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Quelle: dpa/Robert Kneschke

Interview | Hygieneregeln bei Corona-Infektion

"Man muss nicht wie ein Wilder alles schrubben und desinfizieren"

Die Omikron-Welle hat die Region voll im Griff, immer mehr Menschen müssen in Quarantäne oder Isolation. Welche Hygieneregeln müssen Betroffene beachten? Und ab wann kann man wieder Besuch empfangen? Fragen an den Hygienemediziner Ernst Tabori.

rbb|24: Herr Tabori, immer mehr Menschen müssen sich wegen einer Corona-Infektion in häusliche Quarantäne und Isolation begeben. Was müssen Betroffene unbedingt beachten, sobald eines ihrer Haushaltsmitglieder infiziert ist?

Ernst Tabori: Das Wichtigste auch innerhalb einer Familie ist in diesem Fall letztlich die Kontaktbeschränkung, weil das Virus primär über Tröpfchen und Aerosole beim direkten Kontakt übertragen wird. Deswegen sollte der Kontakt auch innerhalb der Familie, was natürlich viel schwieriger ist als woanders, reduziert werden. Mahlzeiten sollten nicht gemeinsam eingenommen werden, die infizierte Person sollte sich möglichst isoliert von den anderen in einem eigenen Raum aufhalten. Das ist sicher bei erwachsenen Personen einfacher. Mit Kindern ist das natürlich schwieriger.

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Aber was können Eltern von infizierten Kindern da machen? Auf Distanz gehen ist hier ja unmöglich.

Wenn man das erkrankte Kind versorgt, sollten auch Eltern oder Geschwister bei engem Kontakt eine FFP2-Maske tragen. Dadurch wird schon mal dieser Übertragungsweg deutlich abgeschwächt, weil die Tröpfchen und Aerosole in der Maske hängen bleiben. Die beste Schutzmaßnahme für Eltern ist natürlich die Impfung. Sie ist das stärkste Schutzschild, das wir gegen eine Infektion haben.

An welche häuslichen Hygienemaßnahmen muss man denken? Wie werden beispielsweise gebrauchte Taschentücher, benutzte Antigen-Schnelltests oder auch Hygieneartikel wie Damenbinden am sichersten entsorgt?

Grundsätzlich können sowohl die Tests wie auch sämtliches anderes Material, das vom Infizierten stammt, einschließlich Taschentücher, über den normalen Hausmüll entsorgt werden, da muss man keine besonderen Maßnahmen ergreifen. Aber selbstverständlich sollte sichergestellt sein, dass keiner noch mal in Kontakt damit kommt. Solche Materialien sollten in einem Müllbeutel gesammelt und dann in kurzen Abständen in verschlossenen Müllsäcken in der Mülltonne verschwinden. Man muss sicherstellen, dass kein Nicht-Infizierter damit in Berührung kommt. Den Müll sollte man – was natürlich immer gilt - nicht mit den Händen aus dem Abfalleimer herausnehmen, um ihn dann in die Mülltonne zu werfen.

Grundsätzlich ist bei Infektionsfällen im eigenen Haushalt selbstverständlich immer die Handhygiene unverzichtbar. Nicht nur wegen Corona, denn die vielen anderen Infektionskrankheiten sind ja nicht im Winterschlaf. Viele der anderen Erreger - von Atemwegs- oder Magen-Darm-Infektionen zum Beispiel - werden eben vor allem über die Hände übertragen.

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Wie oft sollte in einem Haushalt mit Corona-Infektion Bettwäsche und Handtücher gewechselt werden? Und wie müssen diese Dinge und auch Kleidungsstücke gewaschen werden?

Das muss man mit einem Vollwaschmittel bei 60 Grad waschen, das ist ausreichend. Glücklicherweise wissen wir ja schon relativ lang, dass der Erreger einer Corona-Infektion nicht umweltresistenter als andere Erkältungserreger ist. Die Bettwäsche wechseln würde ich nach der überstandenen Infektion. Das sind im Allgemeinen fünf, sieben oder gelegentlich bis zu zehn Tage. Regulär ist die Infektion vorbei, wenn jemand danach über zwei Tage symptomfrei ist, dann wäre ein guter Zeitpunkt für den Bettwäschewechsel. Wenn das Bettzeug durchgeschwitzt ist, weil man z.B. Fieber hatte, selbstverständlich auch früher.

Und in welchem Maß sollte in der Wohnung geputzt werden?

Beim Reinigen von Oberflächen, also von Türklinken, Sanitäranlagen und Mobiliar, genügen im Grunde normale Maßnahmen. Man braucht keine speziellen Desinfektionsmittel oder besonders aggressive Reinigungsmittel, weil das Virus gut mit normalen Reinigungsmitteln abgewaschen werden kann oder inaktiviert wird. Es reichen also milde Haushaltsreiniger. Desinfizieren muss man in der Wohnung nicht.

Wenn ein Infizierter die Toilette aufsucht oder sonst im Haushalt unterwegs ist, ist es sehr unrealistisch, dass man jedes Mal hinter ihm her desinfiziert, und eben auch nicht notwendig. Der Infizierte muss vor allem darauf achten, dass er sich die Hände wäscht, nachdem er auf der Toilette war. Natürlich wäre es ideal, wenn im Haushalt die Möglichkeit besteht, dass der Infizierte einen eigenen Bereich mit separaten Sanitärräumen nutzen kann – aber das wird eine übliche Wohnung nur selten bieten können.

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Nehmen wir an, eine dreiköpfige Familie ist komplett infiziert und isoliert sich zuhause – müssen auch hier gewisse Hygienemaßnahmen ergriffen werden?

Nein. Wenn alle in einem Haushalt mit dem gleichen Erreger infiziert sind, dann trifft die Absonderungsforderung für die drei untereinander innerhalb ihrer Wohnung nicht mehr zu, denn alle setzen sich ja mit dem Virus auseinander. Für sie gilt die Isolation gegenüber ihren Mitmenschen, zu denen sie keinen Kontakt haben sollten, weder als Gruppe noch als einzelne Person. Wenn alles gut läuft, die Betroffenen also nicht schwer erkranken, dann werden sie nach fünf bis zehn Tagen auch die Symptome besiegt haben. Ein Infektions-Pingpong, bei dem sie sich immer gegenseitig anstecken, ist nicht zu befürchten.

Wenn alle drei zur gleichen Zeit infiziert sind, womöglich von der gleichen Quelle, haben sie auch denselben Stamm. Das heißt, sie entwickeln alle eine Abwehr gegen das gleiche Virus, und dann spielt es keine Rolle, ob es die Viren sind, die man in sich selbst repliziert oder die Viren, die vom Ehepartner oder vom Kind stammen.

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Und was ist mit Gegenständen des täglichen Gebrauchs, also Zahnbürsten oder auch angebrochene Lebensmittel? Sollte man nach überstandener Infektion das alles besser austauschen beziehungsweise wegwerfen?

Im Grunde infiziert man sich mit Corona ja nicht an sich selbst. Wenn die Zahnbürste ohnehin nicht mehr das neueste Produkt ist, dann wäre das eine gute Gelegenheit, sie zu wechseln. Genauso Handtücher und so weiter. Man braucht kein Hokuspokus. Und für angebrochene Lebensmittel gilt: Wir haben seit Beginn der Pandemie keine ernsthaften oder belastbaren Daten, dass über Oberflächen oder gar über Nahrungsmittel das Virus übertragen wird.

Zu Beginn der Pandemie wurde ja noch diskutiert, ob man Päckchen annehmen sollte oder vorher desinfizieren oder was auch immer. Da wusste man nicht hinreichend, welche Eigenschaften das neue Virus mitbringt. Mittlerweile wissen wir, dass auf diesem Weg keine Infektionsübertragung stattfindet. Sie geschieht per Tröpfchen und Aerosole - und nicht über Oberflächen und schon gar nicht über Nahrungsmittel - im Gegensatz zu Salmonellen oder Noroviren. Die angebrochene Müslipackung dürfen Sie also durchaus noch leer essen.

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Abschlussfrage: Wenn jetzt ein Haushalt die Infektion überstanden hat und auch Antigen-Schnelltests wieder negativ ausfallen – wann kann man zuhause mit gutem Gewissen wieder Gäste empfangen?

Das Robert-Koch-Institut hat sich da ja diesbezüglich ganz klar geäußert: Zehn Tage Isolationsdauer von Infizierten. Wenn diese 48 Stunden zuvor symptomfrei waren, dann können sie sich bereits nach sieben Tagen freitesten. Ab da darf derjenige oder diejenige auch wieder Kontakt zu Mitmenschen haben, also zur Arbeit gehen oder am gesellschaftlichen Leben teilnehmen. Allerdings spricht auch nichts dagegen, wenn man sich damit sicherer fühlt, noch drei oder fünf weitere Tage zu warten, bis zuhause wieder Gäste empfangen werden.

Das Virus hat wie gesagt keine herausragende Umweltstabilität. Auf Oberflächen kann es sich im Labor, je nach Material, über Stunden bis wenige Tage halten, bis es von sich aus inaktiv wird. Man muss jetzt nicht durch die Wohnung rasen und wie ein Wilder alles schrubben und desinfizieren, das braucht man nicht. Man sollte eine für die eigenen Bedürfnisse passende Sauberkeit in der Wohnung herstellen, so dass man sich wohlfühlen kann.

Herr Tabori, ich danke Ihnen für das Gespräch.

Das Interview führte Frank Preiss, rbb|24.

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