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Kommentar

Start der Kinderimpfung in Berlin gründlich vermasselt

Dass endlich auch Kinder gegen das Coronavirus geimpft werden können, wird von vielen Eltern seit Monaten herbeigesehnt. Nun ist die Möglichkeit da - doch der Start der Impfkampagne in Berlin verläuft holprig, vor allem wegen der desolaten Kommunikation des Senats. Von Sebastian Schöbel

Endlich sind die Kinder an der Reihe: Kaum ein Meilenstein in der Pandemiebekämpfung wurde so dringlich erwartet wie der Start der Kinderimpfung – zumindest von denjenigen unter uns, die der Wissenschaft vertrauen. Weil nur damit ein Ende der Infektionswellen wirklich absehbar ist. Und weil Kinder von allen Bevölkerungsgruppen am längsten mit Entbehrungen und Einschränkungen leben mussten: Als viele Erwachsene schon wieder ihre zurückgewonnene Freiheit feierten, mussten Kinder weiter auf regulären Schulunterricht verzichten, konnten ihre Freunde nicht treffen, obwohl sie regelmäßiger getestet wurden als die meisten Erwachsenen.

Umso bitterer ist nun, dass der Start der Kinder-Impfkampagne in Berlin vom Kommunikationschaos zwischen Senat und Bezirken begleitet wird – nicht zum ersten Mal.

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Freigabe der Impftermine nicht kommuniziert

Als Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci vergangene Woche stolz verkündete, man werde ab 15. Dezember allen Kindern zwischen 5 und 11 Jahren die Impfung ermöglichen, egal was die Ständige Impfkommission empfiehlt, war das mutig und bekam viel Applaus von Eltern, die seit Wochen darauf gewartet haben.

Dann aber versäumte es Kalaycis Verwaltung anzukündigen, dass in den extra umgebauten Impfzentren Tegel, Messehalle 21 und ICC Impftermine gebucht werden können, über die bekannte Plattform Doctolib. Dort waren nämlich am Donnerstag plötzlich Impftermine für Kinder verfügbar – was allerdings nur Eltern aufgefallen sein dürfte, die tagsüber sowieso vor PC- oder Smartphone-Bildschirmen sitzen oder viel online arbeiten. Die Supermarktkassiererin, der Taxifahrer, die Erzieherin, der Lagerist oder so ziemlich jeder Mensch, dessen Job sich nicht im Homeoffice erledigen lässt und der nicht die Zeit hat, am Puls der Corona-Nachrichten zu hängen, dürfte die Chance verpasst haben. Die Gelegenheit bot sich aber ohnehin nur kurz: Die meisten Termine waren innerhalb kürzester Zeit weg.

Menschen in sozial schwierigen Umständen, mit sehr niedrigen Einkommen, dürften erst recht leer ausgegangen sein. Wer sich Sorgen machen muss, ob das Geld bis zum Monatsende reicht, hat keine Zeit, die Doctolib-Webseite alle paar Minuten durchzuladen.

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Fehlende Informationen über Schulimpfungen

Die Gesundheitsverwaltung wiederum schaffte es erst vier Tage später, am Sonntag, zu verkünden, dass nun auch die Termine für Impfungen an zwölf ausgewählten Schulen über die Corona-Hotline buchbar seien - eine pro Bezirk. Welche Schulen das sind, bleibt aber genauso offen wie der Ablauf. Mehrere Bezirke tappten nach rbb-Informationen bis kurz vor Start der Impfungen weiter im Dunkeln.

Schriftlich informiert werden dann auch erstmal nur Eltern von Kindern, die auf diese zwölf Schulen gehen. Der Rest muss wohl auf zeitnahe Infos aus den Medien hoffen - die nächste Ungleichbehandlung.

Die Kleinsten müssen am längsten warten

Dass ausgerechnet die Impfung der Kleinsten überhaupt von der Eigeninitiative der Eltern abhängig gemacht wird, ist die größte Ungerechtigkeit. Als der Impfstoff für Erwachsene freigegeben wurde, bekamen zumindest die Ältesten eine persönliche Einladung und sogar die Taxifahrt bezahlt. Der Staat nahm jeden impfwilligen, vulnerablen Erwachsenen quasi an die Hand und begleitete ihn fürsorglich bis in die Impfkabine.

Bei den 5- bis 11-Jährigen reicht es nun nicht einmal für eine rechtzeitige Ankündigung für die Eltern. Stattdessen wird ein ungleiches Rennen um die wenigen Impftermine eröffnet. Das schadet nicht nur dem Vertrauen in die Impfkampagne, sondern ist eine grobe Ungerechtigkeit gegenüber denen, die am längsten auf ihre Impfung warten mussten: unseren Kindern.

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