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Video: rbb24 spezial | 28.09.2022 | Moderation: Andrea Vannahme | Quelle: dpa-news/Hauke-Christian Dittrich

Fragen und Antworten

Das sollten Sie zu einer möglichen Wahlwiederholung in Berlin wissen

Nach dem Chaos bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksparlamenten könnten die Berliner:innen erneut an die Urnen gerufen werden. Doch was, wenn man inzwischen umgezogen ist? Und gibt es jetzt wieder Wahlkampf?

Bei der Vorbereitung und Durchführung der Wahlen im September 2021 gab es nach Einschätzung des Berliner Verfassungsgerichts eine Vielzahl von schweren Wahlfehlern. Nach der vorläufigen Einschätzung der Juristen müssen sich Politikerinnen und Politiker in der Hauptstadt auf eine komplette Wiederholung einstellen. Das wurde bei der mündlichen Verhandlung am Mittwoch deutlich.

Für die User:innen von rbb|24 haben sich daraus Fragen ergeben. Die ersten beantworten wir im Folgenden. Gerne können Sie unter dem Text weitere Fragen posten.

Wann wird denn die Wahl - sollte es dazu kommen - wiederholt?

Der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin will am 16. November seine Entscheidung zur Gültigkeit der Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus sowie den Bezirksverordnetenversammlungen verkünden.

Sollten die Richterinnen und Richter zu dem Entschluss kommen, dass die Wahlen nicht rechtens waren, müsste in ganz Berlin neu gewählt werden. Für eine Wiederholungswahl bleibt dem Landeswahlleiter eine Frist von 90 Tagen nach dem Gerichtsentscheid.

Berliner Verfassungsgericht

Gericht hält "vollständige Ungültigkeit" der Berlin-Wahl für möglich

Schlechte Vorbereitung, chaotischer Ablauf: Bei den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksverordnetenversammlungen zeichnet sich eine Wiederholung ab. Das wurde bei einer ersten Verhandlung des Verfassungsgerichts deutlich.

Wie ist das, wenn man zwischenzeitlich in einen anderen Bezirk gezogen ist?

Dann wählt man in dem Bezirk, in dem man dann wohnt.

Was ist, wenn inzwischen jemand gestorben ist?

Dann kann derjenige aus verständlichen Gründen nicht mehr wählen.

Dürfen bei der Wiederholungswahl auch die wählen, die erst dann stimmberechtigt sind, also nach der Wahl 18 wurden?

Ja. Wenn man nach der Wahl 18 geworden ist, bzw. 16 für die BVV-Wahlen, darf man bei der Wahlwiederholung wählen. Da die Wahl schon länger als sechs Monate her ist, muss ein neues Wahlverzeichnis erstellt werden. Und darin aufgenommen werden (wenn das Landesverfassungsgericht nicht noch etwas anderes vorgibt) alle, die zum Zeitpunkt der Wiederholungswahl wahlberechtigt sind (nach Alter und Wohnsitz).

Sind dann alle Entscheidungen von "RGR" obsolet oder dürfen angefochten werden?

Nein, das hatte die Landesverfassungsrichterin am Mittwoch explizit gesagt: Alle Beschlüsse der amtierenden Regierung gelten, und die aktuelle Regierung ist bis zur nächsten Wahl auch ganz normal geschäftsfähig.

Darf RGR dann bis zur Neuwahl (wichtige) Entscheidungen treffen?

Das darf der Senat, wenn er es für klug hält.

Im Fall einer Wahlwiederholung: Wann wird danach wieder regulär gewählt?

Die aktuelle Legislaturperiode läuft auch im Fall einer Wahlwiederholung weiter. Das hat die amtierende Wahlleiterin, Ulrike Rockmann, bestätigt. Das heißt, die nächste reguläre Abgeordnetenhauswahl findet auch dann 2026 statt.

Gibt's bei einer Wiederholungswahl auch wieder einen dicken Wahlkampf? Haben die Parteien Geld dafür?

So dick wie vor einer "normalen" Wahl wird es vermutlich nicht. Es ist ja auch gar nicht mehr so viel Zeit für die Vorbereitung. Aber einen Wahlkampf dürfte es schon geben.

Unklar ist, inwieweit sich die Parteien dann gegeneinander positionieren - vor allem bei den jetzigen Koalitionspartnern SPD, Grüne und Linke. Diese haben ja vermutlich auch ein Interesse daran, (gemeinsam) weiter zu regieren.

Wahlchaos in Berlin

Verfassungsrechtler äußert Zweifel an flächendeckenden Neuwahlen

Nachdem das Berliner Verfassungsgericht komplette Neuwahlen in Berlin für möglich hält, zeigt sich Verfassungsrechtler Pestalozza verwundert. Ex-Innensenator Geisel weist unterdessen Rücktrittsforderungen zurück.

Wäre eine Teilwahlwiederholung nicht zu Ungunsten von kleineren Parteien, die ja dann kaum eine Chance hätten, weil schon vor der Wahl feststehen würde, dass die Vertreter dieser Parteien bei noch so vielen Stimmen im Wahlbezirk nie einziehen werden. Wäre eine komplette Neuwahl des AGH somit nicht besser?

Was besser wäre, liegt immer auch im Auge des Betrachters. Wenn das Landesverfassungsgericht bei seiner Linie bleibt, kommt eine Teilwahlwiederholung allerdings auch gar nicht in Betracht.

Die politische Lage ist seit dem Ukraine-Krieg und der Energiekrise völlig anders. Kann das, das Resultat der Wahlen komplett auf den Kopf stellen?

Das ist immer das Problem mit solchen Wahlen: Die Situation ist immer eine andere, als am eigentlich geplanten Wahltag. Es zählt dann aber das Ergebnis der Wiederholungswahl.

Ist das nicht unfair gegenüber den Gewinnern der letzten Wahl?

Eine fast philosophische Frage. Ja - einerseits. War es aber nicht auch unfair denjenigen gegenüber, die nicht wählen konnten, nicht gewählt wurden, nicht richtig gezählt wurden usw.? Aber das Grundproblem bleibt: Der Fehler ist im Grunde lediglich formalrechtlich zu heilen. Weil die Uhren nicht zurückgedreht werden können, ist eine identische Wiederholung inklusive aller Rahmenbedingungen nicht möglich. Es ist eben in der Zwischenzeit Zeit vergangen und beispielsweise der Ukrainekrieg lässt die Welt am potentiellen Wahlwiederholungstag anders aussehen.

Kann das Bundesverfassungsgericht oder ein anderes Gericht die Entscheidung für Neuwahlen kippen?

Wenn, dann könnte das nur das Bundesverfassungsgericht. Ob das eine Verfassungsbeschwerde annimmt, ist nicht klar. Als in Hamburg einmal eine Wahl wiederholt werden musste, hatte das Bundesverfassungsgericht eine Beschwerde nicht angenommen.

Sendung: rbb Spezial, 28.09.2022, 20:15 Uhr

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