und für die Zukunft bestens gerüstet", sagte er Ende Januar der MAZ. Der Landkreis erfülle alle Kriterien, die ein Landkreis nach der geplanten Reform erfüllen soll: mehr als 175.000 Einwohner, flächenmäßig nicht zu groß; Verwaltung schlank und dennoch leistungsstark, Bildung und Wirtschaft stark." Wir haben eine Anbindung an Berlin, von der wir schon seit Jahren wirtschaftlich profitieren", so Weskamp. Und: "Oranienburg muss Kreisstadt bleiben."

Uckermark

Landrat Dietmar Schulze (SPD) hingegen ist grundsätzlich nicht gegen eine Kreisreform. Allerdings befinde man sich zurzeit in einem Meinungsbildungsprozess. Bis dahin wolle man auch nach Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen reisen. 2008 reduzierte Sachsen seine 22 Landkreise auf zehn.

Prignitz

Kreistag und Landrat Torsten Uhe (parteilos) sehen die Verwaltungsstrukturreform kritisch: "Das Land kann die Sinnfälligkeit dieser Reform nicht darstellen", sagte er der MAZ Ende 2015. Uhe und Kreistagsvorsitzender Rainer Pickert hatten im September angesichts der Flüchtlingskrise an Woidke appelliert, die Reformpläne zu stoppen. Auch ein freiwilliger Zusammenschluss mit Nachbar Ostprignitz-Ruppin war lange Zeit nicht ausgeschlossen.

Ostprignitz-Ruppin

Landrat Ralf Reinhardt (SPD) sagte der MAZ Anfang des Jahres, dass die Frage der Finanzierung als wesentlicher Aspekt der Reform einer "detaillierteren Beschreibung" bedürfe. Eine denkbare Aufspaltung von Ostprignitz-Ruppin sähe Reinhardt problematisch.

Elbe-Elster

Der Landkreis will und kann eigenständig bleiben, heißt es aus Elbe-Elster. Das sieht auch ein Kreistags-Beschluss so. Eine Funktionalreform sei aber "unabdingbar", sagte Landrat Christian Heinrich-Jaschinski der Lausitzer Rundschau.

Märkisch-Oderland

Landrat Gernot Schmidt (SPD) sagte dem rbb im Sommerinterview im vergangenen Jahr: "Ein Landkreis, der aus Märkisch-Oderland, Oder-Spree und Frankfurt (Oder) besteht, ist in dieser Größe gar nicht mehr zu steuern." Er glaube, Seelow werde Kreisstadt bleiben - Überhaupt werde es am Ende nur eine Schmalspur-Reform geben: "Diese Reform wird eine Reform der kleinen Kompromisse sein", sagt Schmidt. Das sei eine ganz notwendige Sicht, weil "die parlamentarischen Mehrheitsverhältnisse im Landtag nicht ausufernd sind für so eine Reform."

Argumente der Politik

Im Koalitionsvertrag steht: "Eine umfassende Verwaltungsstrukturreform ist nötig, um eine leistungsfähige Selbstverwaltung auch in Orten mit Bevölkerungsrückgang aufrechtzuerhalten. Leistungen der Verwaltungen sollen deshalb nicht nur am Behördensitz, sondern auch in Servicestellen, über mobile Angebote und verstärkt über elektronische Dienste angeboten werden."

Innenminister Schröter betont im Leitbild der Reform, die letzte Kreisgebietsreform in Brandenburg liege inzwischen über 20 Jahre zurück. Auch wenn sie sich bis jetzt bewährt habe: "Der Reformbedarf kann auch hier heute nicht ernsthaft in Abrede gestellt werden. Der kleinste brandenburgische Landkreis, die Prignitz, verfügt derzeit bereits über weniger als 80.000 Einwohner. Und die Unterschiede zwischen den Landkreisen nehmen absehbar weiter zu."

Durch die demografische Entwicklung sind demnach geringere öffentliche Einnahmen zu erwarten. Dadurch wachse die finanzielle Belastung der ohnehin oft schon verschuldeten Städte und Gemeinden. Die Landesregierung will - auch angesichts eines erwarteten Personalmangels - mehr auf moderne Technik wie E-Mail, Info-Webseiten o.a. setzen.

Schröter argumentiert, dass die Einkreisung von kreisfreien Städten nicht den Verlust der Stadtrechte bedeute. Die Stadt könne auch innerhalb eines Landkreises Trägerin der Schulen sein und in eigener Regie Straßenbahnen, Busse und ein Theater betreiben.

Was sagen die Bürger?

Eine Mehrheit der Brandenburger will den Status der kreisfreien Städte im Land beibehalten. Das ergibt sich aus dem BrandenburgTREND vom Nobember 2015.

Die Bürger in den betroffenen Städten Cottbus, Frankfurt (Oder) und Brandenburg an der Havel plädierten demnach erwartungsgemäß mit einer deutlichen Mehrheit dafür, den Status der kreisfreien Stadt beizubehalten: 60 Prozent waren dieser Meinung. Nur jeder vierte Einwohner (25%) empfand kreisfreie Städte als nicht mehr zeitgemäß. Im übrigen Brandenburg hielten sich Befürworter (44%) und Gegener (40%) in etwa die Waage.

Positionen der Parteien

Die SPD in der Landesregierung ist für eine Reform. Innenminister Karl-Heinz Schröter steht voll hinter den Plänen. Die Reform werde langfristig Kosten sparen, so Schröters Überzeugung. Unterstützt wird der Innenminister von Ministerpräsident Dietmar Woidke. Da das Land sich stark verändere, könne die Verwaltung nicht so bleiben, wie sie derzeit sei. Die jetzt noch kreisfreien Städte würden durch die Reform von kostspieligen Aufgaben entlastet, so Woidke.

Der Koalitionspartner Linke ist grundsätzlich auch dafür. Die Verwaltung müsse dem demographischen Wandel angepasst werden, verteidigte der Landesvorsitzende Christian Görke die Pläne. Allerdings gab es auch hier Diskussionen, etwa um die Mindesteinwohnerzahl der neuen Kreise. Die Linke hält demnach 150.000 Einwohner für ausreichend - im Leitbildentwurf sind es noch 175.000.

Auch die Grünen sind grundsätzlich für eine Reform, haben inzwischen aber ein eigenes Konzept vorgelegt. Die Pläne der Landesregierung halten sie für zu radikal. So wollen die Grünen in Ausnahmefällen auch kreisfreie Städte gestatten oder Landkreise, die nur 120.000 Einwohner haben.

Die CDU lehnt die geplante Reform ab. Im Januar legte die CDU ein alternatives Konzept vor, nach dem alle Landkreise erhalten werden sollen: Aufgaben könnten z.B. auf einen anderen Landkreis übertragen werden, wenn im eigenen Gebiet nicht mehr genügend Fälle zu bearbeiten sind.  

Auch Brandenburgs BVB/Freie Wähler sind gegen die Kreisgebietsreform. Statt Gemeinden und Landkreise zwangsweise zu fusionieren, müsse die Zusammenarbeit der Kommunen unterstützt werden, so die Forderung. Gemeinsam mit CDU und FDP haben die Freien Wähler den Verein "Bürgernahes Brandenburg" gegründet, mit dem sie sich für den Erhalt der 14 Landkreise und vier kreisfreien Städte einsetzen wollen. Seit dem 1. November sammelt der Verein Unterschriften gegen die Kreisreform.

Die AfD lehnt die Kreisgebietsreform ab, aus ihrer Sicht sollten alle kreisfreien Städte im Land so erhalten werden. Die Schaffung von "Monsterkreisen" werde vor allem die ländlichen Gegenden weiter schwächen. Die AfD kritisiert den öffentlichen Dialog von Innenminister Schröter als "Scheindebatte" und schlägt vor, die Bürger zu befragen.

Meinung von Experten

Das Wirtschaftsforschungsinstitut ifo Dresden steht den Roformplänen skeptisch gegenüber. Die Kreisverwaltungen hätten nur geringen Anteil an den Kosten. Viel einsparen könne man daher mit der Umgestaltung nicht, sagt der Verfasser der Studie, der Volkswirt Felix Rösel. Der Studie zufolge haben etwa die Kreisgebietsreformen in Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern keine Ersparnisse gebracht. In Baden-Württemberg waren die Kosten nach der Reform sogar höher als vorher. Zudem wurde in der Untersuchung eine gesunkene Wahlbeteiligung festgestellt.  

In einem von der Landesregierung in Auftrag gegebenen Gutachten aus dem Jahr 2014 kommen Verwaltungs-, Rechts- und Sozialwissenschaftler zu dem Schluss, das Modell acht Kreise und Potsdam als kreisfreie Stadt sei am "zweckmäßigsten". Dies habe "neben der geringsten Toleranzabweichung hinsichtlich Einwohnerzahl und Fläche auch den Vorteil, dass eine Einkreisung von Cottbus zu keiner unausgeglichenen Bevölkerungsverteilung zwischen der ehemals kreisfreien Stadt und dem restlichen Landkreis führt." Von Vorteil sei auch, dass stabilere Verwaltungsstrukturen entstünden, mit denen Stadt-Umland-Probleme besser bewältigt werden könnten und zu mehr Kapazität führen würden.

Die Wissenschaftler sehen für die einzukreisenden Städte auch keinen Nachteil in der Verwaltungskraft. Im Gegenteil, würden die künftigen Kreissitze in die einzukreisenden Städte verlegt, erhielten sie "in der Summer eher einen Zuwachs an Verwaltungskraft."

Anders sieht das der Gebietsreformexperte Martin Rosenfeld vom Leibnitz-Institut für Wirtschaftsforschung. Er bemängelt, dass die Kreisgebietsreform bisher keine fundierte wissenschaftliche Grundlage habe (Beitrag PNN, April 2015). Es sei auch nicht mehr möglich, die in dem vorgesehenen Zeitplan bis 2019 durchzuführen. Er hebt die Vorteile von interkommunalen Kooperationen hervor. Volkswirtschaftlich spräche viel dafür, den größeren Städten einen entsprechenden administrativen Status zuzusprechen.  

 

Artikel im mobilen Angebot lesen