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Quelle: dpa/Patrick Pleul

Bauanträge liegen aus

Das sind die neuen Tesla-Pläne im Detail

Jetzt ist es amtlich: Tesla plant in Grünheide eine Batteriefabrik. Das Presswerk soll wachsen und die Rave-Cave wird einen Hauch konkreter. Philip Barnstorf gibt eine Übersicht über die Baupläne von Tesla.

Tesla plant um in Grünheide - und das in großem Stil: 40 Aktenordner mit vielen Seiten voller Erklärungen, Messreihen, Karten, Tabellen des Konzerns liegen am Freitag in Ostbrandenburger Amtsstuben und im Internet aus. Einen Monat sind die Unterlagen einsehbar, dann haben Bürger und Verbände wieder einen Monat Zeit, um Einwände zum Projekt einzureichen.

Auffällig ist, dass viele Bilder, Mengenangaben und Materialnamen in den Unterlagen geschwärzt sind. Tesla hat sich dazu auf Nachfrage bisher nicht geäußert. Wahrscheinlich handelt es sich um Betriebsgeheimnisse und börsenrelevante Informationen.

Was ist neu an den Plänen?

Das Wichtigste: Tesla will in Grünheide nun auch Batterien produzieren. Dafür wollen die Kalifornier eine schon genehmigte Lagerhalle im Südosten des Grundstücks umnutzen. Dort sollen bis zu 50 Gigawattstunden Strom jedes Jahr in Batterien verpackt werden. Das entspricht in etwa dem Jahresverbrauch von 25.000 Zwei-Personen-Haushalten. Laut Branchenkreisen wäre das die größte Batteriefabrik Europas, nicht aber der Welt, wie Elon Musk angekündigt hatte. Allerdings plant Tesla wahrscheinlich die Batteriefabrik in den kommenden Jahren noch auszubauen.

Tesla will außerdem das Presswerk größer bauen, in dem vor allem Karosserien entstehen. Dafür soll ein neuer Gebäudeabschnitt im Norden an die schon stehende Produktionshalle angebaut werden. Er soll mit fast 1.200 unterirdischen Pfählen im Brandenburger Sandboden abgestützt werden.

Außerdem sind Gruben, die ins Grundwasser reichen, geplant. Das dürfte auf Kritik einer lokalen Tesla-kritischen Bürgerinitiative treffen, weil das Werk in einem Wasserschutzgebiet entsteht. Im Presswerk werden wahrscheinlich neue, besonders große Pressen der italienischen Firma Idra zum Einsatz kommen. Mit ihnen will Tesla Karosserien aus besonders wenig Einzelteilen herstellen und so Material sparen und die Steifigkeit der Karosserien erhöhen.

Tesla hat außerdem auf Bedenken zur Regenwasserversickerung reagiert. Regenwasser, das etwa auf das Fabrikdach oder andere versiegelte Flächen fällt, soll nun nicht mehr an einer, sondern an vier verschiedenen Orten im Boden versickert werden. Damit will Tesla laut Branchen-Insidern sicherstellen, dass im Trinkwasserschutzgebiet genug Regenwasser ins Grundwasser gelangt. Außerdem soll der Aufstieg von tieferem, salzigem Grundwasser vermieden werden.

Insgesamt rechnet Tesla damit, dass die Fabrik mehr Energie verbraucht. Der jährliche Strombedarf soll um knapp 20 Prozent auf 87 Megawatt im Jahr steigen. Auch der Verbrauch von Erdgas-Energie nimmt leicht zu.

Außerdem geht Tesla von mehr Verkehr aus: So sollen nun täglich bis zu 1.515 Lastwagen das Werk anfahren.

Der vieldiskutierte maximale Wasserverbrauch bleibt hingegen konstant.

Und schließlich nimmt anscheinend auch die von Musk angekündigte Rave-Höhle Gestalt an: Bei seinem letzten Besuch hatte er sie auf dem Fabrikdach angekündigt. Tatsächlich ist dort in den neuen Unterlagen ein "Pavillon" eingezeichnet.

Dürfen die das?

Aber während das Unternehmen wegen der vielen nachträglichen Änderungen seine Baupläne inzwischen schon zum dritten Mal öffentlich auslegen muss, hat Tesla weite Teile der Fabrik schon gebaut, mit insgesamt 15 Vorab-Zulassungen vom Landesumweltamt. Und in den Unterlagen kündigt das Unternehmen schon weitere Anträge auf Vorab-Zulassungen an. Ist das legal oder wird hier das Genehmigungsrecht ausgehöhlt? Ullrich Battis, Verwaltungsrechtler an Berliner Humboldt-Universität, sagt: "Das Verfahren ist größer geworden, aber das ändert nichts daran, dass solche vorzeitigen Zulassungen nach geltendem deutschen Recht erteilt werden können." Investoren könnten Fabriken mit Vorab-Zulassungen sogar bis zum Probebetrieb fertigstellen, wenn die Bedingungen stimmen. Battis betont aber auch: "Das volle Risiko liegt beim Investor." Tesla muss nämlich alles auf eigene Kosten wieder abreißen, wenn das Gesamtprojekt am Ende nicht genehmigt wird.

So sieht das auch Hans-Jürgen Müggenborg, Anwalt für Umwelt- und Technikrecht aus Aachen. Er vermutet aber eine Besonderheit beim Tesla-Projekt: "Das Vorhaben ist europaweit von Interesse. Ich nehme an, dass da von politischer Seite ein gewisser Druck herrscht. Es ist wahrscheinlich so, dass die Behörden da großzügiger sind." Großzügig waren die Genehmigungs-Beamten allem Anschein nach etwa, als es um 100 Millionen Euro Sicherheitsleistung von Tesla ging. Als das Unternehmen die nicht rechtzeitig zahlte, verlängerte das Landesumweltamt die Frist mehrere Male und gab sich schließlich mit einer Art Bürgschaft einer deutschen Tesla-Tochter zufrieden. Außerdem sagte der Brandenburgische Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) im vergangenen Jahr, dass die Behörden nicht jeden Genehmigungsantrag so schnell bearbeiten könnten wie den Teslas.

Aber ist das nur großzügig oder auch illegal?

Weder Ullrich Battis noch Hans-Jürgen Müggenborg sehen Hinweise auf Rechtsbrüche der Behörden. Aber Thorsten Deppner, Anwalt von Grüner Liga und Nabu in Brandenburg, ist anderer Meinung. "Vorab-Zulassungen brauchen eine positive Genehmigungsprognose", sagt Deppner. Das heißt, die Behörden dürfen die Vorab-Zulassungen nur erteilen, wenn die Genehmigung für das Gesamtprojekt wahrscheinlich ist. Diese Wahrscheinlichkeit sieht Deppner angesichts der aktuell ausgelegten "umfangreichen Neuplanungen" nicht gegeben.

Und Deppner hat noch ein Argument: Ein Gutachten hat ergeben, dass Tesla nicht gut darauf vorbereitet ist, wenn in der Fabrik etwa ein Schlauch reißt und giftige Kühlmittel auslaufen. Laut dem Sicherheitsgutachten, das auch den ausgelegten Unterlagen beiliegt, muss Tesla unter anderem dieses Szenario "vollständig neu betrachten". Deppner leitet daraus ab, dass die Genehmigung für das Gesamtprojekt derzeit nicht wahrscheinlich sei.

Deshalb hat Deppner als Vertreter von Grüner Liga und Nabu beim Verwaltungsgericht in Frankfurt (Oder) Widerspruch gegen die letzte Vorab-Zulassung eingelegt. Nun muss das Gericht entscheiden, ob sich die Behörden für Tesla zu weit aus dem Fenster gelehnt haben.

Sendung: Brandenburg Aktuell, 18.06.2021, 19:30 Uhr

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Beitrag von Philip Barnstorf

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