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Audio:| Inforadio | 21.05.2017 | Thorsten Gabriel | Quelle: dpa

Sondersitzung am Montag

Weitere Manipulationen in Amri-Akten entdeckt

Ein weiterer Anhaltspunkt erhärtet nun den Verdacht: Ermittler könnten die Akten im Fall Anis Amri manipuliert haben. Zu den veränderten Telefonprotokollen kommen nun offenbar veränderte Angaben zum Umfeld des Terroristen. Am Montag gibt es eine Sondersitzung im Abgeordnetenhaus.

Der Skandal um gefälschte oder nun erst entdeckte Akten zum Weihnachtsmarkt-Attentäter Anis Amri beim Berliner Landeskriminalamt (LKA) weitet sich aus. Eine entsprechende Meldung der "Berliner Morgenpost" am Sonntag bestätigte die Innenverwaltung dem rbb.

Dem Zeitungsbericht zufolge sollen nicht nur Angaben zu Amri verändert, sondern auch Namen aus seinem Umfeld im Drogenmilieu gelöscht worden sein. "Damit verfestigt sich der Eindruck, dass es sich bei den ersten Löschungsversuchen nicht um Zufall handelt", sagte Innensenator Andreas Geisel (SPD) der Zeitung. Ein Sprecher der Innenverwaltung sagte dazu der Deutschen Presse-Agentur: "Das ist momentan der Stand." Möglicherweise sei damit versucht worden, das Ausmaß des Drogenhandels von Anis Amri zu verharmlosen und Fehler zu vertuschen.

Geisel sieht sich bestätigt: Anzeige ist richtig

In der vergangenen Woche hatte der Senator darüber informiert, dass das Berliner LKA Fehler im Fall Amri vertuscht haben könnte. Demnach hatten Beamte Amri in einem Vermerk vom 1. November 2016 als aktiven und gewerbsmäßigen Drogenhändler eingestuft. Laut Geisel hätte der Bericht ausgereicht, um Amri zu verhaften. Doch der Bericht wurde nicht weitergeleitet.

Im Januar dann, also vier Wochen nach dem Terroranschlag mit zwölf Toten, hatte dann jemand ein neues Dokument mit einem gekürzten und veränderten Text erstellt. Darin hieß es, Amri habe nur "möglicherweise Kleinsthandel" mit Drogen betrieben. Dieses Dokument war auf den 1. November rückdatiert worden.

Es sei richtig gewesen, Anzeige wegen Strafvereitelung im Amt und Urkundenfälschung zu stellen, sagte Geisel der "Berliner Morgenpost". Ermittelt wird derzeit gegen mindestens zwei Kripo-Beamte. Der Sprecher des Senators sagte, die Untersuchungen der Akten liefen weiter.

Ermittler vor dem Innenausschuss

Am Montag kommt der Innenausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses zu einer Sondersitzung zusammen, um über Fall zu sprechen. Innensenator Geisel und Polizeipräsident Klaus Kandt wollen über die Ermittlungen gegen den islamistischen Attentäter informieren. Auch der externe Sonderermittler Bruno Jost soll dabei sein.

Amri war im Dezember 2016 mit einem zuvor gekaperten Lastwagen auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz gefahren. Er tötete zwölf Menschen. Der 24-Jährige wurde dann nach wenigen Tagen auf der Flucht in Mailand von italienischen Polizisten erschossen.

Opferanwalt Schulz erwägt deshalb auch, die beschuldigten Beamten wegen fahrlässiger Tötung anzuzeigen. "Hätte man Amri im November verhaftet, so wäre es wohl nie zu diesem fürchterlichen Anschlag gekommen", sagte Schulz dem "Focus".

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