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Audio: Inforadio | 28.02.2022 | Franziska Hoppen | Quelle: DPA/Sina Schuldt

Zwei Wochen vor Stichtag

Mitarbeitende im Berliner Gesundheitswesen sehen bei Impfpflicht noch offene Fragen

Zwei Wochen noch, dann soll sie kommen: Die Impfpflicht für Mitarbeitende in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen oder bei der Feuerwehr. Doch in Berlin scheinen nach wie vor entscheidende Fragen offen zu sein. Von Franziska Hoppen

Was Bärbel Arwe, Geschäftsführerin der Caritas Altenhilfe in Berlin, dem Gesundheitsausschuss berichtet, klingt besorgniserregend: Sie fürchtet mit der Impfpflicht ab dem 15. März Engpässe in der Pflege. Von ihren 1.200 Mitarbeitenden seien gut zehn Prozent nicht geimpft. "Wir steuern schon jetzt in eine systematische Überlastung und einen Versorgungsnotstand in der Pflege", sagt Arwe. An einer ihrer Sozialstationen seien 27 Prozent der Mitarbeiter nicht geimpft – 14 Personen. Könnten sie ab Mitte März nicht mehr arbeiten, müsste die Caritas zwischen 40 und 50 der Klienten dort kündigen.

Ähnlich düster ist das Szenario, das Lars Wieg von der Berliner Feuerwehr zeichnet. Dort sei das Personal ohnehin "auf Kante genäht". Dürften die acht Prozent der ungeimpften Mitarbeiter nicht mehr zur Arbeit erscheinen, hätte Berlin ein echtes Problem, so Wieg. "Irgendwann kommt dann nach dem Notruf schon ein Auto", sagt Wieg, "nur eben später."

Gote konkretisiert Pläne

So will Berlin die Impfpflicht im Gesundheitswesen umsetzen

Die Berliner Gesundheitssenatorin hat Details zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht mitgeteilt. Ungeimpfte Mitarbeiter sollen zentral bei einer Stelle des Lageso gemeldet werden. Man wolle konsequent sein, die Versorgungssicherheit aber immer im Blick behalten.

Viele Fragen offen

Der Gesundheitsausschuss hat mehrere Gäste aus dem medizinischen und pflegenden Bereich geladen. Und sie alle sorgen sich: Was, wenn bis zum 15. März die Impfskeptiker unter ihren Mitarbeitenden nicht überzeugt werden können? Wer ersetzt sie? Und überhaupt - wie soll die Umsetzung funktionieren? Wer meldet den Impfstatus der Mitarbeitenden wann wohin? Wer verhängt die Strafen und wie sollen die aussehen? Fragen über Fragen an die Gesundheitsverwaltung.

Die Linke-Abgeordnete Stefanie Fuchs fasst die Kritik, die darin mitschwingt, so zusammen: Seit Dezember hätte man in Berlin von der Impfpflicht gewusst. Sie sei erschüttert, dass die hier geladenen Gäste so kurz vor knapp trotzdem noch maximal in der Luft hingen.

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Zentrale Meldestelle beim Lageso geplant

Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) kann diese Kritik nicht ganz nachvollziehen. Hätte man andere Gäste geladen, hätten sie wohl ein anderes Bild gezeichnet. Es sei keinesfalls so, sagte sie, dass nichts bekannt und geplant sei, im Gegenteil. Dass es länger gedauert habe, liege daran, dass einige Vorgaben vom Bund erst sehr spät kamen. Es habe intensiven Austausch gegeben, Krankenhäuser und Gesundheitsstadträte seien im Detail involviert gewesen. Nun stimmen Verbände und Träger nach intensivem Austausch noch über die konkreten Schritte ab.

Bei einem Punkt seien sich jedoch alle einig, betont Gote: Berufsverbote werden nicht ausgesprochen, wenn die Versorgung von Menschen gefährdet ist. Das Szenario, dass ein Schlaganfall-Patient nicht schnell genug versorgt werden könne, das "werde nicht passieren. Genau das meinen wir: Die Versorgungssicherheit darf nicht gefährdet sein!"

Zudem habe man sich geeinigt, dass es beim Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) eine zentrale Meldestelle geben soll. Diese Frage war lange offen. Das heißt nun: Mitarbeitende sollen bis zum 15. März ihren Einrichtungen ihren Impfstatus mitteilen. Die Einrichtungen leiten die Infos dann an das Lageso weiter. Das wiederum prüft sie priorisiert - zuerst die Meldungen der Krankenhäuser, zuletzt die der ambulanten Pflegedienste.

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Richtig konkret ist der Plan der Verwaltung noch nicht

Danach haben die Gesundheitsämter das Sagen: Sie sollen laut Gote die Sanktionen für Ungeimpfte aussprechen, also etwa Bußgelder oder Betretungsverbote erteilen. Und weil dieser ganze Prozess dauert, könnten zwischen Meldung und Verbot mindestens drei Monate vergehen. Auch das ist also eine Entwarnung vor der Angst vor einem Versorgungsengpass ab Mitte März.

Gotes Fazit ist, ihre Gesundheitsverwaltung sei keineswegs unvorbereitet: Sie handele viel mehr mit Augenmaß. "Wir setzen die Impfpflicht bedachtsam um", so die Senatorin, "von heute auf morgen werden die Einrichtungen nicht auf eine Situation gestellt, dass sie nicht mehr handlungsfähig sind."

Dennoch, ein paar Fragen werden weiterhin offenbleiben, mindestens bei den Gesundheitsämtern. Denn diese hatten sich in der Vergangenheit dagegen ausgesprochen, die Impfpflicht umzusetzen. Es gebe nicht genug Personal, das Ganze sei nicht ihre Aufgabe. Richtig konkret ist der Plan der Gesundheitsverwaltung zwei Wochen vor Beginn der Impfplicht also nicht.

Sendung: Abendschau, 28.02.2022, 19.30 Uhr

Beitrag von Franziska Hoppen

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