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Quelle: dpa/Soeren Stache

Analyse zum BrandenburgTrend

Liebling, ich habe die Koalitionspartner geschrumpft!

In der politischen Stimmung in Brandenburg ist viel Bewegung. Die SPD geht mit einem Vorsprung in die letzten Wahlkampf-Wochen. Doch den Aufschwung hat sie anderen zu verdanken. Eine Analyse zum BrandenburgTrend von Thomas Bittner

Am Samstag wird CDU-Parteichef Armin Laschet auf dem Brandenburger Landesparteitag in Potsdam erwartet. Das wird kein Heimspiel. Was als fulminanter Wahlkampf-Push für den Wahlkämpfer und Kanzlerkandidaten geplant war, wird wohl eher ein Defensivspiel.

Brandenburg war nie eine Hochburg der CDU. Aber bei den vorigen Bundestagswahlen stand mit Angela Merkel stets eine Brandenburgerin als Kanzlerin zur Wahl, die CDU ging 2013 und 2017 als Siegerin aus dem Rennen.

Das könnte vorbei sein. Die Brandenburger CDU-Führung stand in den unionsinternen Personalstreitereien an der Seite von Armin Laschet. Doch die CDU-Anhänger gehen da nicht alle mit. Der Rückhalt ist schwach, das zeigt der aktuelle BrandenburgTrend von "Brandenburg aktuell" und Antenne Brandenburg. Dass drei von zehn potenziellen CDU-Wählern lieber Scholz als Laschet zum Kanzler wählen würden, ist ein Zeichen von Schwäche.

Armin Laschet will wieder in die Offensive kommen, indem er vehement vor einem Linksbündnis warnt: Rot-Rot-Grün als Schreckgespenst. Eine Neuauflage der Rote-Socken-Kampagne wird in Brandenburg aber nicht zünden, denn hier hat zehn Jahre lang ohne große Verwerfungen eine rot-rote Landesregierung das Land verwaltet. Laschet zielt mit der Strategie ohnehin auf ein anderes Publikum: traditionell konservative und liberale Schichten im Westen des Landes.

Eine Brandenburger CDU ist schon nominell keine Größe für die Union. Und so wird Laschet, der westlichste aller drei Kanzlerkandidierenden, weniger Rücksicht auf die Stimmung im Osten nehmen. Ob das alte Gräben wieder aufreißt?

 

Kein Dreierbündnis auf Augenhöhe

Olaf Scholz wird - auch wenn er in Potsdam wohnt - nicht als Ostdeutscher oder Brandenburg-Versteher wahrgenommen. Auch Frank-Walter Steinmeier war mal als Politik-Import mit einem Brandenburger Wahlkreis versorgt worden und scheiterte dann 2009 als Kanzlerkandidat der SPD. Olaf Scholz profitiert jetzt in Brandenburg von den Schwächen und Fehlern seiner KonkurrentInnen, vermeidet Fettnäpfchen, punktet mit Regierungserfahrung. Und verschafft mit dem unverhofften Boom auch den märkischen Sozialdemokraten einen Aufschwung. In nur drei Monaten von 23 Prozent auf 34 Prozent hochzuschnellen, ist bisher noch nie einer Partei im BrandenburgTrend gelungen.

"Liebling, ich habe die Koalitionspartner geschrumpft", mag man im Regine-Hildebrandt-Haus unken. Die Grünen halbieren ihren Prozentanteil, sind nur noch für acht Prozent als Landtagspartei erste Wahl. Die CDU kommt auf 13 Prozent, traurig für eine Volkspartei.

Als Dreierbündnis auf Augenhöhe wird Kenia von den Menschen in Brandenburg nicht wahrgenommen. Die SPD hat mit unverhohlenen Machtspielen ihre Partner brüskiert. Das Impf-Management wurde vom grün-gelenkten Gesundheitsministerium ins CDU-geführte Innenministerium verlagert und nach ein paar Monaten - ohne durchschlagenden Erfolg beim Impf-Ranking der Bundesländer - wieder zurückgespielt.

Dass sich Grün und Schwarz in dieser Phase belauerten, hat beiden Parteien nicht geholfen. Im Gegenteil: Genutzt hat es der SPD. Der bundespolitische Trend schlägt durch.

Vertrauen in Strukturwandel fehlt

Für die Brandenburger Grünen war die Potsdamer Kanzlerkandidatin eine große Motivation. Nach der Ankündigung der Kandidatur von Annalena Baerbock traten so viele Brandenburger bei den märkischen Grünen ein wie im ganzen Jahr 2020. Der anfängliche Boom auch in den Umfragen führte bei manchen Grünen zu dem Missverständnis, ihre Themen seien jetzt auch in der Brandenburger Wahlbevölkerung angekommen. Weit gefehlt. Für einen früheren Kohleausstieg als 2038 ist nicht einmal jeder Dritte, insgesamt sind es sogar weniger als vor zwei Jahren.

Und das Land ist gespalten wie nie in dieser Frage.Im Berliner Umland kann sich fast die Hälfte einen schnelleren Ausstieg vorstellen. In der Braunkohleregion sind fast 50 Prozent sogar dafür, dass die Braunkohleverstromung nach 2038 weitergehen sollte.

Die Meldungen über Hochwasserkatastrophen, Niedrigwasserprobleme, Hitze und Dürre haben jedenfalls keinen Stimmungsumschwung geschaffen. Und dass in der Lausitz nicht mal jeder Zehnte ein schnelleres Kohle-Aus für möglich hält, spricht auch nicht dafür, dass es großes Vertrauen in einen funktionierenden Strukturwandel gibt.

Sendung: Abendschau, 01.09.2021, 19:30 Uhr

Beitrag von Thomas Bittner

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