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Video: rbb|24 | 17.05.2023 | Nachrichten | Quelle: rbb

Protest am Brandenburger Landtag

AfD-Rednerin Bessin beim Hissen der Regenbogenflagge ausgepfiffen

Zum Internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transfeindlichkeit sind am Mittwoch vor vielen Gebäuden in Berlin und Brandenburg Regenbogenflaggen gehisst worden. Im Hof des Landtags in Potsdam wurde eine AfD-Rede verhindert.

Die Brandenburger AfD-Landesvorsitzende Birgit Bessin hat am Mittwoch keine Rede zum Hissen der Regenbogenfahne im Hof des Landtags halten können. Rund 120 Menschen protestierten in Potsdam lautstark mit Trillerpfeifen, "Hau ab"-Rufen und dem Popsong "YMCA".

Nach fünf Minuten erklärte Landtagspräsidentin Ulrike Liedtke (SPD) die Redezeit von Bessin sei beendet. Die Veranstaltung ging anschließend weiter. Liedtke und Sozialministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) hissten die Regenbogenflagge, die bis Sonntag wehen soll.

Brandenburger Landtag

Protest gegen AfD-Rede anlässlich des Tags gegen Homo- und Transfeindlichkeit

Weil die AfD-Fraktion zum Aktionstag gegen Diskriminierung im Brandenburger Landtag die Rede halten soll, hagelt es Kritik von Verbänden und Politikern. Die Landtagspräsidentin verteidigt die Entscheidung.

Liedtke sagte: "Ich habe als Präsidentin des Landtags Brandenburg die Aufgabe, alle Abgeordneten gleich zu behandeln. (...) Die entsprechende frauenpolitische Sprecherin hat die Möglichkeit gehabt, zu sprechen. Und es gab ein Pfeifkonzert, man wollte sie nicht hören."

Bessin teilte in einer Pressemitteilung mit, die Landtagspräsidentin sei ihrer Funktion nicht nachgekommen. "Wenn man selbst von Toleranz und gegenseitigem Zuhören spricht, würde es zudem der moralische Anstand gebieten, dieses auch selbst vorzuleben und von geladenen Gästen einzufordern." Zudem gehe aus der Hausordnung des Landtags hervor, "dass Demonstrationen – auch Spontandemonstrationen – im Innenhof des Landtags nicht gestattet sind".

AfD dem Turnus nach an der Reihe

Mit dem Hissen der Regenbogenfahne würdigt der Landtag jedes Jahr den Internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transfeindlichkeit. Nach Angaben des Landtags hatten sich die Fraktionen darauf geeinigt, dass zu Gedenktagen reihum Redner entsandt werden können. In diesem Fall war die AfD an der Reihe. Bessin ist deren stellvertretende Fraktionsvorsitzende im Landtag und Sprecherin für Familie und Frauen.

Landtagspräsidentin Liedtke hatte die Entscheidung, die AfD-Fraktion sprechen zu lassen, am Dienstag zunächst verteidigt. "Zu den Grundrechten und zum Wesenskern der Demokratie zählt auch, seine Meinung ungehindert äußern zu können. Dazu gehört es umgekehrt, andere Meinungen anzuhören, auch wenn sie vielleicht nicht der eigenen entsprechen", erklärte Liedtke in einer Pressemitteilung.

Es sei bereits 2019 zwischen den Fraktionen festgelegt worden, dass anlässlich der Flaggenhissung jedes Jahr im Wechsel Vertreterinnen aller Fraktionen sprechen. Nachdem alle anderen Fraktionen in der Vergangenheit mit einer Rede vertreten waren, falle dieses Recht in diesem Jahr der AfD-Fraktion zu.

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Kritik von Verbänden und anderen Fraktionen

Zuvor war die Entscheidung von Interessenverbänden und den anderen Fraktionen kritisiert worden. Vertreter der Landeskoordinierungsstelle "Queeres Brandenburg" appellierten an Liedtke auf den Turnus zu verzichten. Es sei queeren Personen nicht zuzumuten, dass die AfD "vor dem Landtag eine Bühne für Herabwürdigungen und Hetze bekommen soll".

Auch der Lesben- und Schwulenverband Berlin-Brandenburg protestierte. "Aus Sicht der queeren Communitys ist das mehr als nur ein Ärgernis, war es doch Frau Bessin, die mit besonderem Eifer viele der queerfeindlichen Anträge der AfD im Landtag in Wort und Tat vertreten hat", teilte der Verband mit.

Im Landtag hatten sich Abgeordnete der Linken und Grünen gegen Bessin als Rednerin gestellt. Der Vorsitzende der Linksfraktion, Sebastian Walter, verwies darauf, dass "Frau Bessin 2017 einen Antrag der AfD-Fraktion vor[stellte], wonach Brandenburg die 'ideelle und finanzielle' Förderung von LGBT*-Projekten einstellen solle". "Eine derartige Förderung von Beratungs- und Unterstützungsmaßnahmen sind schließlich eine nicht hinnehmbare 'Übervorteilung' der queeren Community gegenüber der 'heterosexuellen Mehrheitsgesellschaft'", hätte sie demnach gesagt, erklärte Walter.

SPD-Geschäftsführer Ludwig Scheetz sagte, man müsse im Nachgang diskutieren, wie man künftig die Instrumentarien des Präsidiums und der Geschäftsordnung nutzen könne.

Wegner hisst Regenbogenflagge in Berlin

Der neue Berliner Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) sagte beim Aufziehen der Flagge vor dem Roten Rathaus, damit bekenne sich die Stadt "zum Miteinander in Vielfalt". Berlin sage jeglicher Diskriminierung, Ausgrenzung und Hasskriminalität den Kampf an. Wegner kündigte außerdem an, einen Queer-Beauftragten einsetzen zu wollen.

Am Dienstag hatte Wegner im Roten Rathaus einen "Kiss Kiss Berlin-Regenbogenkuchen" angeschnitten. Veranstalter war das schwule Anti-Gewalt-Projekt Maneo, das jährlich einen Bericht über gemeldete Fälle queerfeindlicher Gewalt veröffentlicht.

In Berlin ist die Regenbohnenfahne am Mittwoch an vielen weiteren Orten gehisst worden. Die bunten Flaggen waren unter anderem an der Senatsverwaltung für Finanzen, für Justiz und Verbraucherschutz sowie an der Geschäftsstelle der Berliner SPD im Kurt-Schumacher-Haus zu sehen.

Ein Datum mit mehreren Bezügen

Verbände, die für sexuelle Vielfalt und gegen Diskriminierung einstehen, begehen seit 2005 jedes Jahr am 17. Mai weltweit den Aktionstag Idahot. Das Datum erinnert an die Abschaffung einer abwertenden Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation. Zuvor wurde Homosexualität von ihr als psychische Krankheit geführt. Die Bewertung führte direkt und indirekt zu Diskriminierungen gegen Minderheiten und diente als Rechtfertigung für Bestrafungen.

In Deutschland wird mit dem Datum (17.5.) zugleich an die endgültige Abschaffung des Paragraphen 175 erinnert. Dieser stellte lange sexuelle Handlungen unter Männern unter Strafe. In der DDR wurde der Paragraph erst reformiert und 1988 endgültig gestrichen. In der BRD geschah dies erst 1994.

Sendung: rbb24 Brandenburg Aktuell, 16.05.2023, 19:30

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