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Inforadio 25.01.2020 07.15 Uhr | Quelle: dpa/Julian Stähle

Informationsabend zu Tesla in Grünheide

Viel Interesse, viele Fragen - und viele Gerüchte

Bei einer Info-Veranstaltung zum neuen Tesla-Werk in Grünheide prallten mal wieder Welten aufeinander: Kritiker befürchten Umweltschäden und hohe Belastungen für die Anwohner, Befürworter hoffen auf Arbeitsplätze und eine Zukunft für die Region. Von Andreas Oppermann

Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) hat Befürchtungen zurückgewiesen, dass der US-amerikanische Elektroautobauer Tesla für das Grundstück des geplanten Werks in
Grünheide bei Berlin zu wenig bezahlt. "Der Kaufpreis wird zweimal kontrolliert", sagte Steinbach am Freitagabend auf einer öffentlichen Informationsveranstaltung in Grünheide.

Einmal werde noch ein unabhängiges Gutachten erarbeitet. Dann kontrolliere die EU, da Tesla
Fördermittel erhalte. "Die Gerüchteküche brodelt. Es ist allerhöchste Zeit, das Thema zu entemotionalisieren", sagte Steinbach.

Etwa 400 Bürger waren gekommen, um von dem Minister unter großem Medieninteresse Antworten auf ihre Fragen einzufordern, aber auch um Zustimmung zu äußern.

Schon eine halbe Stunde vor Beginn der Bürgerversammlung im Grünheider Ortsteil Fangschleuse füllen sich die Reihen. Seit etwas mehr als zwei Monaten ist bekannt, dass sich Tesla nur einen Kilometer weiter südlich bis zu 500.000 Elektroautos im Jahr produzieren will. Seit drei Wochen liegen die Unterlagen dafür öffentlich aus. Die 5.000 Seiten haben die wenigsten gelesen. Aber die Fragen haben sich aufgehäuft. Deshalb kommen mehr als 400 Interessierte aus Grünheide, Erkner, Fürstenwalde, Petershagen oder Berlin.

Jörg Steinbach (SPD) war schon am Abend nach der Ankündigung von Tesla-Chef Elon Musk, in Grünheide eine Fabrik bauen zu wollen, in Grünheide. In Beeskow beim Kreistag beantwortete er die Fragen der Abgeordneten und in Fürstenwalde beim Neujahrsempfang des Landkreises Oder-Spree stand er ebenfalls Rede und Antwort. Auch wenn er am Freitagabend in Fangschleuse kaum Neues sagte, war das Interesse dennoch riesig. Zu unterschiedlich ist der Wissensstand der Bevölkerung.  

Beim Wasser kocht die Bürgerseele

Neben der Erhaltung des Waldes und des eigenen Wohnumfeldes ohne Veränderungen sind es vor allem drei Fragen, die in unterschiedlicher Form gestellt werden. Die Frage nach dem Wasser. Die nach den Geheimverhandlungen und schließlich die nach der Unterstützung des US-Konzerns durch öffentliche Finanzzuschüsse. Jörg Steinbach nimmt sich Zeit, möglichst viele Fragen zu beantworten. Zum Wasser sagt er: "Sollten zusätzliche Investitionen notwendig sein, dann werden sie vom Land unterstützt und nicht auf die Verbraucher abgewälzt." Damit sichert der Wirtschaftsminister den Grünheidern zu, dass der hohe Wasserverbrauch von Tesla nicht dafür sorgen soll, dass die Wasserpreise steigen.

Außerdem sagt Steinbach, dass für den ersten Bauabschnitt die Wassermengen ausreichen. Erst wenn Tesla nicht nur 150.000, sondern bis 500.000 Fahrzeige produzieren will, müssten andere Wasserquellen gefunden werden. Wo diese sein könnten, lässt Tesla derzeit mit einem hydrogeologischen Gutachten klären.

Steinbach wies darauf hin, dass zum Beispiel die Stadt München aus Quellen versorgt werde, die 80 Kilometer entfernt seien. Außerdem betonte er, dass für die Wassergewinnung weitere Genehmigungsverfahren nötig seien. Etliche Zuhörer wollten das aber nicht glauben. Sie blieben skeptisch und klatschten bei jeder ablehnenden Äußerung kräftig.

Brüssel kontrolliert alle Subventionen

Als die Frage gestellt wird, warum die Landesregierung 300 Millionen Euro an den amerikanischen Konzern verschenke, lässt Steinbach den sachlichen Ton hinter sich. "Ich würde gerne wissen, woher Sie das haben?", fragt er. Offensichtlich treibt es ihn um, dass viele Gerüchte in den sozialen Medien oder bei Waldspaziergängen und Demonstrationen die Runde machen. Aber dann erläutert er doch ganz nüchtern, dass das Land Brandenburg bei Subventionen an Vorgaben aus Brüssel gebunden ist. "Die ersten 50 Millionen Euro können mit 20 Prozent, die zweiten 50 mit 10 Prozent gefördert werden," erläuterte Steinbach. Der Höchstwert liege bei 300 Millionen, die Schritt für Schritt auch erst dann gezahlt würden, wenn das erste Auto vom Band liefe.

Außerdem machte Steinbach deutlich, dass die Höchstförderung von 300 Millionen nur dann fällig werde, wenn tatsächlich die Ausbaustufe der Fabrik für 500.000 Autos im Jahr erreicht wäre. Generell seien die Subventionen an einen zehnjährigen Betrieb gebunden. Sonst müssten sie zurückgezahlt werden. Und ganz wichtig war Steinbach dieser Hinweis: "Auf solche Förderung hat jede Firma, die hier Arbeitsplätze schafft, Anspruch." Für Tesla gebe es keine Sonderkonditionen. Schließlich müssten alle Subventionen in diesem Fall von Brüssel genehmigt werden - und nicht von seinem Ministerium.

Das betreffe übrigens auch den Grundstückskauf. Auch der würde von der Europäischen Union überprüft. Der Kaufpreis dürfe nicht zu niedrig sein, weil er sonst eine versteckte Subvention wäre.

Gerodet wird nur mit rechtskräftigem Kaufvertrag

Wirtschaftsminister Steinbach nutzte die Fragen auch, um mit "zwei Märchen" aufzuräumen. Tesla könne erst dann mit den Rodungen des Kiefernwaldes beginnen, wenn die Firma Besitzer des Grundstückes sei. Wahrscheinlich werde der Vertrag in der kommenden Woche von einem Notar beglaubigt. Dann könne Tesla beginnen. Dennoch würde das Land für die Beräumung des Geländes von Müll und Munition bezahlen müssen. Und das, weil das Land dazu gesetzlich verpflichtet sei. Wobei bei der Munition auch der Bund in der Pflicht sei, weil es sich um Munition der Alliierten aus dem Zweiten Weltkrieg handle.

Zu den Ersatzpflanzungen für den gerodeten Wald erklärte er, dass diese auf Brachen in Brandenburg erfolgen müsse. Für jeden Hektar gefällten Wald in Fangschleuse müsse anderswo in Brandenburg ein Hektar Wald neu aufgeforstet werden. Aber Tesla könne darüberhinaus auch Wald durch eine Veränderung in Mischwald aufwerten. Das allerdings ei eine freiwillige Leistung. Da Tesla zugesagt habe, für jeden Hektar Wald in Fangschleuse drei anderswo aufzuforsten, könne diese Aufwertung häufiger vorkommen.

Versachlichung der Debatte

Zwei Stunden stellte sich Steinbach den Fragen. Unterstützt von Grünheides Bürgermeister Arne Christiani (parteilos) konnte die Diskussion über Tesla bei der Bürgerversammlung versachlicht werden. Die Gegner waren laut, die Befürworter überwogen aber. Wobei es auch noch viele Bewohner Grünheides gibt, die Tesla zwar prinzipiell positiv gegenüberstehen, aber dennoch auch mit einer gewissen Skepsis auf die Entwicklung blicken. Sie vermissen, dass sich endlich mal der Investor selbst den Fragen stellt. Aber Tesla ist nach wie vor zwar das Thema an der östlichen Berliner Stadtgrenze. Aber die Firma hüllt sich noch immer in Schweigen.

Beitrag von Andreas Oppermann

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