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Quelle: dpa/Jens Büttner

Krankschreibungen in Kitas und Vorschulen 2020

Krankenkassen: Erziehungsberufe am stärksten von Coronavirus betroffene Gruppe

Laut den Auswertungen mehrerer Krankenkassen war das Personal in Kitas und Vorschulen vergangenes Jahr besonders häufig an Covid-19 erkrankt. Angesichts dessen werden Forderungen nach bevorzugter Impfung laut.

Die Beschäftigten in Kindergärten und Vorschulen sind im vergangenen Jahr über lange Zeit die am stärksten vom Coronavirus betroffene Berufsgruppe gewesen - noch vor Pflegekräften in Altenheimen und Krankenhauspersonal. Das zeigt eine am Mittwoch vom Dachverband der Betriebskrankenkassen (BKK) veröffentlichte Auswertung der Monate März bis November 2020.

Nach Auswertung der Krankmeldungen für diesen Zeitraum gab es demnach unter Kita-Personal 162 Krankmeldungen je 10.000 Beschäftigte wegen einer bestätigten Infektion mit dem Coronavirus Sars-CoV-2. Bei den Beschäftigten in Alten- und Behindertenheimen waren es 146, gefolgt von Pflegeheimen mit 144 Krankmeldungen je 10.000 Beschäftigte. Der Durchschnitt über alle Berufsgruppen lag bei 74 Krankmeldungen auf 10.000 Beschäftigte.

Im Dezember 2020 änderte sich nach der BKK-Auswertung das Bild aber deutlich. Hier gab es unter Altenpflegern 408,7 Krankschreibungen je 10.000 Beschäftigte, an zweiter Stelle lag das medizinische Personal in Krankenhäusern mit 380,7 Fällen. Bei Erziehungsberufen waren es da 336,1 Fälle. Der Durchschnitt bei allen Berufen lag bei 170,5 Krankschreibungen je 10.000 Beschäftigte.

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Mehr als jedes dritte Kita-Kind in Berliner Notbetreuung

Möglicher Grund für den Rückgang im Dezember: Eingeschränkter Kitabetrieb

Ein Grund für den Rückgang der Zahlen bei Kita- und Vorschulpersonal im Dezember könnte sein, dass Ende des Jahres Kitas vielerorts in Deutschland wegen der Corona-Beschränkungen nur noch eingeschränkt oder gar nicht geöffnet hatten und dementsprechend weniger Personal im Einsatz war. So sieht es die BKK eigenen Angaben zufolge. Sie erklärt sich diese Entwicklung mit dem Lockdown, der zum Notbetrieb in Kindergärten und Vorschulen führte.

Bei den Beschäftigten in Altenheimen zeige sich an den Zahlen, dass diese am Limit arbeiten, heißt es in der Auswertung. Der Dachverband der Betriebskrankenkassen wertete Krankheitsdaten von rund vier Millionen Versicherten aus, die sich zwischen März und November krank gemeldet hatten.

Die AOK kommt eigenen Angaben zufolge zu ähnlichen Ergebnissen. Berufe in der Betreuung und Erziehung von Kindern waren von März bis Oktober 2020 am stärksten von Krankschreibungen im Zusammenhang mit dem Coronavirus betroffen, wie das Wissenschaftliche Institut der AOK (Wido) im Dezember auf Basis einer Analyse der Arbeitsunfähigkeitsdaten der AOK-Mitglieder mitteilte [wido.de]. Demnach fehlten in diesem Zeitraum coronabedingt 2.672 je 100.000 AOK-versicherte Beschäftigte in der Kindertagespflege. Diese Zahl liegt mehr als das 2,2-fache über dem Durchschnittswert von 1.183 Betroffenen.

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Eingeschränkter Regelbetrieb

Potsdamer Kitas öffnen Montag mit "erhöhten Sicherheitsmaßnahmen"

Potsdamer Elternvertreter fordern schnellere Impfungen für Personal

Elternvertreter forderten - auch im Hinblick auf diese Zahlen - vor der geplanten Öffnung der Kitas in Potsdam am Montag eine schnelle Impfung des Personals. Erzieher und Lehrer müssten bei der Reihenfolge in die zweite Gruppe vorrücken, sagte der Vorsitzende des Kita-Elternbeirats Potsdam, Robert Witzsche, am Donnerstag. Landeselternsprecher Danilo Fischbach äußerte sich ähnlich: "Wir brauchen den bestmöglichen Schutz für die Erzieher".

Die Kitas in Potsdam sollen unter erhöhten Sicherheitsmaßnahmen in den eingeschränkten Regelbetrieb zurückkehren. Dazu gehören regelmäßige Antigen-Spucktests für die insgesamt etwa 2.500 Mitarbeiter. Die Kosten dafür übernimmt die Stadt. Außerdem sollen alle Mitarbeiter und Besucher der Einrichtungen einen medizinischen Mund-Nasen-Schutz tragen. Danilo Fischbach nannte die kostenlosen Tests und Maskenflicht in Potsdam "vorbildlich". Er hoffe, dass weitere Kommunen und Städte dem Vorbild folgten.

In Berliner und Brandenburger Kitas gilt momentan nur eine Notbetreuung. Doch die Auslastung der Kitas ist trotz der Beschränkung relativ hoch. In Berlin besucht mehr als jedes dritte Kita-Kind eine Notbetreuungseinrichtung. Das teilte die Senatsbildungsverwaltung auf rbb|24-Anfrage mit. In Brandenburg liegt die Auslastung zwischen 50 und 71 Prozent, wie das Bildungsministerium auf rbb|24-Nachfrage mitteilte. Brandenburg geht allerdings bei den Kitas einen eigenen Weg: Anders als in Berlin bleiben hier Kitas und Krippen grundsätzlich geöffnet, verbunden mit dem Appell an die Eltern, ihre Kinder zu Hause zu betreuen.

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Berliner Kita-Personal schreibt Brandbrief an Bildungssenatorin

Keine eindeutige Studienlage zur Ansteckungsgefahr

Das Übertragungsrisiko in Kitas und Vorschulen ist umstritten. Kinder haben bei einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 seltener Symptome und werden daher auch seltener getestet. Daher liegt bei ihnen vermutlich auch die Dunkelziffer höher als bei Erwachsenen. Eine Untersuchung des Helmholtz-Zentrums München zeigte beispielsweise, dass die Zahl der Kinder mit Antikörpern im Blut sechsmal höher lag als die vom Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Ernährung gemeldeten Fälle.

Eine Studie in Hessen [kgu.de] bewertete die Ansteckungsgefahr für Kinder in Kitas als sehr gering. Es gibt auch einzelne Studien zum Infektionsgeschehen bei Kindern, die sich aber teilweise widersprechen. Die Studien sagen etwas darüber aus, wie viele Kinder schon eine Infektion durchlaufen haben. Im Ergebnis sind das sehr wenige. Allerdings sagen diese Studien nichts darüber aus, wie ansteckend Kinder sind [br24.de].

Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass die Virusmutation B.1.1.7. in einer Kita in Freiburg aufgetreten ist. Diese Virusvariante wurde zum ersten Mal in Großbritannien entdeckt und gilt als hochansteckend. 14 Erzieher und Erzieherinnen sowie zehn Kinder hatten sich mit der Virusvariante infiziert. Daraufhin nahm die baden-württembergische Regierung wieder Abstand von ihren Plänen, die Kitas bald wieder stufenweise zu öffnen. Auch in einer Kita in Köln-Deutz waren B.1.1.7.-Infektionen von mehreren Erziehern und Kindern bekannt geworden. Die Potsdamer Stadtverwaltung hat vor dem Kita-Start am Montag mitgeteilt, dass eine Kita bei Bekanntwerden eines B.1.1.7.-Falls sofort geschlossen würde.

Sendung: Antenne Brandenburg, 28.01.21, 16:30 Uhr

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