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Quelle: dpa/J. Krick

Diskussion um Privilegien und Grundrechte

Eventim bringt Impfpass für Konzertbesuche ins Spiel

Wird die Bescheinigung über eine Corona-Impfung zur zweiten Eintrittskarte für Veranstaltungen? Eventim-Chef Schulenberg möchte, dass das zumindest ermöglicht wird. Das Computersystem des Ticketverkäufers könne bereits Impfausweise lesen.

Private Veranstalter sollten aus Sicht des Ticketverkäufers CTS Eventim in Zukunft zumindest die Möglichkeit haben, nur geimpfte Menschen für Veranstaltungen zuzulassen. "Wenn es genug Impfstoff gibt und jeder sich impfen lassen kann, dann sollten privatwirtschaftliche Veranstalter auch die Möglichkeit haben, eine Impfung zur Zugangsvoraussetzung für Veranstaltungen zu machen", sagte Eventim-Chef Klaus-Peter Schulenberg der "Wirtschaftswoche" [wiwo.de].

Das Unternehmen habe bereits seine Systeme so eingerichtet, dass sie auch Impfausweise lesen könnten. Die börsennotierte CTS Eventim ist Marktführer in den Bereichen Ticketing und Live Entertainment in Deutschland. Als Konzertveranstalter tritt Eventim über Tochterfirmen beispielsweise bei Festivals wie "Rock am Ring" in Erscheinung. "Je schneller die Bevölkerung geimpft ist, desto schneller können auch Veranstaltungen wieder stattfinden. Für uns steht aber im Vordergrund, einen Beitrag zu leisten, damit wir alle diese Pandemie baldmöglichst überwinden", erklärte Schulenberg.

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Dürfen Geimpfte "Privilegien" erwarten?

Grundsatz der Privatautonomie

Bundesjustizministerin Christina Lambrecht (SPD) wies darauf hin, dass das grundsätzlich legitim wäre. "Es macht einen großen Unterschied, ob der Staat Grundrechte einschränken muss oder ob Private Angebote für bestimmte Personengruppen machen möchten", sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland [rnd.de]. Privatunternehmen dürften im Grundsatz selbst bestimmen, mit wem sie Geschäfte machen möchten.

"Juristen sprechen hier vom Grundsatz der Privatautonomie. Wenn zum Beispiel die Restaurants wieder öffnen dürfen und ein Restaurantinhaber dann ein Angebot nur für Geimpfte machen möchte, wird man ihm dies nach geltender Rechtslage schwerlich untersagen können", betonte die Justizministerin.

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Andere Veranstalter halten wenig von dem Vorstoß

Der Veranstalter S-Promotion, der unter anderem mit dem Berliner Komiker Mario Barth und den Zauberkünstlern Ehrlich Brothers zusammenarbeitet, hält nichts von dem Eventim-Vorschlag. Es handele sich um eine "Impfpflicht für Konzertbesucher", erklärte das Unternehmen. Das sei ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot. "Wir distanzieren uns ganz klar von dieser absurden Idee", erklärte Geschäftsführer Stefan Schornstein.

Für Kinos ist ein Vorstoß wie der von CTS Eventim aus Sicht von Christian Bräuer, dem Vorsitzenden der AG Kino, aktuell ebenso eher nicht vorstellbar. Die Frage stelle sich auch noch gar nicht, weil viel zu wenige Menschen geimpft seien.

Kritik an Eventim während der Corona-Pandemie

Das Unternehmen Eventim war während der Corona-Pandemie in die Kritik geraten - vor allem im Zusammenhang mit der corona-bedingten Absage von Konzerten im vergangenen Jahr. Laut Verbraucherzentrale [verbraucherzentrale.de] weigerte sich das Unternehmen in vielen Fällen, den Ticketpreis zu erstatten oder Gutscheine auszustellen, sondern beharrte auf der Gültigkeit der Karten. Gab es eine Rückerstattung, klagten Verbraucher darüber [verbraucherzentrale-niedersachsen.de], dass Eventim einen Teil des Preises als Gebühren zurückbehielt.

Merkel: Derzeit keine besonderen Rechte für Geimpfte

Mit dem Vorstoß hat Eventim nun die Diskussion über vermeintliche Privilegien für Geimpfte befeuert. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am Dienstagabend in der ARD-Sendung "Farbe bekennen" betont, derzeit sei nicht klar, ob ein Geimpfter noch andere anstecken könne. Solange das nicht geklärt sei, könne es überhaupt keine besonderen Maßnahmen oder Rechte für Geimpfte geben.

Mit Blick auf Menschen, die sich später bei ausreichendem Impfangebot nicht immunisieren lassen wollen, fügte Merkel hinzu: "Dann muss man vielleicht schon solche Unterschiede machen und sagen: 'Ok, wer das nicht möchte, der kann vielleicht auch bestimmte Dinge nicht machen.'"

Die Frage über mögliche Vorteile für Geimpfte hat auch eine ethische Dimension. Am Donnerstag will der Deutsche Ethikrat um die Vorsitzende Alena Buyx eine Empfehlung "Besondere Regeln für Geimpfte?" vorstellen.

Sendung: Radioeins, 03.02.2021, 13:00 Uhr

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