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Video: rbb|24 | 25.10.2022 | Material: rbb24 Abendschau | Quelle: dpa/Sebastian Gabsch

Eilentscheidung des Berliner Verwaltungsgerichts

Sperrung der Friedrichstraße für Autos rechtswidrig

Die Sperrung der Friedrichstraße für den Autoverkehr ist rechtswidrig, das hat das Berliner Verwaltungsgericht in einer Eilentscheidung festgestellt. Verkehrssenatorin Jarasch will dennoch an einer Umwandlung der Straße zur Flaniermeile festhalten.

Auf der Berliner Friedrichstraße dürfen bald wieder Autos fahren. Das Berliner Verwaltungsgericht hat die Sperrung eines Teils der Straße für den Autoverkehr am Dienstag in einer Eilentscheidung für rechtswidrig erklärt.

Die entsprechenden Verkehrszeichen müssen innerhalb der nächsten zwei Wochen abgeräumt werden, ordnete das Gericht an. Gegen die Eilentscheidung kann der Senat aber noch Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht einlegen. Wie Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) in der rbb24 Abendschau sagte, prüft ihre Verwaltung nun eine solche Beschwerde.

Gericht: Verfahren zur Umwidmung nicht abgeschlossen

Für die Sperrung fehlten die Voraussetzungen, so das Gericht. Zwar hatte die Verkehrsverwaltung nach dem Ende eines Verkehrsversuchs beantragt, die Friedrichstraße zwischen Französischer und Leipziger Straße dauerhaft umzuwidmen. Das Verfahren ist aber nicht abgeschlossen. Für die Zwischenzeit dürfe der Senat nicht aus städtebaulichen Gründen die Sperrung anordnen - dies sei nur aus Gründen der Sicherheit und Ordnung im Straßenverkehr möglich. Eine konkrete Gefährdung liege aber nicht vor, so sieht es das Gericht.

Modellprojekt in Berlin-Mitte

Autofreie Friedrichstraße kostet dieses Jahr mehr als 200.000 Euro

Der Senat hatte die Schließung für den Autoverkehr vor allem damit begründet, dass die Aufenthaltsqualität in der Friedrichstraße verbessert werden solle. Auch führe die Sperrung dazu, dass die immer noch bestehende Widmung als Straße auch für Kraftfahrzeuge faktisch auf eine Entwidmung hinauslaufe, argumentierte das Verwaltungsgericht. Vor dem Abschluss des Verfahrens scheide eine Sperrung daher aus.

Geklagt hatte eine Geschäftsfrau, die dem Aktionsbündnis "Rettet die Friedrichstraße" angehört. Die Geschäftsleute beklagen die schlechtere Erreichbarkeit ihrer Geschäfte und wollen die Umwandlung in eine Fußgängerzone verhindern.

Giffey fordert zügiges Ende des Autoverbots

Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey hat nach dem Beschluss des Verwaltungsgerichts zur autofreien Friedrichstraße Konsequenzen gefordert. "Es ist jetzt ein Urteil gefallen, und ich erwarte, dass dieses Urteil zügig umgesetzt wird", sagte die SPD-Politikerin am Dienstag auch an die Adresse von Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Grüne).

Sie erinnerte daran, dass das Modellprojekt zur autofreien Friedrichstraße im Vorjahr beendet worden sei. Dennoch sei der Status Quo, also die Sperrung der Straße für Autos, nicht beendet worden - und zwar ohne Rechtsgrundlage, wie das Gericht nun bestätigt habe.

Für Radfahrer gesperrt

Berliner Friedrichstraße soll italienischer Piazza gleichen

Jarasch hält an Umwandlung in Flaniermeile fest

Jarasch konterte im rbb: "Ich bin mir nicht sicher, ob Franziska Giffey genau verstanden hat, worum es bei diesem Urteil ging." Laut der Senatorin bezieht sich das Urteil ausschließlich auf die Zeit, die zwischen dem Ende des Verkehrsversuchs und der Sperrung für den Autoverkehr, der sogenannten Teileinziehung, vergangen ist. "Nun hat das Gericht gesagt, das ist ein bisschen zu viel Zeit."

Trotz des Urteils und dem Widerstand der Regierenden hält Jarasch an den Verkehrsplänen für die Friedrichstraße fest. "Die Umwandlung in eine Flaniermeile, daran ändert sich gar nichts." Die Senatorin sieht darin "die einzige Chance" für die Händler in der Friedrichstraße. Bereits vor dem Verkehrsversuch seinen Geschäfte in der Straße Pleite gegangen.

Sie betonte zudem, dass sich Rot-Grün-Rot bereits in den Koalitionsverhandlungen auf die Umwandlung der Friedrichstraße verstädigt habe. "Und dieses Verfahren geht weiter, es geht ausschließlich um den Weg dahin – und das weiß auch Frau Giffey."

Nach Kritik am Projekt der autofreien Friedrichstraße plant Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Grüne), das 500 Meter lange Teilstück zwischen Leipziger und Französischer Straße zu einer reinen Fußgängerzone auch ohne Radverkehr umzugestalten. Der Fahrradverkehr soll in die parallel verlaufende Charlottenstraße verlegt werden.

Auch Opposition fordert Umsetzung des Urteils

Sebastian Czaja, Vorsitzender der FDP-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, übte nach dem Urteil scharfe Kritik am Berliner Senat. "Wenn die eigene Ideologie dazu führt, dass einem offensichtliche Rechtsvorschriften und die Anliegen der Menschen vor Ort egal sind, dann ist das zutiefst problematisch", teilte er mit.

Kai Wegner, Vorsitzender der CDU-Fraktion, stellte die Erwartung an den Senat, das Urteil zu akzeptieren. In einer ersten Stellungnahme kritisierte er, die Friedrichstraße sei zu einer "Rennstrecke für Fahrradfahrer" verkommen.

Die Vorsitzende der AfD-Fraktion, Kristin Brinker, forderte den Senat auf, "nicht weiteres Steuergeld vor Gericht zu verbrennen, sondern umgehend zu handeln und den rechtmäßigen Zustand wiederherzustellen".

Sendung: rbb24 Inforadio, 25.10.2022, 10:20 Uhr

 

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