rbb24
  1. rbb|24
  2. Politik
Audio: rbb 88.8 | 28.10.2022 | Jan Menzel | Quelle: dpa/zoonar

Berliner Verwaltungsgericht

Investorin darf Vereinbarung zum Mieterschutz mit Bezirk kündigen

Nächste Schlappe für den Senat vor dem Verwaltungsgericht: Eine Investorin muss sich nicht mehr an eine Vereinbarung halten, die sie auf Basis des Vorkaufsrechts mit dem Bezirk geschlossen hatte. Die Stadtentwicklungsverwaltung will Beschwerde einlegen.

Das Berliner Verwaltungsgericht hat in einem Eilverfahren beschlossen, dass eine Investorin eine Abwendungsvereinbarung kündigen dürfe, die sie auf Basis des Vorkaufsrechts mit einem Bezirk geschlossen hatte. Wie erst am Freitag bekannt wurde, fiel das Urteil bereits am 9. September. Der "Tagesspiegel" hatte am Donnerstag zuerst berichtet.

Damit hat Berlin hat eine weitere juristische Niederlage beim Mieterschutz erlitten. Vor einem Jahr wurde bereits die von den Bezirken vielfach ausgeübte Praxis des Vorkaufsrechts vom Bundesverwaltungsgericht gekippt.

Oberverwaltungsgericht entscheidet erneut

Allerdings hat die Stadtentwicklungsverwaltung am Freitag erklärt, juristisch gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vorzugehen. Sie betont, dass es sich bei der jüngsten Gerichtsentscheidung um einen Einzelfall handele. Jetzt muss das Oberverwaltungsgericht den Fall erneut prüfen.

Energieversorger in Berlin

Gasag: Preissteigerungen beim Gas könnten geringer ausfallen als befürchtet

Verpflichtung zum Milieuschutz

Mit Abwendungsvereinbarungen konnten Käufer von Immobilien über Jahre verhindern, dass die Bezirke für die betreffenden Häuser ein Vorkaufsrecht geltend machen. Die Investoren mussten sich im Gegenzug zum Milieuschutz verpflichten. Damit sind Mietererhöhungen und Modernisierungen enge Grenzen gesetzt.

In diesem Fall ging es um ein Haus im Bezirk Neukölln. Dort hatte die Eigentümerin sich nicht mehr an die geschlossene Abwendungsvereinbarung gehalten. Dagegen hatte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung geklagt.

Die Richter erklärten Abwendungsvereinbarungen zwar nicht grundsätzlich für nichtig. Im konkreten Fall stellten sie aber fest: "Nachdem sich die für die Festsetzung des Vertragsinhalts maßgebenden Verhältnisse so wesentlich geändert haben, ist der Antragsgegnerin (gemeint ist die Investorin) ein Festhalten an der ursprünglichen vertraglichen Regelung nicht zuzumuten". Damit muss sich die Eigentümerin nicht an die Abwendungsvereinbarung halten.

Verzicht bis Ende 2023

Landeseigene Wohnungsbaugesellschaften dürfen Mieten nicht mehr erhöhen

Um Mieter von landeseigenen Wohnungen in der Energiekrise zu entlasten, sollen sie von Mieterhöhungen verschont bleiben. Auf diese befristete Lösung haben sich der Berliner Stadtentwicklungssenator und die Regierende Bürgermeisterin geeinigt.

Mietenpolitischer Sprecher der Linksfraktion sieht Mieterschutz gefährdet

Wie groß die Auswirkungen der Gerichtsentscheidung sein werden, ist noch unklar. Der mietenpolitische Sprecher der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, Niklas Schenker, stufte den Neuköllner Fall als "sehr speziell" ein. Gleichwohl sehe er die Gefahr, dass sich andere Vermieter ermutigt fühlen könnten, sich nicht mehr an die Vereinbarungen zum Schutz der Mieter zu halten.

Bausenator fordert Gesetzesänderungen

Bausenator Andreas Geisel (SPD) forderte die Bundesregierung auf, durch Gesetzesänderungen dafür zu sorgen, dass Städte das Vorkaufsrechts mit Abwendungsvereinbarungen wieder zum Schutz der Mieterinnen und Mieter einsetzen können.

Sendung: rbb24 Inforadio, 28.10.2022, 13:00 Uhr

Artikel im mobilen Angebot lesen