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Audio: Inforadio | 14.01.2022 | Thomas Rautenberg | Quelle: dpa-Symbolbild/Jens Büttner

Corona-Pandemie

Bonus für Pflegekräfte soll nicht für alle kommen

Auch in diesem Jahr sollen Pflegekräfte einen Corona-Bonus erhalten – wer ihn bekommt, steht aber noch nicht fest, darüber wird noch gestritten. Entsprechend groß ist der Frust - nicht nur bei denen, die leer ausgehen könnten. Von Thomas Rautenberg

Claudia Schneider ist Notfallschwester auf der Rettungsstation einer Berliner Klinik. Sie hat in der Vergangenheit bereits einen Corona-Bonus bekommen und nach Lage der Dinge ist sie auch dieses Mal wieder bei der Prämienzahlung dabei. Doch so richtig Freude über das zusätzliche Geld will bei ihr nicht aufkommen. Der geplante Bonus gehe völlig an den Realitäten des Gesundheitssystems vorbei, sagt die 47-jährige Fachschwester. "Geld abzulehnen, wäre natürlich dumm. Aber was uns wirklich auf der Seele brennt, sind die Arbeitsbedingungen, die Unterbesetzung und die Unterfinanzierung des ganzen Systems. Daher rührt auch die Perspektivlosigkeit für unseren gesamten Berufsstand."

Quelle: Thomas Rautenberg/rbb

Mit dem Corona-Bonus keine guten Erfahrungen gemacht

Im vergangenen Jahr, erinnert sich Schneider, hätte die gut gemeinte Prämie für viel Neid innerhalb des eigenen Hauses gesorgt. Die Feuerwehrleute, die die Patienten bringen, der hausinterne Transportdienst, der die Covid-Kranken auf dem Gelände bewegt, die Reinigungskräfte, die alles sauber machen – müssten die nicht auch eine Prämie bekommen, fragt Schneider. "Am Ende bleibt auf allen Seiten nur ein großes Ungerechtigkeitsgefühl", fürchtet die Notfall-Schwester.

Eine Frage der Zahlen

Bereits im Koalitionsvertrag hatte sich die Ampel auf eine erneute Corona-Prämie für Pflegekräfte verständigt. Und noch vor seiner ersten Regierungserklärung erneuerte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) das Zahlungsversprechen ausdrücklich. Eine Milliarde Euro will der Bund dafür zur Verfügung stellen, das ist mehr als doppelt so viel wie im vergangenen Jahr. Und die Auszahlung sollte möglichst schnell beginnen.

Übernahme der MPK-Beschlüsse

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Aus 14 Tagen werden zehn Tage - und nach sieben Tagen kann man sich freitesten: In Berlin gelten seit Freitag neue Fristen für Corona-Infizierte und deren Kontaktpersonen. Hier der Überblick, was sonst noch für Geboosterte, Genesene und andere gilt.

Doch kurz darauf, trat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) auf die Bremse – zunächst müsse geklärt werden, wer für den Bonus in Frage komme, so der Minister, der genaue Vorstellungen vom Kreis der Berechtigten hat: "Der Pflegebonus sollte vor allem Pflegekräften bezahlt werden, die in der Corona-Pandemie besonders belastet waren. Dann kann er auch in nennenswerter Höhe angesetzt werden". Bis zu 3.000 Euro sollten es im Einzelfall sein, abhängig von der Art und Dauer der Pflegekräfte während der Corona-Pandemie. Im vergangenen Jahr wurden pro Person maximal 1.500 Euro gezahlt – 1.000 vom Bund, der Rest vom Land.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft und die Spitzenverbände der Pflege sollen der Bundesregierung nun verlässliche Zahlen liefern, wie viele Intensiv- und Notfall-Pflegekräfte in den Kliniken und Altenheimen für die geplante Prämie in Frage kommen.

Corona-Prämie in Stichworten

Kein Bonus für alle

Für Michaela Sommer steht damit fest, dass sie und ihre Kolleginnen und Kollegen wieder einmal leer ausgehen werden. Sommer ist Einrichtungsleiterin in der sogenannten Wiedereingliederungshilfe bei der Berliner Stephanus-Stiftung in Weißensee.

104 Menschen mit geistiger und körperlicher Behinderung werden dort in 13 stationären Wohngruppen rund um die Uhr betreut und gepflegt. In Corona-Zeiten eine ganz besondere Herausforderung, sagt Sommer. Über die Weihnachtsfeiertage war es beispielsweise in zwei Wohngruppen zu einem massiven Corona-Ausbruch gekommen. Der Dienstplan war damit Makulatur, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mussten auf alle freien Tage verzichten. "Die Leute haben unter Vollschutz bis an ihre Belastungsgrenze und auch darüber hinaus gearbeitet", berichtet Michaela Schneider.

Quelle: Thomas Rautenberg/rbb

Trotzdem – der Bereich der Pflege von Menschen mit Behinderungen ist gar nicht erst für einen Corona-Bonus vorgesehen. Dieses "zweierlei Maß" der Regierung mache sie sauer, sagt Sommer. "Das ist so ärgerlich, weil es sich wie ein roter Faden durchzieht: Behinderte Menschen haben keine große Lobby, und unsere Arbeit steht damit nicht im Fokus. Natürlich hoffe ich, dass es auch für unsere Pflegerinnen und Pfleger eine Corona-Prämie geben wird. Und wenn nicht, dann ist ganz viel Frust in der Belegschaft garantiert. Denn es geht hier nicht nur um Geld, es geht um die Anerkennung!"

Schnelle Einigung nötig

Noch in diesem Monat will der Bundesgesundheitsminister dem Parlament einen Vorschlag machen, welche Pflegekräfte wie viel Geld als Anerkennung aus dem Prämientopf bekommen sollen. Spätestens am 1. Juli muss die Zahlung auf den Konten sein - ansonsten wird sie versteuert.

Sendung: Inforadio, 14.01.2022, 12:50 Uhr

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