Kommentar - Start der Kinderimpfung in Berlin gründlich vermasselt

Di 14.12.21 | 07:17 Uhr
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Ein Kind wird geimpft (Bild: imago images / photonews.at)
Bild: imago images / photonews.at

Dass endlich auch Kinder gegen das Coronavirus geimpft werden können, wird von vielen Eltern seit Monaten herbeigesehnt. Nun ist die Möglichkeit da - doch der Start der Impfkampagne in Berlin verläuft holprig, vor allem wegen der desolaten Kommunikation des Senats. Von Sebastian Schöbel

Endlich sind die Kinder an der Reihe: Kaum ein Meilenstein in der Pandemiebekämpfung wurde so dringlich erwartet wie der Start der Kinderimpfung – zumindest von denjenigen unter uns, die der Wissenschaft vertrauen. Weil nur damit ein Ende der Infektionswellen wirklich absehbar ist. Und weil Kinder von allen Bevölkerungsgruppen am längsten mit Entbehrungen und Einschränkungen leben mussten: Als viele Erwachsene schon wieder ihre zurückgewonnene Freiheit feierten, mussten Kinder weiter auf regulären Schulunterricht verzichten, konnten ihre Freunde nicht treffen, obwohl sie regelmäßiger getestet wurden als die meisten Erwachsenen.

Umso bitterer ist nun, dass der Start der Kinder-Impfkampagne in Berlin vom Kommunikationschaos zwischen Senat und Bezirken begleitet wird – nicht zum ersten Mal.

Freigabe der Impftermine nicht kommuniziert

Als Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci vergangene Woche stolz verkündete, man werde ab 15. Dezember allen Kindern zwischen 5 und 11 Jahren die Impfung ermöglichen, egal was die Ständige Impfkommission empfiehlt, war das mutig und bekam viel Applaus von Eltern, die seit Wochen darauf gewartet haben.

Dann aber versäumte es Kalaycis Verwaltung anzukündigen, dass in den extra umgebauten Impfzentren Tegel, Messehalle 21 und ICC Impftermine gebucht werden können, über die bekannte Plattform Doctolib. Dort waren nämlich am Donnerstag plötzlich Impftermine für Kinder verfügbar – was allerdings nur Eltern aufgefallen sein dürfte, die tagsüber sowieso vor PC- oder Smartphone-Bildschirmen sitzen oder viel online arbeiten. Die Supermarktkassiererin, der Taxifahrer, die Erzieherin, der Lagerist oder so ziemlich jeder Mensch, dessen Job sich nicht im Homeoffice erledigen lässt und der nicht die Zeit hat, am Puls der Corona-Nachrichten zu hängen, dürfte die Chance verpasst haben. Die Gelegenheit bot sich aber ohnehin nur kurz: Die meisten Termine waren innerhalb kürzester Zeit weg.

Menschen in sozial schwierigen Umständen, mit sehr niedrigen Einkommen, dürften erst recht leer ausgegangen sein. Wer sich Sorgen machen muss, ob das Geld bis zum Monatsende reicht, hat keine Zeit, die Doctolib-Webseite alle paar Minuten durchzuladen.

Fehlende Informationen über Schulimpfungen

Die Gesundheitsverwaltung wiederum schaffte es erst vier Tage später, am Sonntag, zu verkünden, dass nun auch die Termine für Impfungen an zwölf ausgewählten Schulen über die Corona-Hotline buchbar seien - eine pro Bezirk. Welche Schulen das sind, bleibt aber genauso offen wie der Ablauf. Mehrere Bezirke tappten nach rbb-Informationen bis kurz vor Start der Impfungen weiter im Dunkeln.

Schriftlich informiert werden dann auch erstmal nur Eltern von Kindern, die auf diese zwölf Schulen gehen. Der Rest muss wohl auf zeitnahe Infos aus den Medien hoffen - die nächste Ungleichbehandlung.

Die Kleinsten müssen am längsten warten

Dass ausgerechnet die Impfung der Kleinsten überhaupt von der Eigeninitiative der Eltern abhängig gemacht wird, ist die größte Ungerechtigkeit. Als der Impfstoff für Erwachsene freigegeben wurde, bekamen zumindest die Ältesten eine persönliche Einladung und sogar die Taxifahrt bezahlt. Der Staat nahm jeden impfwilligen, vulnerablen Erwachsenen quasi an die Hand und begleitete ihn fürsorglich bis in die Impfkabine.

Bei den 5- bis 11-Jährigen reicht es nun nicht einmal für eine rechtzeitige Ankündigung für die Eltern. Stattdessen wird ein ungleiches Rennen um die wenigen Impftermine eröffnet. Das schadet nicht nur dem Vertrauen in die Impfkampagne, sondern ist eine grobe Ungerechtigkeit gegenüber denen, die am längsten auf ihre Impfung warten mussten: unseren Kindern.

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29 Kommentare

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  1. 29.

    Ganz Ihrer Meinung.

    Es scheint, dass Populismus immer mehr zum festen Bestandteil unseres Alltags wird, und was es mit der Meinungsbildung.der Gesellschaft macht, dass wird immer deutlicher.

  2. 28.

    Was meint der Autor mit "denjenigen unter uns, die der Wissenschaft vertrauen"? Wer ist denn die Wissenschaft? Doch u.a. auch die STIKO, oder? Und die hat doch gerade keine Empfehlung gegeben. Wie kann man sich also erdreisten, so etwas zu behaupten? Weil sich viele Vollpfosten von Erwachsenen nicht impfen lassen, soll ich stattdessen mein Kind impfen, das ist doch die eigentliche Aussage. Das hat aber nichts damit zu tun, dass das Risiko zumindest momentan (könnte sich ja ändern durch neue Variante, weiß man aber nicht) verdammt gering ist für Kinder, zu erkranken! Und wie das zu bewerten ist, da gibt es eben in der Wissenschaft sehr unterschiedliche Meinungen

  3. 27.

    Ja, was soll man sagen? Eigentlich wie immer. Peter - Prinzip, befördert bis zur vollständigen Unfähigkeit.
    Ich verstehe einfach nicht wie so hoch bezahlte Personen (wieder einmal) so versagen können.
    Würde ich meinen Job so wahrnehmen, würde mich mein Chef jeden Tag zusammenfalten.
    Nur noch kopfschütteln...

  4. 26.

    Kinder sind unsere Zukunft und sie bedürfen auch für die Impfung unserer uneingeschränkten Aufmerksamkeit.

  5. 25.

    Sie erwarten von Berlinern, die hier leben und arbeiten also, dass sie berlinern? Das ist ja witzig, sprechen Sie auch bayrisch in Bayern, wenn Sie da zu Besuch sind oder in Ägypten im Urlaub ägyptisch mit entsprechendem regionalen Akzent (das gibt es nämlich in den meisten größeren Ländern, nicht nur in D.). Und was hat eigentlich ein regionaler Akzent mit den Impfungen und der Fähigkeit, zu regieren, zu tun? Oder wollten Sie einfach nur ein Bisschen zusammenhanglos auf "die da oben" schimpfen?

  6. 24.

    Inge
    Danke! Dieser Kommentar ist so wichtig und richtig. Bisher fühlte ich mich meistens gut informiert! Bitte vermeiden Sie zukünftig derartige unsachliche und sehr tendenzielle z.T. auch unangemessene „Berichte“!

  7. 23.

    Lieber rbb,

    als es zu Beginn der Impfkampagne darum ging, Ältere, die per se ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf haben und daher als besonders vulnerabel gelten, zuerst zu impfen, war es sicherlich sinnvoll, diese Gruppe in ihrer Gesamtheit zu informieren, indem man sie persönlich angeschrieben hat. Wohingegen es vielleicht doch ein bisschen über‘s Ziel hinausgeschossen gewesen wäre, einfach mal ALLE Eltern von Kindern zwischen fünf und elf Jahren anzuschreiben, obwohl aus dieser Gruppe bisher lediglich für solche mit Vorerkrankungen eine dezidierte Stiko-Empfehlung vorliegt. Weshalb dieser Vergleich in meinen Augen ein bisschen hinkt. Dem Kommentar hätte es gut getan, wenn er etwas weniger aufgeregt und scharf anprangernd verfasst worden wäre; immerhin geht es ja nun mit den Impfungen los. Oder war es etwa gewollt, unnötig viel Wasser auf die Mühlen der notorischen Nörgler und ewigen Kritiker zu gießen, die sich hier sowieso oft genug völlig grundlos zu Wort melden?

  8. 22.

    Sehr gut Lilly, ich als Brandenburger breche seit Pandemiebeginn eine Lanze für Berlin. Wenn die Berliner mal wissen wollen was Chaos ist, dann reicht ein Blick nach Brandenburg. Wir würden uns über so eine Logistik wie in Berlin auch in Brandenburg sehr freuen.

  9. 21.

    ".... Warum kann ich mich nicht anmelden und eine Nachricht bekommen wenn ein Termin verfügbar ist.
    Diesen könnte man ja für z.B. 12 Stunden exklusiv für mich reservieren und wenn ich den Termin nicht bestätige bekommt ihn jemand anderes in der Warteliste. ..."

    Warten Sie doch zu Hause bis ein Arzt mit Spritze vor Iher Tür steht ... ganz exklusiv nur für Sie!
    Warum bekommen es andere hin?
    Ein paar Informationen hätte Ihnen die Suche nach einem Termin auch erspart,
    z.B. Termine werden erst am 13.12. freigeschaltet, war in den Medien zu lesen.

  10. 20.

    Was ist das denn für ein Kommentar, der schon gleich so populistisch loslegt? Wenn es ums Vertrauen auf die Wissenschaft ginge, würden ja sowieso nur die Kinder mit bestimmten Vorerkrankungen Termine benötigen. Oder haben wir wirklich so viele vorerkrankte Kinder in Berlin, wie Kommentar und Kommentare vermuten lassen könnten?

  11. 19.

    Also ich finde in Berlin sind die Impfungen sehr gut organisiert. Ich habe sowohl für mich als auch meine Kinder entweder direkt online über Doctolib oder falls dort alles ausgebucht war über die telefonische Hotline die Termine gebucht. Auch für meine Jüngste habe ich erst vorgestern einen 1. Termin in den Weihnachtsferien gebucht, online. Wer heutzutage Angst hat ein Telefon zu benutzen und einen echten Menschen dran zu haben, dem kann man nicht helfen. Das ist wirklich Jammern auf hohem Niveau.

  12. 18.

    Für mich stellt sich die Frage, sind unsere Politiker zu faul oder unfähig, einschließlich ihres Gefolges irgend etwas zu organisieren??? Alle bekommen gutes Geld, schaffen es aber nicht einen Kindergeburtstag zu organisieren.

  13. 17.

    Kitas waren monatelang für viele Kinder geschlossen während es für Arbeitnehmer*innen weder Test- noch lange Zeit eine Honeofficepflicht gab!

  14. 16.

    Du hast dir die Frage eigentlich selbst beantwortet.
    Angebot und Nachfrage.... warum soll man sich ein Bein ausreißen, wenn die Termine auch so weggehen ?

  15. 15.

    Dann sind wir schon (mindestens) zwei …
    Ich hatte heute nur drauf gewartet, von chaotischen Zuständen bzgl. des Impfststarts zu lesen. Es war so klar …

  16. 14.

    Man braucht sich nur die Lebensläufe der Politiker anschauen, nicht einmal Berlinern können sie nach 30 Jahren Leben in Berlin. Sie haben überhaupt kein Interesse an der Stadt. Sie fühlen sich in ihren Kaff wohler, wo sie herkommen. Berlin ist denen egal.

  17. 13.

    Doctolib ist der letzte Rotz.
    Ich habe die letzten Wochen immer in einer Ecke die Webseite geöffnet gehabt und habe die Seite automatisch aktualisieren lassen um ein Impftermin für mein Kind zu ergattern.
    Ist ein bisschen so wie die Jagd nach Konzerttickets einer angesagten Band.
    Warum kann ich mich nicht anmelden und eine Nachricht bekommen wenn ein Termin verfügbar ist.
    Diesen könnte man ja für z.B. 12 Stunden exklusiv für mich reservieren und wenn ich den Termin nicht bestätige bekommt ihn jemand anderes in der Warteliste.

  18. 12.

    Ich kann die Kritik nicht ganz nachvollziehen. Wer sich oder sein Kind impfen assen will, der muss sich um einen Termin kümmern. Wer das tut, bekommt einen Termin - möglicherweise ncht sofort, was aber nur an dem großen Andrang liegt. Einladungen an alle zu verschicken, würde nichts bringen, denn eigentlich wissen alle, dass sie jetzt dran sind, und dann müssen sie sich um einen Termin kümmern - siehe oben. Hausärztevertreter haben lange so getan, als könnten sie das Problem am besten lösen, und wenn das nicht klappt, ist die Politik schuld.
    Also: Vereinbart einen Termin, wo auch immer, nehmt auch mal ein bissechen Fahrzeit und wartezeit in Kauf, dann klappt das auch.

  19. 11.

    RBB wird Meckerzentrum?! ich wünsche mir positive Berichterstattung und nicht die Meldung oder Kommentare was nicht klappt.
    Davon werden wir zzt. überschüttet und es trägt nicht zum Abregen der Volksseele bei.
    Der RBB könnte sich zur Aufgabe machen die Berliner Innen rasch und ausführlich zu informieren. Negative Wertungen und reisserische Anmoderationen könnten gerne unterbleiben.

  20. 10.

    Was ich herbeisehne ist, dass die Erwachsenen es mal endlich auf die Reihe bekommen sich impfen zu lassen. In Deutschland ist die Impflücke bei Älteren im internationalen Vergleich besonders groß. Ist doch Unfug und symbolische Ersatzhandlung, dass es nun die Kinder es richten sollen. Kinder mit Vorerkrankung oder im Umfeld von Menschen, die nicht geimpft werden können, da ist das sinnvoll, aber sonst? Sehr schräger Kommentar.

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