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Video: rbb|24 | 09.03.2021 | Material: Mittagsmagazin | Quelle: dpa/Soeren Stache

Land weicht von MPK-Beschluss ab

Brandenburg weist Kritik an Notbremse ab 200er-Inzidenz zurück

"Mittelgradig unglaublich" findet der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach, dass die Brandenburger Landesregierung die Corona-Notbremse viel später ziehen will als von Bund und Ländern vereinbart. Brandenburg verteidigt seine Linie - ohne sie wirklich zu erklären.

Die Brandenburger Landesregierung wehrt sich gegen scharfe Kritik und den Vorwurf, sie weiche im Alleingang die von Bund und Ländern vereinbarte "Corona-Notbremse" auf.

Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach kritisierte am Montagabend bei Twitter, in der neuen Brandenburger Corona-Verordnung sei geregelt, dass Kreise und kreisfreie Städte erst ab einem Inzidenz-Wert von 200 für mindestens drei Tage wieder schärfere Maßnahmen anordnen. Dort [msgiv-brandenburg.de] steht - anders als von Bund und Ländern beschlossen - nicht explizit, dass ab einem Wert von über 100 neuen Infektionen pro 100.000 Einwohner in einer Woche quasi automatisch Lockerungen wieder ausgesetzt werden.

Der SPD-Politiker ergänzte am Dienstag im ARD-Mittagsmagazin, die Brandenburger Regelung führe ein eine "ganz falsche Richtung". Man sei auf dem Weg in eine starke dritte Welle, und gerade in dieser Situation frage er sich: "Wie ernst nehmen wir die Beschlüsse?" Das Vorgehen Brandenburgs werfe grundsätzlich in der Öffentlichkeit viele Fragen auf, so Lauterbach.

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Lauterbach: "Mittelgradig unglaublich"

Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) wies die Kritik zurück. Brandenburg schere nicht aus der Vereinbarung mit den anderen Ländern und dem Bund aus. Sobald die 7-Tage-Inzidenz sich einem Wert von 100 nähere, werde die Landesregierung reagieren, sagte Woidke am Dienstag. Man habe aber unter anderem aus juristischen Gründen keinen Automatismus in die Corona-Verordnung schreiben wollen, begründete er das Vorgehen seiner Regierung.

Zuvor hatte bereits Regierungssprecher Engels erklärt, sollte sich der landesweite Wert einer Inzidenz von 100 beharrlich nähern, werde die Landesregierung entscheiden, welche konkreten Schritte ab Überschreiten der 100er-Linie über drei Tage ergriffen würden. Dabei sollten auch andere Kriterien wie die Auslastung des Gesundheitssystems oder der Impfstatus berücksichtigt werden. "Landkreise sind in Brandenburg laut Verordnung ohnehin aufgefordert, ab einer Inzidenz von 100 zusätzliche Eindämmungsschritte zu ergreifen. Die Notbremse ab einer 200er-Inzidenz ruft automatisch alle Märzlockerungen zurück." Warum dies erst ab dem Grenzwert 200 geschehen soll, erklärt der Regierungssprecher derweil nicht.

Lauterbach hatte bei Twitter geschrieben: "Das ist mittelgradig unglaublich. Lockerungen werden beschlossen, wie in MPK vereinbart, aber Notbremse wird von 100 auf 200 (!) erhöht. Ist das ernst gemeint?" Er warnte, wenn dies alle Bundesländer machten, werde es eine schwere dritte Pandemiewelle geben und einen langen Lockdown.

In der Bund-Länder-Einigung wird das Zurückrudern schon ab einer Inzidenz von über 100 angekündigt. Sollte dieser Wert an drei aufeinanderfolgenden Tagen überschritten werden, würden wieder die jeweiligen Regeln gelten, die bis zum 7. März in den Eindämmungsverordnungen der Länder festgeschrieben waren, heißt es im Beschlusspapier der jüngsten Bund-Länder-Konferenz vom 3. März.

Kritik auch von der Linken

Die Vorsitzende der Linkspartei, Janine Wissler, nannte die Brandenburger Regelung "ziemlichen Wahnsinn". "Das gefährdet das Leben und die Gesundheit von Menschen", sagte Wissler am Dienstag dem Fernsehsender NTV. "Ich finde schon die Inzidenz von 100 als Notbremse ziemlich ungeeignet."

Am Dienstag lag die Inzidenz in Brandenburg landesweit bei 61,5. Den Höchstwert meldete Oberspreewald-Lausitz mit 126,2. Daneben liegen die beiden Landkreise Elbe-Elster (105,1) sowie Teltow-Fläming (101,2) derzeit über der 100er Marke. Am niedrigsten war die 7-Tage-Inzidenz am Dienstag mit 19 in der kreisfreien Stadt Frankfurt (Oder).

Sendung: Antenne Brandenburg, 09.03.2021, 9:00 Uhr

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