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Audio: Inforadio | 13.04.2021 | Angela Tesch | Quelle: dpa/John Macdougall

Infektionsschutzgesetz

Kabinett bringt bundesweit einheitliche Corona-Notbremse auf den Weg

Die Bundesregierung hat eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes beschlossen. Diese sieht unter anderem nächtliche Ausgangssperren bei Inzidenzen über 100 vor. Nun muss das Gesetz noch Bundestag und Bundesrat passieren.

Die Bundesregierung hat die bundesweite "Corona-Notbremse" beschlossen. Das Kabinett billigte am Dienstag in Berlin eine entsprechende Änderung des Infektionsschutzgesetzes. Es soll nun in einem beschleunigten Verfahren vom Bundestag beschlossen werden und den Bundesrat passieren. Dort ist es allerdings nicht zustimmungspflichtig.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte nach der Kabinettssitzung, eine künftig bundesweit geltende Notbremse sei "überfällig". Die Entscheidung sei ein "ebenso wichtiger wie auch dringender Beschluss darüber, wie es in der Corona-Pandemie weitergehen soll". Merkel betonte: "Die Lage ist ernst."

Das Gesetz wird voraussichtlich erst Freitag nächster Woche vom Bundestag beschlossen werden können. Eine schnellere Verabschiedung sei nicht möglich, weil die Opposition einer Verkürzung der Beratungsfrist nicht zustimme, sagte SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich.

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Nächtliche Ausgangssperren ab 21 Uhr

Nach dem geplanten Gesetz treten automatisch Einschränkungen in Kraft, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt an drei aufeinanderfolgenden Tagen über 100 steigt. Dann greifen unter anderem Ausgangssperren von 21 Uhr bis 5 Uhr.

In einem neuen Paragrafen 28b des Infektionsschutzgesetzes soll ferner festgelegt werden, dass private Zusammenkünfte im öffentlichen oder privaten Raum dann nur gestattet sind, wenn an ihnen höchstens die Angehörigen eines Haushalts und eine weitere Person einschließlich dazugehörender Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres teilnehmen. Bei Todesfällen sollen bis zu 15 Personen zusammenkommen dürfen.

Viele Geschäfte müssen schließen

Außerdem sieht die geplante Gesetzesänderung unter anderem vor, dass bei einer höheren Inzidenz die meisten Läden und die Freizeit- und Kultureinrichtungen sowie die Gastronomie nicht öffnen würden. Ausgenommen werden sollen der Lebensmittelhandel, Getränkemärkte, Reformhäuser, Babyfachmärkte, Apotheken, Sanitätshäuser, Drogerien, Optiker, Hörgeräteakustiker, Tankstellen, Stellen des Zeitungsverkaufs, Buchhandlungen, Blumenfachgeschäfte, Tierbedarfsmärkte, Futtermittelmärkte und Gartenmärkte. Hier sollen Abstand- und Hygienekonzepte gelten.

Dienstleistungen mit körperlicher Nähe zum Kunden sind untersagt. Ausgenommen sind Dienstleistungen, "die medizinischen, therapeutischen, pflegerischen oder seelsorgerischen Zwecken dienen sowie Friseurbetriebe". Dabei müssen in der Regel FFP2-Masken oder Masken mit gleicher Schutzwirkung getragen werden. Wer zum Friseur will, muss ein höchstens 24 Stunden altes negatives Testergebnis vorweisen.

Übernachtungsangebote zu touristischen Zwecken sollen bei entsprechenden Inzidenzen in einer Region untersagt sein.

Kein Präsenzunterricht mehr ab Inzidenz 200

An Schulen soll Präsenzunterricht nur mit zwei Corona-Tests pro Woche gestattet werden. Überschreitet in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt an drei aufeinander folgenden Tagen die Sieben-Tage-Inzidenz 200, soll Präsenzunterricht untersagt werden. Ausnahmen für Abschlussklassen und Förderschulen sind möglich. Diese Bremse gilt auch für Kitas, die Länder können aber Notbetreuung ermöglichen.

Die Ausübung von Sport soll nur in Form von kontaktloser Ausübung von Individualsportarten erlaubt sein. Sie sollen allein, zu zweit oder mit den Angehörigen des eigenen Hausstands ausgeübt werden dürfen.

Quelle: dpa/Paul Zinken

Ausgangssperren in der Kritik

Vor allem gegen die nächtlichen Ausgangssperren gibt es Widerstand aus den Ländern. Der Berliner Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) hatte davor gewarnt, über das Ziel hinauszuschießen. Es müsse möglich sein, die Infektionsschutzmaßnahmen regional anzupassen, forderte Müller. Kritik kam auch von Linken, Grünen, FDP und AfD.

In Brandenburg sagte Linke-Fraktionschef Sebastian Walter, er halte den Nutzen nächtlicher Augangssperren für unbewiesen. Peter Vida von den Freien Wählern sagte, diese führten nur zu mehr Treffen in Wohnungen. CDU-Fraktionschef Jan Redmann sprach sich dagegen aus, dass sich die Bundesregierung nur am Inzidenzwert orientiert. Die Älteren seien zumeist geimpft und es gebe immer weniger Corona-Tote, argumentierte Redmann. Mittlerweile seien vielfach Menschen infiziert, bei denen Corona meist leicht verlaufe.

Teile des Regierungsviertels abgeriegelt

Die Berliner Polizei hatte die Sitzung des Bundeskabinetts mit erhöhten Sicherheitsvorkehrungen begleitet. Teile des Regierungsviertels rund um das Reichstagsgebäude und das Bundeskanzleramt waren am Dienstagvormittag von Hundertschaften der Polizei abgesperrt. Etwa 250 Demonstranten protestierten nahe dem Kanzleramt gegen die Corona-Einschränkungen, wie ein Polizeisprecher sagte.

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