Bilanz nach einem Jahr - Welche Folgen das Öl-Embargo gegen Russland für PCK in Schwedt hatte

Do 28.12.23 | 18:02 Uhr
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Verschiedene Anlagen der Rohölverarbeitung sind am 15.11.2023 auf dem Gelände der PCK-Raffinerie GmbH zu sehen. (Quelle: Picture Alliance/Patrick Pleul)
Video: rbb24 | 28.12.2023 | Nachrichten | Bild: Picture Alliance/Patrick Pleul

Seit fast einem Jahr gilt das Öl-Embargo der EU gegen Russland. Deutschland verzichtet freiwillig auf russisches Öl. Zum 1. Januar wurde der Hahn der Druschba-Erdölleitung zugedreht. Was bedeutete das für die PCK-Raffinierie in Schwedt?

In nur einem Jahr hat es die PCK-Raffinerie in Schwedt (Uckermark) geschafft, was noch vor einem Jahr undenkbar schien: das schwere Öl aus Russland durch anderes zu ersetzen, ohne dass die Anlagen kaputtgehen. Jetzt würden 25 verschiedene Rohöl-Sorten verwendet, sagt der Geschäftsführer der PCK-Raffinerie, Ralf Schairer, dem rbb. "Es war eine Riesenherausforderung, alle haben einen tollen Job gemacht, hart dafür gearbeitet und lange Tage gehabt."

Die PCK in Schwedt, die große Teile des Nordostens Deutschlands und Berlin mit Treibstoff versorgt, verarbeitete bis 2022 hauptsächlich Rohöl aus Russland. Im Zuge der Sanktionen wegen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine beschloss die Bundesregierung, freiwillig auf russisches Öl zu verzichten. Seitdem werden neue Lieferwege genutzt: der Hafen in Danzig (Gdansk) und die Pipeline von Rostock nach Schwedt. Noch bis Ende 2024 soll die Raffinerie monatlich mit 100.000 Tonnen Rohöl aus Kachsachstan beliefert werden. Kasachstan nutzt die Druschba-Pipeline, über die bis Ende 2022, Öl aus Russland nach Deutschland geliefert wurde.

Umstellung in Raffinerie hat nicht zu Öl-Engpässen geführt

Frank Schaper, Geschäftsführer vom Unabhängigen Tanklagerverband e.V., blickt zufrieden auf das vergangene Jahr zurück. "Es musste umgestellt werden von einer leitungsgebundenen Versorgung zu einer - ich sag mal - eher see- und tankergebundenen Versorgung. Das ist aus meiner Sicht gut gelaufen und hat bis jetzt zumindest nicht zu irgendwelchen Unterbrechungen oder Versorgungsengpässen geführt."

Im Schwedter Rathaus schwärmt Bürgermeisterin Annekathrin Hoppe (SPD) von der Leistung der PCK-Mitarbeiter. Brandenburg und Berlin seien weiter mit Kraftstoffen versorgt worden. "Nach einem Jahr Öl-Embargo kann ich nur sagen, die Schwarzmalerei ist nicht eingetroffen", so Hoppe.

Rostocker Hafen hat sich durch Öl-Embargo verändert

Dass in Schwedt der Ölhahn aus Russland zugedreht wurde, hat vor allem den Rostocker Hafen verändert. Etwa zweimal pro Woche laufen hier seit Januar Riesentanker an Warnemünde vorbei in den Ölhafen. 250 Meter lang sind die Schiffe in der Regel und haben um die 80.000 Tonnen Rohöl an Bord. Ganz selbstverständlich ist das nicht. Erstmal musste gebaggert werden, wie Stefan Gramann vom zuständigen Wasser- und Schifffahrtsamt dem rbb erklärt. "In den ersten beiden Bauabschnitten haben wir die Fahrrinnen um 25 Meter verbreitert. Und diese Erweiterung ist wichtig für große Öltanker, die in den Ölhafen wollen in Rostock. Dadurch entsteht für die ein wesentlich größerer Manövrierraum und das sind gute Verbesserungen."

Nun ist also ausreichend Platz auch für die größeren Exemplare. Insgesamt brachten sie in diesem Jahr etwa sechseinhalb Millionen Tonnen für die PCK Schwedt von Übersee. Das sind etwa drei Viertel dessen, was die Raffinerie braucht. Die meisten Tanker kommen dabei über den Atlantik, manche auch aus Norwegen, Schottland und Afrika, aber nur noch selten aus den traditionellen Ölländern wie zum Beispiel Libyen.

Transformation der PCK wird vorbereitet

Die Anlagen in Schwedt sind zu 80 Prozent ausgelastet. Trotzdem sitze der Schock über das Öl-Embargo vor einem Jahr tief und die Menschen vor Ort sorgten sich um ihre Zukunft, sagt Konstanze Fischer dem rbb. Die Augenärztin engagiert sich in der Bürgerbewegung "Zukunft jetzt" für den Erhalt der PCK. "Die Angst der Menschen ist, dass es komplett schiefläuft. Dass das PCK irgendwann fallen gelassen wird", erklärt Fischer.

Für die Transformation der PCK-Raffinierie gibt es Fördermillionen vom Bund. Es sollen grüner Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe, sogenannte E-Fuels, produziert werden. PCK-Chef Ralf Schairer höre oft die Frage, ob es auch zukünftig noch Raffinerien geben wird, sagt er. "Meine Antwort ist: Selbstverständlich. In einem entwickelten Industriestaat, der Wertschöpfung regenerieren möchte, brauchen Sie eine Wertschöpfung und davon bin ich überzeugt, dass Raffinerien in Zukunft eine Rolle spielen werden."

Schwedt ist erst einmal froh, dass die Raffinerie weiterläuft. Gleichzeitig richtet sich der Blick schon in die Zukunft. Der Transformationsprozess hat in der Oderstadt bereits begonnen. Ein erster Schritt ist die Zusammenarbeit mit Siemens Energy. Eine 100-Megawatt-Elektrolyse-Anlage zur Herstellung von Wasserstoff soll entstehen. Momentan laufen die Planungen.

Anteile an PCK-Raffinerie werden verkauft

Die PCK-Raffinerie gehört derzeit zu 54 Prozent Rosneft. Die deutsche Tochterfirma des russischen Konzerns steht seit Herbst vergangenen Jahres unter Treuhandverwaltung der Bundesregierung. Diese wurde im September ein zweites Mal verlängert und gilt bis Ende März 2024.

Die restlichen Anteile der PCK-Raffinerie gehören zu 37,5 Prozent der Shell Deutschland und zu acht Prozent dem italienischen Energiekonzern Eni. Mitte Dezember kündigte Shell an, seine Anteile an die britische Prax-Gruppe verkaufen zu wollen. Der Verkauf soll in der ersten Jahreshälfte 2024 abgeschlossen sein. Allerdings muss das Wirtschaftsminsterium noch zustimmen.

Zudem soll es am 22. Dezember ein Treffen zwischen Vertretern des Bundeswirtschaftsministeriums und Rosneft gegeben haben. Insidern zufolge soll es dabei auch um den Verkauf der Rosneft-Anteile gegangen sein. Das Bundeswirtschaftsministerium wollte das Treffen auf rbb-Anfrage nicht kommentieren.

Sendung: Antenne Brandenburg, 28.12.2023, 16:40 Uhr

Mit Material von Riccardo Wittig und Martin Küper

28 Kommentare

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  1. 28.

    Man kann sich natürlich alles schön reden. Fakt ist, PCK lebt noch und das ist das Beste an dieser unsäglichen Politik. Der Preis für Öl ist aber an die Decke geschossen. Und das wiederum bezahlen wir alle. Sorry aber wie kann man jetzt froh sein und jubeln? Und diese Situation hat wer zu verantworten? Im Übrigen kommt das jetzige Öl offiziell aus Kasachstan und inoffiziell woher ? Aber eben deutlich teurer. Wir werden von Wahnsinnigen regiert.

  2. 27.

    Vielen Dank für die genannten Fakten. Insgesamt ist mir nicht klar, wie bei einer Verarbeitungskapazität von 12 Millionen Tonnen Rohöl pro Jahr trotz "großer Schiffe" und 1.2 Millionen Öl pro Jahr aus Kasachstan die Anlagen in Schwedt zu 80 Prozent ausgelastet sein können.

  3. 26.

    Klaro.Auch Österreich, wofür sie ständig kritisiert werden. Aber Ungarn und Österreich besitzen keinen Zugang zum Meer.
    .Und Öltanker können wohl schlecht die Donau hinauffahren. Wäre interessant zu erfahren,was unsere Moralapostel diesen Ländern anraten würden,woher sie ihr Öl beziehen sollen.Zum gleichen Preis und mit ähnlichem CO2 Abdruck natürlich. Alles andere wäre absurd.

  4. 25.

    Es wird gern vergessen und war den Medien i. d. R. keine oder nur eine Randnotiz wert: Der Osten Deutschlands sowie der Nordwesten Polens wurden über Monate in nicht geringem Umfang über die Schiene mit Mineralöl-Endprodukten aus westdeutschen Raffinerien und Tanklagern mitversorgt. Nahezu vollumfänglich, als die PCK nicht oder nur wenig produzieren konnte, die Jahreswartungen sowie Umbauarbeiten auf andere Rohölsorten erfolgten und um die Tanklager in der Region nicht zum Ausverkauf zu zwingen. Effektiv hatten wir nur wenige Male erlebt, dass Kraftstoffsorten (hier war es Dieselkraftstoff) über Tage ausverkauft war.

    Daran, dass u. a. diese Kesselzüge Vorrang vor anderen Güterzügen und auch vor dem Personenverkehr erhielten, mögen Sie sich vielleicht doch erinnern. Erinnern können Sie sich ggf. auch daran, dass der Osten über Monate bundesweit Spitzenpreise an den Tankstellen dafür bezahlte - dieser Mehraufwand musste schließlich auch bezahlt werden.

  5. 24.

    Ich würde vorallem den Ingenieuren und Betriebsleitern vor Ort danken, daß die das möglich gemacht haben und weniger der Politik. Also Danke an alle, die im PCK arbeiten und auch allen im Ölhafen Rostock und einen guten Rutsch ins nächste Jahr.

  6. 23.

    Und wer weiß, vielleicht müssen wir irgendwann einer jungen Demokratie helfen und Öl abkaufen? Es soll Bürger in Deutschland geben, die niedrigere Energiepreise statt künstliche Verteuerungen schätzen.

  7. 22.

    Ich weiß was sie meinen und mir gefallen bestimmte Entwicklungen insbesondere die strategische Disbalance durch den wachsenden Einfluss der Türkei genauso wenig.
    Aber zumindest ist der Weg sicher(er).

  8. 21.

    Gut Verlierer sind wir im Endeffekt alle, wenn man sich ehrlich macht. Energie und alle Sekundärprodukte sind für den Endverbraucher langfristig so teuer wie nie und der Treibhausgas-Ausstoß auf Rekordhöhe. Die Wirtschafts-Transformation ohne billiges Erdgas als Brückentechnologie macht die Sache auch nicht unbedingt einfacher. Und es ist ja leider auch nicht so, als wäre irgendwo Licht am Tunnel.
    Aber sie haben natürlich Recht, der kontinuierlichen Hauptversorgung über den APR-Strohhalm plus ein wenig kasachische Drushba-Unterstützung, stand ich anfangs auch eher skeptisch gegenüber.
    Insofern scheinen die 80% Mindestauslastung mit einer regelmäßigen Spritze aus Danzig erstmal gesichert und die PCK-Kuh ist wohl vom Eis.

  9. 20.

    Sollte man nicht eigentlich auch die Frage stellen, welche Folgen dieses Embargo für Russland hatte und hat, wie sinnvoll es also war? Dazu kommt noch die problematische Energiebilanz: Statt über die Pipeline wird das Öl jetzt per Tanker geliefert. Das "verbessert" die CO2- Bilanz natürlich deutlich. Bezüglich des moralischen "Zeigefingers" stellt sich mir dann sofort die Frage, warum wir beim völkerrechtswidrigen Irakkrieg nicht ebenfalls die Agressoren sanktioniert haben?

  10. 19.

    Nun ja, der Lieferant wollte weiter liefern aber die BRD wollte es freiwillig! nicht mehr. Das das PCK mit nem „blauen Auge“ davon gekommen ist, liegt doch nur daran, daß es einen“Aufstand“ gab. Ohne dem wäre m.M.n. die Habecksche Insolvenz ( nicht insolvent, man produziert halt nix mehr)eingetreten. Was hat den das ganze Prozedere den Steuerzahler gekostet bzw.kostet es noch? Arbeitet das PCK jetzt zumindest kostendeckend?
    Das man einen Weg zu neuen Energieträgern bzw.Grundstoffen gehen wird/will ,macht jetzt nicht nur im Zusammenhang mit dem selbstauferlegten Ölembargo Sinn.Sondern eben für die Wandlung von CO2-intensiver Enegieerzeugung zu CO2-minimierter bezahlbarer Energieversorgung als Beispiel.

  11. 18.

    Spät aber so wie es aussieht nicht zu spät hat man erkannt (erkennen müssen), dass das Geschäft mit dem Erdöl und auch nur einem Lieferanten recht riskant und nur noch von überschaubarer Zukunft sein wird.
    Entsprechende Fördermittel für den Zukunftsumbau sind gesichert, ob hinreichend wird sich zeigen. Die Eigentümer haben den Laden zumindest nicht aufgegeben.
    Im Zuge des allgegenwertigen H2 Hypes hat man sich ein Referenzprojekt gesichert, um zukünftig mindestens den Eigenbedarf an H2 umweltfreundlicher zu sichern und nebenbei sich mit der Technologie für größere Projekte beschäftigen zu können.
    Offensichtlich hat man auch die Umstellung und Diversifizierung der Lieferanten in ansprechend kurzer Zeit hinbekommen auch wenn viele rbb24 Experten den Untergang von Schwedt und Totalversagen der Politik vorhergesehen haben.
    Kraftstofflieferung war jederzeit gesichert, Preise fallen seit Wochen.
    Verlierer sieht nach meiner privaten Meinung anders aus.

  12. 17.

    Also ich habe nichts gegen Öl aus Russland. Wenn der Preis stimmt würde ich es jederzeit kaufen.

  13. 16.

    Das ist auch vernünftiger als Route, da eine echte Alternative. Allerdings steigert das die geopolitischen Interessen in dieser Region, die sowieso schon etwas unruhig ist.

  14. 15.

    Dass Vatniks sich die Situation in Russland schön reden müssen, liegt in der Natur der Sache, ebenso deren geringe Empfänglichkeit für Aussagen zur realen Situation in Russland.

  15. 14.

    Ich denke Drushba ist für kasachisches Öl nur eine Notlösung (wegen Russland). Bei den geringen Mengen wird Russland wohl stillhalten, zumindest ist das die Hoffnung.
    Der Hauptteil des kasachischen Öls wird zukünftig über den Seeweg direkt nach Aserbaidschan oder indirekt erst über Georgien und dann Aserbaidschan abgewickelt.
    Aserbaidschan wird wohl die neue Anlauf- bzw. Sammelstelle für Rohöle aus diesen Regionen.

  16. 13.

    Schön reden brauch ich nicht, mir genügen Fakten.
    Mit Fakten kann aber nicht jeder was anfangen, ganz besonders diejenigen nicht die der 5. Kolonne Putins glauben.

  17. 11.

    Ja, gemäß Artikel sind es 2 x 80000 t pro Woche. Bei einer Maximalauslastung von 12,5 Mt /Jahr ist das PCK über Rostock also zu 2/3 ausgelastet. Das ist schon viel für den Strohhalm. Damit wurde offenbar alles aus dem kleinen 400 mm Havariepipelinequerschnitt (APR-Pipeline) mit dünnerem Öl und zusätzlichen Verdichterstationen herausgeholt. Denn für Schweröl war die APR eigentlich für 50 % und mit Verdünner für max. 60 % ausgelegt.
    Die restlichen 13-14 % müssen dann offenbar aus Danzig über Plock für Schwedt in die Drushba-Pipeline eingespeist werden.

  18. 10.

    Man darf auch eine Meinung haben wenn man von Wirtschaft keine Ahnung hat.
    Das Wachstum in Russland beruht ausschließlich auf Investitionen in Rüstung.
    Putin zerstört damit nicht nur die Ukraine. Zukunftsinvestitionen finden nicht statt.
    Es wird Zeit brauchen bis die Russen begreifen wem sie hinterher gelaufen sind.

  19. 9.

    Was macht eigentlich Druschba II, die in Weißrußland abzweigt und dann durch die Ukraine nach Ungarn und weiter nach Kroatien verläuft? Ungarn hat ja wohl noch Lieferkontrakte mit Rußland?

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