Fragen und Antworten - Das sollten Sie zu einer möglichen Wahlwiederholung in Berlin wissen

Do 06.10.22 | 13:10 Uhr
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Wähler warten am 26.9.21 auf ihre Stimmenabgabe in Berlin (Bild: dpa-news/Hauke-Christian Dittrich)
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Video: rbb24 spezial | 28.09.2022 | Moderation: Andrea Vannahme | Bild: dpa-news/Hauke-Christian Dittrich

Nach dem Chaos bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksparlamenten könnten die Berliner:innen erneut an die Urnen gerufen werden. Doch was, wenn man inzwischen umgezogen ist? Und gibt es jetzt wieder Wahlkampf?

Bei der Vorbereitung und Durchführung der Wahlen im September 2021 gab es nach Einschätzung des Berliner Verfassungsgerichts eine Vielzahl von schweren Wahlfehlern. Nach der vorläufigen Einschätzung der Juristen müssen sich Politikerinnen und Politiker in der Hauptstadt auf eine komplette Wiederholung einstellen. Das wurde bei der mündlichen Verhandlung am Mittwoch deutlich.

Für die User:innen von rbb|24 haben sich daraus Fragen ergeben. Die ersten beantworten wir im Folgenden. Gerne können Sie unter dem Text weitere Fragen posten.

Wann wird denn die Wahl - sollte es dazu kommen - wiederholt?

Der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin will am 16. November seine Entscheidung zur Gültigkeit der Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus sowie den Bezirksverordnetenversammlungen verkünden.

Sollten die Richterinnen und Richter zu dem Entschluss kommen, dass die Wahlen nicht rechtens waren, müsste in ganz Berlin neu gewählt werden. Für eine Wiederholungswahl bleibt dem Landeswahlleiter eine Frist von 90 Tagen nach dem Gerichtsentscheid.

Wie ist das, wenn man zwischenzeitlich in einen anderen Bezirk gezogen ist?

Dann wählt man in dem Bezirk, in dem man dann wohnt.

Was ist, wenn inzwischen jemand gestorben ist?

Dann kann derjenige aus verständlichen Gründen nicht mehr wählen.

Dürfen bei der Wiederholungswahl auch die wählen, die erst dann stimmberechtigt sind, also nach der Wahl 18 wurden?

Ja. Wenn man nach der Wahl 18 geworden ist, bzw. 16 für die BVV-Wahlen, darf man bei der Wahlwiederholung wählen. Da die Wahl schon länger als sechs Monate her ist, muss ein neues Wahlverzeichnis erstellt werden. Und darin aufgenommen werden (wenn das Landesverfassungsgericht nicht noch etwas anderes vorgibt) alle, die zum Zeitpunkt der Wiederholungswahl wahlberechtigt sind (nach Alter und Wohnsitz).

Sind dann alle Entscheidungen von "RGR" obsolet oder dürfen angefochten werden?

Nein, das hatte die Landesverfassungsrichterin am Mittwoch explizit gesagt: Alle Beschlüsse der amtierenden Regierung gelten, und die aktuelle Regierung ist bis zur nächsten Wahl auch ganz normal geschäftsfähig.

Darf RGR dann bis zur Neuwahl (wichtige) Entscheidungen treffen?

Das darf der Senat, wenn er es für klug hält.

Im Fall einer Wahlwiederholung: Wann wird danach wieder regulär gewählt?

Die aktuelle Legislaturperiode läuft auch im Fall einer Wahlwiederholung weiter. Das hat die amtierende Wahlleiterin, Ulrike Rockmann, bestätigt. Das heißt, die nächste reguläre Abgeordnetenhauswahl findet auch dann 2026 statt.

Gibt's bei einer Wiederholungswahl auch wieder einen dicken Wahlkampf? Haben die Parteien Geld dafür?

So dick wie vor einer "normalen" Wahl wird es vermutlich nicht. Es ist ja auch gar nicht mehr so viel Zeit für die Vorbereitung. Aber einen Wahlkampf dürfte es schon geben.

Unklar ist, inwieweit sich die Parteien dann gegeneinander positionieren - vor allem bei den jetzigen Koalitionspartnern SPD, Grüne und Linke. Diese haben ja vermutlich auch ein Interesse daran, (gemeinsam) weiter zu regieren.

Wäre eine Teilwahlwiederholung nicht zu Ungunsten von kleineren Parteien, die ja dann kaum eine Chance hätten, weil schon vor der Wahl feststehen würde, dass die Vertreter dieser Parteien bei noch so vielen Stimmen im Wahlbezirk nie einziehen werden. Wäre eine komplette Neuwahl des AGH somit nicht besser?

Was besser wäre, liegt immer auch im Auge des Betrachters. Wenn das Landesverfassungsgericht bei seiner Linie bleibt, kommt eine Teilwahlwiederholung allerdings auch gar nicht in Betracht.

Die politische Lage ist seit dem Ukraine-Krieg und der Energiekrise völlig anders. Kann das, das Resultat der Wahlen komplett auf den Kopf stellen?

Das ist immer das Problem mit solchen Wahlen: Die Situation ist immer eine andere, als am eigentlich geplanten Wahltag. Es zählt dann aber das Ergebnis der Wiederholungswahl.

Ist das nicht unfair gegenüber den Gewinnern der letzten Wahl?

Eine fast philosophische Frage. Ja - einerseits. War es aber nicht auch unfair denjenigen gegenüber, die nicht wählen konnten, nicht gewählt wurden, nicht richtig gezählt wurden usw.? Aber das Grundproblem bleibt: Der Fehler ist im Grunde lediglich formalrechtlich zu heilen. Weil die Uhren nicht zurückgedreht werden können, ist eine identische Wiederholung inklusive aller Rahmenbedingungen nicht möglich. Es ist eben in der Zwischenzeit Zeit vergangen und beispielsweise der Ukrainekrieg lässt die Welt am potentiellen Wahlwiederholungstag anders aussehen.

Kann das Bundesverfassungsgericht oder ein anderes Gericht die Entscheidung für Neuwahlen kippen?

Wenn, dann könnte das nur das Bundesverfassungsgericht. Ob das eine Verfassungsbeschwerde annimmt, ist nicht klar. Als in Hamburg einmal eine Wahl wiederholt werden musste, hatte das Bundesverfassungsgericht eine Beschwerde nicht angenommen.

Sendung: rbb Spezial, 28.09.2022, 20:15 Uhr

55 Kommentare

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  1. 55.

    Verfassung von Artikel 39 (1)legt fest wie gewählt wird. Also nein das Prozedere der Wahlwiederholung kennt hier keine Abkürzungen oder anderen Wege. Sonst landet der ganze Zauber wieder zur Entscheidung vor dem LVerfG Berlin.

  2. 54.

    Das Eine ist die jetzt vom LVerfG Berlin verhandelte Wahl zum AGH Berlins. Für die Wahlkontrolle des deutschen Bundestags ist der Bundestag selbst und gerichtlich das BVerfG zuständig.
    Selbst wenn bei einer Wahlwiederholung zum AGH, hier andere Direktkandidaten gewählt würden, hätte das mit dem Wahlergebnis der 1. Stimme zur Bundestagswahl, der Bundestagswahl im Allgemeinen und mit der derzeitigen Zusammensatzung des Bundestages ersteinmal nichts zu tun.

  3. 53.

    „ Kann das Bundesverfassungsgericht oder ein anderes Gericht die Entscheidung für Neuwahlen kippen?“
    Die Zuständigkeit zur gerichtlichen Überprüfung von AGH-Wahlen ist in der Berliner Verfassung dem VerfG Berlin zugeteilt.
    Nur eine mit dem GG völlig unvereinbare Entscheidung könnte in letzter Instanz durch Beschwerdeführung vom BVerfG kassiert werden. Aber so etwas ist praktisch eigentlich nicht vorstellbar.

  4. 52.

    "Tatsachenbehauptung " - ne tolle Wortkreation von Dir!!!
    Und unbelegt bzw. unbewiesen hier zu posten was richtig ist oder falsch ist,
    ist meinem Gefühl nach arrogant und überheblich.
    Ich habe den Eindruck bzw. Beobachtung, das Sie nur kontern und ausschließlich gekontert werden.
    Fühlen Sie sich hiermit mal "belehrt" und nehmen auch mal am wahren Leben auf der Strasse teil!
    Das fehlt Ihnen meiner Ansicht nach definitiv.
    Gratulieren Sie der Demokratie!!!

  5. 51.

    Frage: lässt die Gesetzgebung zu, Wahlen ausschließlich als Briefwahl erfolgen zu lassen? Das würde m. E. viel Zeit Aufwand sparen.

  6. 50.

    Sie meinen die Tatsache, dass man seine Meinung auch mal begründen und diskutieren muss und Widerspruch erntet? Das ist ohne Frage anstrengender als Parolen unwidersprochen in die Welt setzen zu können. Strengen Sie sich an.

  7. 49.

    Es gibt in diesem Land einen Zwangskonformismus mit einer fast unsteuerbaren Eigendynamik – einem Meinungskonformismus, der, was bestimmte Themen angeht, totalitären Charakter hat und von gnadenloser Intoleranz ist.

  8. 47.

    Nennen Sie es bitte Meinung. Wahrheit ist es nicht. Die "eigene Wahrheit" ist exakt die Argumentationsschiene "alternative Fakten".

  9. 46.

    Eine vollständige Neuwahl würde Berlin für Jahre stilllegen. Erneuter Wahlkampf, dann wieder monatelange Diskussionen um Ressourcenverteilung, richtig arbeiten könnte die "neue" Regierung dann vielleicht in 2024. Um dann Ende 2025 wieder in den Stillstand-Wahlkampfmodus überzugehen. Ich hoffe doch wirklich sehr, dass sich das Verfassungsgericht zum Wohle Berlins nur für Nachwahlen in den paar betroffenen Wahlkreisen entscheidet, in denen falsche Stimmzettel ausgegeben wurden! In allen anderen Wahlkreisen durften die Menschen richtig wählen, wenn auch mancherorts etwas später als geplant. Die wirklich aussagekräftigen Hochrechnungen kamen doch erst deutlich nach 20 Uhr, da wählte so ziemlich niemand mehr.

  10. 45.

    Wie kommen Sie darauf, dass dies eine Tatsachenbehauptung wäre? Es ist einfach nur eine persönliche Meinung des Kommentators, die er frei so äußern darf. Genau so dürfen Sie dagegen halten, wir hätten den besten Senat, den es jemals in Berlin gegeben hat. Auch das müssen Sie nicht belegen. Es steht Ihnen frei, entsprechend zu argumentieren, aber zur Tatsache wird es deswegen trotzdem nicht, weil Jeder die Arbeit oder auch Arbeitsverweigerung des jeweiligen Senates vollkommen subjektiv empfindet. Es hat hier also Jeder seine eigene Wahrheit, ohne dass diese falsch wäre. Das ist ungefähr so wie ein Streit darüber, ob Schnitzel schmecken.

  11. 44.

    Den Vorwurf vorsätzlicher Handlungen einzelner Personen müssen Sie belegen können.Das folgt aus der Unschuldsvermutung.

    Oder Sie verlassen mit Ihrer Forderung die Grenzen des derzeitigen Rechtssystems.

  12. 43.

    Steffen:
    "Antwort auf [Immanuel] vom 29.09.2022 um 22:56
    Es geht dem Kommentator erkennbar nicht darum, DASS Sie Ihre Meinung hier kundtun, sondern WIE. Dieses Wie ist schon sehr auffällig und oberlehrerhaft und spricht, wie in Ihrer ursprünglichen Antwort, Anderen ihre eigene Meinung ab, wenn sie nicht mit Ihrer Auffassung übereinstimmt. Jeder Post hier ist, sofern er nichts anderes behauptet, eine persönliche Meinung und besitzt keine Allgemeingültigkeit und muss gleich gar nicht belegt werden. Ob diese Meinung glaubwürdig und valide ist, entscheidet jeder Mitleser für sich persönlich."

    Die Behauptung von Ick'e (#5) "Denn seit 20 Jahren geht es nur Berg ab mit der Politik im Berliner Senat." ist aber eine Tatsachenbehauptung und keine bloße Meinungsäußerung! Mit der Meinung, dass dem Autor dieser Behauptung die Politik nicht gefallen würde, hätte ich kein Problem. Aber als Behauptung einer objektiven Tatsache, dass es "seit 20 Jahren nur Berg ab" gehe, ist sie falsch!

  13. 42.

    Bernhard:
    "Leute, bitte nennt es doch beim Namen. Nicht Chaos, Schusseligkeit oder Verwechslungen, nein es war Wahlfälschung und nichts anderes!"

    Beweisen Sie bitte Ihre Behauptung einer absichtlichen Wahlfälschung! Und benennen Sie bitte auch den/die Wahlfälscher! Wenn Sie Ihre Behauptung nicht beweisen können, dann ist sie nur eine üble Nachrede bzw. Verleumdung, strafbar nach §§ 186 ff. StGB!

  14. 41.

    Ich finde es immer lustig, wenn sich hier User aufspielen und ihre eigene Meinung als Nonplusultra darstellen. Natürlich ist eine Meinung ein Spiegelbild dessen, was der Schreiber ausdrücken will und kann bei Anderen eine andere Meinung hervor rufen. Die dann aber als die "objektive", die des Anderen als "subjektiver"zu deklarieren, endfinde ich als Arrogant, anmaßend, dumm und überheblich. Zumal dann die "objektive Meinung" wie aus einem Parteiprogramm abgeschrieben klingt.
    Ich persönlich erwarte nichts von diesem Gericht, auch wenn Ankündigungen etwas anderes vermuten lassen sollen. Nachdem Kanzler Merkel, vor einem richtungsweisenden Urteil, den ganzen Senat des Bundssgerichtshof zum Essen ins Kanzleramt einlud, ist mein Vertrauen geschwunden.
    Uns wird wohl Schummel-Franzi und dieser Senat erhalten bleiben. Populismus, Eigenlob, Egoismus, Selbstherrlichkeit, Selbstüberschätzung und regieren am Bürger vorbei, wird uns wohl noch weitere vier Jahre begleiten.

  15. 40.

    Die Existenz der Bundestagsfraktion DIE LINKE hängt von den Ergebnissen der zukünftigen Wahl zum Deutschen Bundestag ab: Falls die Partei „Die Linke“ nicht über die bundesweite 5%-Hürde kommt, müssten mindestens drei „Linke“ als Direktkandidaten zum Deutschen Bundestag gewählt werden.

    Ob G. Lötzsch (Berlin-Lichtenberg, Wahlkreis 86) für „Die Linke“ wieder ein Direktmandat zum Deutschen Bundestag gewinnen wird, ist zurzeit nicht absehbar.

  16. 39.

    Dann widerlegen Sie das doch mal leicht, sie haben genau so wenig Beweise dagegen wie ich zugegeben dafür. Ich nenne es nur so, wie unser Heimatsender es genannt hätte wären solche unregelmäßigkeiten in Polen oder Ungarn passiert!

  17. 38.

    Sie meinen sicher Ihres eigenen? Mal ein wenig Inhalt Ihrerseits statt leeren Gepolters würde dem Niveau hier schon etwas gut tun. Darauf dürfen wir anderen Leser aber wohl lange warten.

  18. 37.

    Es folgt ein Beitrag zur Anzahl der Wahltage:

    Wer für die Wahlen zum Deutschen Bundestag und zum Berliner Abgeordnetenhaus ZWEI unterschiedliche Wahltage fordert, ist bereit, dass für Nutzung, Ausstattung und Personal der benötigten Wahllokale etwa doppelt so viel Steuergelder verbraucht werden wie an EINEM einzigen gemeinsamen Wahltag. Außerdem würde die Gefahr einer erheblich geringeren Wahlbeteiligung bestehen.


  19. 36.

    "Nicht Chaos, Schusseligkeit oder Verwechslungen, nein es war Wahlfälschung und nichts anderes!" Das ist schlicht eine leicht widerlegbare Lüge! Die können sie gerne in ihrer whatsapp Gruppe teilen aber Menschen mit Verstand werden ihnen hier widersprechen.

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