rbb24
  1. rbb|24
  2. Panorama
Audio: Radioeins, 25.01.21, 7:20 Uhr | Quelle: dpa/Paul Zinken

Nach Corona-Ausbruch in Reinickendorf

Amtsarzt Larscheid verteidigt Quarantäne am Humboldt-Klinikum

Rund 1.500 Mitarbeiter und 400 Patienten sind betroffen: Nach dem Ausbruch einer Infektionswelle am Humboldt-Klinikum mit der Corona-Mutation B.1.1.7. sind viele Menschen in Quarantäne. Amtsarzt Larscheid verteidigt die Abschottung.

Nach der Schließung des Reinickendorfer Humboldt-Klinikums aufgrund des dortigen Coronaausbruchs hat der Reinickendorfer Amtsarzt Patrick Larscheid die Abschottung des Hauses verteidigt. Er sagte am Montag im rbb: "Wir hatten sehr starke Hinweise darauf, dass das ein Geschehen ist, was sich im Krankenhaus stärker verteilt hat und dann war uns ziemlich schnell klar, dass es gar keine andere Chance mehr gibt, wenn wir überhaupt noch etwas retten wollen, einfach zu sagen: 'Wir machen jetzt komplett dicht!'"

Das gesamte Haus stehe nun unter Quarantäne. Hintergrund dieser Entscheidung ist die Feststellung von Infektionen mit der hochansteckenden Corona-Mutation des Typs B.1.1.7. Die Quarantäne betrifft rund 1.500 Ärztinnen, Schwestern und Pfleger, Verwaltungsmitarbeiterinnen und technische Angestellte sowie rund 400 Patientinnen und Patienten, die derzeit in dem Krankenhaus behandelt werden.

"Es fing an, ein bisschen auszufasern"

Larscheid sagte zur Begründung der Schließung des Hauses, es habe sich immer deutlicher abgezeichnet, dass auch wenige andere Fälle, in denen die zuerst in Großbritannien beschriebene Virusvariante (B.1.1.7) entdeckt wurde, in Zusammenhang mit dem Krankenhausausbruch stehen: "Es fing an, so ein bisschen auszufasern."

Zudem habe es sehr starke Hinweise gegeben, dass sich das Geschehen möglicherweise im Humboldt-Klinikum schon stärker verteilt habe. Es sei nicht mehr deutlich gewesen, ob es sich um einen Ausbruch oder parallele Ausbrüche handle. Wie genau die Virusmutation in die Klinik gelangte, sei noch unklar - mehrere Hypothesen würden verfolgt, schilderte der Amtsarzt.

Der Reinickendorfer Amtsarzt Patrick Larscheid. | Quelle: dpa/Paul Zinken

Erster Fall offenbar auch in Spandau

Nach mehreren Infektionen mit der in Großbritannien entdeckten und als ansteckender geltenden Coronavirus-Variante nimmt das Klinikum bereits seit Samstag keine Patienten mehr auf. Routinescreenings in der Station für Innere Medizin und Kardiologie hatten am Samstag positive Nachweise bei 20 Personen ergeben. Neben 14 Patientinnen und Patienten seien sechs Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betroffen, wie die Klinik im Stadtteil Reinickendorf bestätigte.

Laut einem Bericht des "Tagesspiegel" ist inzwischen auch ein Patient im Vivantes-Klinikum Spandau von B.1.1.7 betroffen: Der Mann sei aus Reinickendorf dorthin verlegt worden und sei seitdem isoliert.

Der Virus-Typ B.1.1.7 war bisher vor allem in Großbritannien aufgetreten, ist inzwischen aber in mehreren Ländern nachgewiesen. Die Variante ist Experten zufolge leichter übertragbar und womöglich auch tödlicher als die bislang vorherrschende - hierzu gibt es allerdings noch keine eindeutigen Forschungsergebnisse. In Abstimmung zwischen Klinikum, Gesundheitsamt Reinickendorf und Robert Koch-Institut gilt auf Anordnung des Gesundheitsamtes daher ein vorläufiger Aufnahmestopp. Durch die Maßnahme soll die Ausbreitung der Virusvariante in Berlin eingedämmt werden.

Mehr zum Thema

Varianten des Coronavirus

Was wir zu den verschiedenen Mutationen wissen und was nicht

Etwa 2.000 Menschen unter Quarantäne

Um den Betrieb am Laufen halten zu können, werden ab Montag Hunderte Mitarbeiter der Reinickendorfer Vivantes-Klinik mit Charter-Bussen der BVG (Berlkönig) durch Berlin pendeln. Mit dieser sogenannten Pendelquarantäne sollen Masseninfektionen durch die mutierte Coronavirus-Variante verhindert werden. Die Kleinbusse sollen als Sammeltaxen das diensthabende Personal zu Hause abholen und nach der Schicht heimfahren, um Kontakte mit Außenstehenden möglichst kleinzuhalten.

Müller strikt gegen Lockerungs-Debatten

Angesichts des Ausbruchs in Reinickendorf warnte der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) vor Debatten über Lockerungen der Coronamaßnahmen nach dem zunächst bis Mitte Februar vereinbarten Lockdown. "Jetzt über konkrete Daten für Lockerungen zu sprechen, wo wir kaum absehen können, wie sich die britische Mutante in den nächsten drei Wochen auswirkt, halte ich aktuell für wenig sinnvoll", sagte Müller der "Berliner Zeitung" (Montag-Ausgabe).

Der Ausbruch am Humboldt-Klinikum bereite ihm große Sorgen, so Müller. "Es muss jetzt alles darangesetzt werden, die Infektionszahlen weiter zu senken, und da sind wir bundesweit, aber vor allem auch in Berlin, auf dem richtigen Weg. Ein unbedachter Abbruch dieses Wegs wäre fatal."

Sendung: Radioein, 25. 1. 2021, 7. 20 Uhr

Artikel im mobilen Angebot lesen