Nach Wahl in Berlin - Spitzen von Rot-Rot-Grün für Koalitionsverhandlungen

Mo 26.09.16 | 20:42 Uhr
Klaus Lederer (Die Linke), Michael Müller (SPD) und Daniel Wesener (Grüne) geben nach einem Sondierungsgespräch am 26.09.2016 im Roten Rathaus in Berlin ein Statement ab (Quelle: dpa/Jörg Carstensen)
Video: Abendschau | 26.09.2016 | Agnes Taegener und Dorit Knieling | Bild: dpa/Jörg Carstensen

Berlin steuert weiter auf eine rot-rot-grüne Regierung zu: Die Spitzen von SPD, Grünen und Linken sprachen sich am Montag dafür aus, in Koalitionsverhandlungen zu gehen. Nun müssen die Parteigremien entscheiden, ob sie mitziehen.

Die Spitzen von SPD, Linken und Grünen in Berlin empfehlen ihren Parteien die Aufnahme rot-rot-grüner Koalitionsgespräche. "Wir sind an einen Punkt gekommen, an dem wir als Sondierungskommission unserem Landesvorstand empfehlen können, in Koalitionsgespräche einzutreten", sagte Regierungschef Michael Müller (SPD) am Montag nach einem Dreier-Gespräch der potenziellen Partner.

Es sei aber deutlich geworden, "dass wir in Koalitionsverhandlungen auch etwas zu besprechen haben", betonte Müller. Konkret nannte er Finanz- und Energiepolitik als mögliche Knackpunkte.

"Hier und da unterschiedliche Herangehensweisen"

Auch Linke-Chef Klaus Lederer sagte: "Hier und da gibt es aber unterschiedliche Herangehensweisen." SPD, Linke und Grüne seien sich aber gemeinsam der Tragweite der Berliner Probleme bewusst und entschlossen, sie anzupacken.

Der Grüne-Landesvorsitzende Daniel Wesener sprach seinen Verhandlungspartnern ein "großes Lob" für deren Willen zu politischen Veränderungen aus. Die Grünen hätten in den Gesprächen nochmals ihre wichtigsten Anliegen eingebracht. Dazu zählten unter anderem der Ausstieg aus der Kohle in den Stadtwerken, eine bessere Kinderbetreuung sowie die Förderung des Radverkehrs und des öffentlichen Nahverkehrs.

"Auf Augenhöhe, statt gegeneinander"

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Ramona Pop, sagte in der rbb-Abendschau, dass man viele Gemeinsamkeiten über den kleinsten gemeinsamen Nenner hinaus festgestellt habe, es aber noch viel zu tun gebe. Die ersten Verhandlungen verliefen jedoch auf "Augenhöhe, statt gegeneinander", so die 38-Jährige.

Pop zeigte sich beispielsweise zuversichtlich, dass die Ticketpreise im öffentlichen Nahverkehr im Frühjahr 2017 nicht erhöht werden. Es sei ein Anliegen der Grünen, dass mehr Leute auf Bus und Bahn umsteigen. "Deshalb wäre es ein gutes Signal, wenn die geplanten Erhöhungen erstmal auf Eis gelegt werden."

Pop sprach darüber hinaus von einem gemeinsamen "Investitionspakt", der vor allem auf die Schulsanierung und die Erweiterung der Radwege abzielen solle. Wenn am Ende etwas übrig bliebe, "könnte dann auch noch getilgt werden."

Michael Müller machte bereits am Montagnachmittag deutlich, dass die Koalitionsgespräche wesentlich von der Frage bestimmt sein würden, was finanzierbar sei. "Es geht um Spielräume im Rahmen eines ausgeglichenen Haushalts", sagte Müller. Investiert werden solle seiner Meinung nach bei der Personalausstattung der Ämter, im öffentlichen Wohnungsbau, bei sozialen und Bildungsangeboten.

Parteigremien am Zug

Die Parteigremien wollen bis Mitte kommender Woche über die Aufnahme der Gespräche entscheiden. Am Dienstag tagt der Landesvorstand der Linken, am Freitag findet ein außerordentlicher Parteitag statt. Die Grünen haben für nächste Woche Mittwoch einen kleinen Parteitag einberufen. Bei der SPD entscheidet voraussichtlich noch diese Woche der Landesvorstand über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen.  

Am 27. Oktober soll das neu gewählte Abgeordnetenhaus zum ersten Mal zusammentreten. Eine neue Regierung könnte im November oder in der ersten Dezemberhälfte zusammentreten. Müller peilt den 8. Dezember an. Sowohl Lederer wie Wesener betonten am Montag, über eine mögliche Verteilung der Ressorts sei noch nicht gesprochen worden.

Müller hatte bereits vor der Wahl gesagt, er bevorzuge ein rot-rot-grünes Bündnis. Trotzdem hatte die SPD auch mit CDU und FDP sondiert. Nach ihrem historisch schlechten Wahlergebnis von 21,6 Prozent muss sie ein Dreierbündnis in der Regierung bilden. Die Linken hatten bei der Wahl am 18. September 15,6 Prozent erreicht, die Grünen 15,2 Prozent.

Die CDU kritisierte am Montag, Rot-Rot-Grün habe die Empfehlung für Koalitionsgespräche "ohne Angabe von Inhalten" ausgesprochen. "Hier wird ein Bündnis hinter verschlossenen Türen gezimmert, welches sich scheut, den Bürgerinnen und Bürgern reinen Wein einzuschenken", kritisierte Florian Graf, Vorsitzender der CDU-Fraktion. "Allen dreien sind offenbar die Partei und eine Wohlfühl-Atmosphäre wichtiger als die Perspektiven der Stadt."  Müller dürfe nicht einem "Kuschelkurs" verfallen, mahnte Graf.

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