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Audio: Antenne Brandenburg | 10.10.2022 | Andreas Rausch | Quelle: dpa/Frank Hammerschmidt

Kommentar | SPD gewinnt Stichwahl gegen AfD

Cottbus, wir haben ein Problem

Glück gehabt: Cottbus bleibt die bundesweite Aufmerksamkeit als erste AfD-geführte Großstadt Deutschlands erspart. Also jetzt durchatmen, Spannung abschütteln und zurück zur Tagesordnung? Bloß nicht, kommentiert Andreas Rausch.

Die AfD hat etwa ein Drittel der Cottbuser Wähler dazu gebracht, für ihren Kandidaten zu stimmen. Für einen Kandidaten, der das Wohnungsproblem lösen will, indem er 400 Ausländer abschiebt. Einen Kandidaten, der das Rathaus von den Bonzen zurückholen wollte, nach dessen Meinung in Cottbus nichts gegen Rechtsextremismus getan werden müsse, obwohl die Stadt in jedem Verfassungsschutzbericht als Hotspot hervorgehoben wird, den Kandidaten einer Partei, deren Landesverband als rechtsextremer Verdachtsfall gilt.

Stichwahl SPD gegen AfD

SPD-Kandidat Tobias Schick zum Oberbürgermeister von Cottbus gewählt

Rund 80.000 Cottbuser haben am Sonntag ihr neues Stadtoberhaupt gewählt. Die meisten haben sich nach vorläufigem Ergebnis für Tobias Schick von der SPD entschieden. Er war in der Stichwahl gegen Lars Schieske von der AfD angetreten.

Mehr als 30 Prozent - das ist kein Protestausrutscher

Und man kann Lars Schieske nicht vorwerfen, seine Wähler getäuscht zu haben. Jeder, der ihn wählte, wusste, was er bekommen würde. Deshalb lässt sich diese Wahl nicht als Protest-Ausrutscher abtun - Inflation und Energiekrise hin oder her.

Der aktuelle Deutschlandmonitor sagt: Nur 39 Prozent der Ostdeutschen sind mit der Demokratie zufrieden. Nur jeder Dritte glaubt, dass Politikern das Wohl des Landes wichtig sei. Da bricht was weg im Osten der Republik, und auch in Cottbus. Das aufzuhalten, den Trend umzukehren, beginnt nicht bei "denen da oben".

Jetzt heißt es: Schwung mitnehmen

Es geht in den Kommunen los. Bei den Abgeordneten, den Entscheidern und auch den Verwaltern inklusive Verwaltungsspitze. Mit Transparenz, Teilhabe, Fordern und Fördern, mit Problemlösungen und auch mit klarer Kante, wenn auf den Straßen aus legitimem Protest Umsturzforderungen werden. In einigen dieser Felder hatte die Stadt Cottbus zuletzt ziemlich geschwächelt.

Cottbus schick machen will der neue sozialdemokratische Oberbürgermeister, den Mehltau abschütteln, die Riesenherausforderung Strukturwandel mit Lust und viel Beteiligung angehen. Im Stichwahlkampf hatte Tobias Schick dafür die Unterstützung aller anderen Parteien – natürlich auch, um ein AfD-Rathaus zu verhindern.

Es wird jetzt darauf ankommen, diesen Schwung mitzunehmen, in praktische Demokratiearbeit zu übersetzen. Für Cottbus. Und für den Osten Deutschlands.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 10.10.2022, 19:30 Uhr

Beitrag von Andreas Rausch

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