rbb24
  1. rbb|24
  2. Politik
Audio: Inforadio | 14.07.2021 | Dilek Kalyci | Quelle: dpa/Christoph Soeder

Drive-in und lange Impfnacht

Kalayci plant weitere kreative Impfaktionen für Berlin

Wie kann die Impfquote gesteigert und mehr junge Leute überzeugt werden, sich impfen zu lassen? Während der Senat mit kreativen Impfaktionen experimentiert, könnte sich der Neuköllner Amtsarzt so etwas wie Corona-Lotterien nach US-Vorbild vorstellen.

Die Berliner Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) will kreative Impf-Aktionen in der ganzen Stadt ausrollen. Sie sagte am Mittwoch dem rbb, Aktionen wie die auf dem Ikea-Parkplatz in Lichtenberg am kommenden Samstag oder ein Impfmobil auf dem Hermannplatz sollten vor allem junge Menschen dazu animieren, sich impfen zu lassen.

Senatsgesundheitsverwaltung

Zahl der Corona-Teststellen in Berlin deutlich zurückgegangen

Viele Corona-Teststellen sind in Berlin schon wieder aus dem Straßenbild verschwunden. Die verbliebenen sind nach Angaben der Gesundheitsverwaltung kaum noch zu 20 Prozent ausgelastet. Dafür gibt es mehrere Gründe.

"Das ist erst einmal der Anfang", unterstrich die SPD-Politikerin. So etwas sollte möglichst überall in Berlin angeboten werden. Geplant sei außerdem eine "lange Nacht des Impfens", gemeinsam mit der Clubszene beispielsweise in der Arena. Kalayci sagte, sie wolle auch die über 18-Jährigen anschreiben, um sie zu motivieren, sich impfen zu lassen.

"Bester Weg um Jüngere zu erreichen"

Die erste Impfparty in Deutschland stieg am vergangenen Mittwoch in der Hansestadt Attendorn in Nordrhein-Westfalen. Zu der vierstündigen Party kamen knapp 160 Menschen ab 16 Jahren, so der Leiter des Impfzentrums, Stefan Spieren auf rbb|24 Anfrage. "Das ist das Dreifache von dem, was wir gerade in unserem Impfzentrum impfen", so Spieren. Ein stadtbekannter DJ legte zu alkoholfreien Cocktails auf, verimpft wurde Biontech. Den Zweittermin können die jungen Erwachsenen dann im Impfzentrum wahrnehmen. Die meisten hätten von der Party über Social Media erfahren, erzählt Spieren. "Dafür sind wir erst angefeindet worden, aber es ist der beste Weg, um die Jüngeren zu erreichen!" Die Aktion sei mittlerweile Modell für ganz Nordrhein-Westfalen, sagte Spieren.

Impfpflicht-Debatte hält Kalayci für verfrüht

Generell laufe die Berliner Impfkampagne gut, sie sei bisher sehr erfolgreich. "Das Ziel, die Älteren zu impfen, ist uns sehr gut gelungen. Die RKI-Zahlen zeigen, dass bei den über 60-Jährigen Berlin unter den 16 Bundesländern Nummer eins ist mit 76 Prozent vollständig Geimpften", so die Gesundheitssenatorin. Das sei eine sehr gute Quote.

Die Diskussion über eine Impf-Plicht in Deutschland hält Kalayci für verfrüht. Insgesamt sei eine hohe Impfbereitschaft da. "Zugegeben, es reicht noch nicht (...) für eine Grundimmunisierung und, ich sage mal, Kontrolle der Pandemie", so die Senatorin. Einer aktuellen Befragung zufolge würden nur 36 Prozent sagen, dass ihre Impfung auch andere schützt. Kalayci sagte: "Ich glaube, das ist tatsächlich noch etwas, wo aufgeklärt werden muss, dass der Impfschutz nicht nur ein individueller Impfschutz ist, für mich persönlich, für mein Umfeld, sondern auch ein Beitrag für die Grundimmunisierung, für die Herdenimmunisierung."

Neukölln sich gegen Impfanreize wie Gutscheine oder Geld aus

Unterdessen hat sich der Amtsarzt von Berlin-Neukölln, Nicolai Savaskan, gegen Gutscheine oder Geld als Impfanreiz in der Corona-Pandemie ausgesprochen. Er sagte, das würde wohl eher Skepsis auslösen. Die Leute seien es nicht gewohnt, von Behörden Geld geschenkt zu bekommen. "Sie würden sich fragen: Was will der Staat mir hier verkaufen?". Deutschland habe eine gute Gesundheitsversorgung. "Das passt einfach nicht ins System", sagte Savaskan.

Anders sieht er ein spielerisches Herangehen wie in den USA, wo es Corona-Lotterien gibt. "So etwas könnte ich mir auch bei uns vorstellen. Der X-Millionste Impfwillige knackt dann den Jackpot oder Ähnliches", sagte er.

Neukölln geht mit Fremdsprachen-visierten Mitarbeitern beispielsweise auf Wochenmärkte

Neuköllns Gesundheitsamt setzt bereits seit dem Frühjahr auf individuelle und kultursensible Corona-Beratung im Alltag, zum Beispiel auf Wochenmärkten, in Einkaufszentren oder in Parks. Dazu gehört in sozial schwachen Kiezen mit einem hohen Migrantenanteil auch das Interkulturelle Aufklärungsteam. Dessen fünf Mitarbeiter beherrschen zusammen 13 Fremdsprachen. Schon seit dem Frühjahr fordert Savaskan für Amtsärzte die Möglichkeit, bei solch niedrigschwelliger Beratung direkt auch Impfangebote zu machen, um Lücken zu schließen. Damit solle es bald losgehen, sagte Savaskan.

Sendung: Inforadio, 14.07.2021, 07:40 Uhr

Artikel im mobilen Angebot lesen