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Quelle: dpa/Patrick Pleul

E-Autowerk in Grünheide (Oder-Spree)

Tesla-Klärwerk sorgt für Ärger

Für Tesla soll ein neues Klärwerk in der Region entstehen. Aber Behörden streiten um den Grundstückspreis, ein Berliner Wasserversorger will einen anderen Standort. Und das sind nicht die einzigen Sorgen ums Tesla-Abwasser. Von Philip Barnstorf  

Derzeit darf das US-Unternehmen Tesla bis zu 0,9 Millionen Kubikmeter Abwasser im Jahr ins öffentliche Netz in Brandenburg leiten. Das ist in etwa so viel wie 20.000 Menschen im Jahr an Schmutzwasser produzieren und für eine Fabrik dieser Größe normal. Diese Menge soll der Wasserverband Strausberg-Erkner ins Klärwerk Münchehofe bei Hoppegarten (Märkisch-Oderland) pumpen und dort reinigen lassen. Aber wenn Tesla seine Fabrik in Grünheide (Oder-Spree) noch ausbaut, dürfte mehr Abwasser anfallen. Ein Bebauungsplan der Gemeinde geht von mehr als zwei Millionen Kubikmeter Schmutzwasser jährlich aus. Dafür soll ein zusätzliches Klärwerk her, das schon jetzt für Ärger sorgt.

"Der WSE ist nicht bereit, das zu zahlen"

Bauen soll es der regionale Wasserverband Strausberg Erkner (WSE) und zwar auf einem Grundstück südlich des Grünheider Gemeindeteils Freienbrink. Die Immobilie gehört allerdings derzeit noch dem Land und bei den Verkaufsverhandlungen hakt es: "Der Preis, den das Land gerne hätte, ist so am Markt vorbei, dass der WSE nicht bereit ist das zu zahlen", sagt WSE-Chef Andre Bähler. Den Planungsauftrag, den der WSE schon ausgeschrieben hatte, hat der Verband deshalb im August 2021 wieder zurückgezogen. Das Landesumweltamt äußert sich auf Nachfrage nicht zu dem Thema.

Gefahr fürs Berliner Trinkwasser?

Aber das ist nicht das einzige Problem: Nach derzeitigem Plan soll das Klärwerk das gereinigte Wasser in die Müggelspree ableiten. Die mündet nach wenigen Kilometern in den Müggelsee, an dessen Ufern die Berliner Wasserbetriebe (BWB) Trinkwasser für die Hauptstadt fördern. Die machen sich deswegen Sorgen: "Im geklärten Wasser bleiben immer Spuren etwa von Phosphor, Sulfat oder anderen Spurenstoffen zurück", sagt BWB-Sprecher Stephan Natz. Er fordert: "Wir wollen eine Einleitung des Abwassers in den Oder-Spree-Kanal und haben das den Brandenburger Behörden mitgeteilt." Dann flöße das gereinigte Wasser um den Müggelsee herum und mündete über die Dahme erst in Berlin-Köpenick in die Spree.

Das Landesumweltamt schreibt zu diesem Wunsch: "Bei einer Vorprüfung hatte sich die Müggelspree als am besten geeignet herausgestellt." Endgültig sei aber noch nichts entschieden. Generell gebe es keine Anzeichen für eine Gefährdung der Trinkwasser-Versorgung Berlins. BWB-Sprecher Stephan Natz fügt auf Nachfrage an: "Eine Einleitung in die Müggelspree wäre im Normalfall, wenn alles funktioniert, nicht schlimm. Aber jede Technik kann auch mal gestört sein. Wir haben da einfach eine ausgeprägte Sicherheits-Philosophie." Bleibt abzuwarten, welcher Standort es am Ende wird.

Klar ist: Wenn die Nachfrage stimmt, wird Tesla sein Werk bald ausbauen wollen. Das wird ohne zusätzliches Klärwerk kaum möglich sein.

Nicht nur Tesla leitet Sulfat ein

Aber auch zur vertraglich schon vereinbarten Abwasserentsorgung nach Münchehofe gibt es Befürchtungen. So will Tesla laut seiner öffentlich ausgelegten Baupläne Abwasser - etwa aus der Batteriefabrik - mit bis zu knapp 600 Milligramm Sulfat nach Münchehofe pumpen lassen. Das besorgt Jörg Lewandowski vom Leibniz Institut für Gewässerökologie. "Selbst die modernsten Klärwerke können Sulfat kaum entfernen", mahnt der Biologe. Seine Befürchtung ist, dass das Sulfat über die Brunnen der BWB am Müggelsee in Waschbecken und Duschen der Berliner landen könnten.

Etwas Sulfat im Trinkwasser ist gesund, aber zu viel verursacht Bauchschmerzen und greift die Badezimmer-Armaturen an. Ein Liter Trinkwasser darf in Deutschland deshalb höchstens 250 Milligramm Sulfat enthalten. "Das Wasser in den meisten der Trinkwasserbrunnen am Müggelsee hat schon ohne Tesla Sulfatgehalte knapp unter oder über dem Grenzwert", warnt Lewandowski weiter. Das liegt daran, dass etwa die Kohletagebaue in der Lausitz noch viel mehr Sulfat als Tesla über ihr Abwasser in die Spree einleiten. Viel wird zwar durch Zuflüsse in die Spree verdünnt, dennoch kommt einiges im Müggelsee an.

Berliner Wasserbetriebe nicht besorgt

Deshalb gibt auch BWB-Sprecher Stephan Natz zu: "Die Spree-nahen Brunnen sind relativ nah am Sulfat-Grenzwert." Sorgen macht Natz sich trotzdem nicht: "Das Wasser aus den Brunnen wird im Wasserwerk Friedrichshagen zu Trinkwasser aufbereitet. Und dieses Wasserwerk wird nicht nur vom Müggelsee, sondern von über 100 Brunnen versorgt, die über mehrere Kilometer verteilt liegen." Das Wasser der anderen Brunnen enthält viel weniger Sulfat und wird mit dem Wasser aus Spree-nahen Brunnen vermengt. Deshalb ist der Sulfatgehalt des Trinkwassers aus Friedrichshagen laut offiziellen Angaben unbedenklich. Natz sieht daher kein Problem durch zusätzliches Sulfat von Tesla.

Chemikalien seien kaum rauszufiltern

Jörg Lewandowski vom Leibniz-Institut sorgt sich außerdem, dass sogenanntes Benzotriazol das Wasser der Region schädigen könnte. Nahe des Münchehofers Klärwerks hat sein Institut schon erhöhte Werte dieser Chemikalie festgestellt, die etwa in Medikamenten, Lacken und Spülmaschinentabs enthalten ist. Einmal im Wasser sei Benzotriazol nur sehr schwer wieder rauszufiltern. In Seen und Flüssen kann es, laut eines SWR Berichts, das Hormonsystem von Fischen angreifen. Gesundheitliche Gefahren für Menschen werden derzeit noch untersucht.

Wie Tesla dem rbb mitteilte, soll Benzotriazol im Grünheider Werk "in sehr geringen Mengen zur Konditionierung des Kühlwassers eingesetzt werden". Es gelange aber nicht ins Abwasser, weil die Kühlkreisläufe in sich geschlossen seien. Werde das Kühlwasser ausgetauscht, sollten Spezialfirmen sich um die Entsorgung der giftigen Rückstände kümmern.

Damit das wirklich klappt und um Gefahren etwa bei Unfällen in der Fabrik vorzubeugen, kommt es nun auch auf die Behörden an. "Wenn es eine Genehmigung für Tesla geben sollte, werden da sehr viele Auflagen drinstehen", sagt Ulrich Stock vom Landesumweltamt. Diese Auflagen dürften Tesla auch zu umfangreichen Sicherheitsvorkehrungen beim Abwasser verpflichten.

Sendung: Antenne Brandenburg, 18.11.2021, 16:10 Uhr

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