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Audio: Antenne Brandenburg | 18.10.2022 | Iris Wussmann | Quelle: rbb

Kelch: "Wir können nicht mehr"

Cottbus fordert Flüchtlingskonferenz mit Kanzler und stoppt dauerhafte Aufnahme

Die Stadt Cottbus hat wegen des Zuzugs von Geflüchteten einen Forderungskatalog aufgestellt. Hauptanliegen ist ein "Flüchtlingsgipfel mit Ministerpräsident und Kabinett unter Einbindung der Kommunen und daran anschließend Flüchtlingskonferenz mit dem Bundeskanzler", heißt es in einer Mitteilung der Stadt am Dienstag.

Cottbus hisse die weiße Fahne, wird der Oberbürgermeister Holger Kelch (CDU) zitiert. "Wir können nicht mehr." Schulen und Gesundheitsversorgung seien an der Kapazitätsgrenze. Darüber hinaus habe die Stadt keine "Signale der Unterstützung" von Land oder Bund erhalten, sondern würde vertröstet werden, so Kelch. Die Migrationssozialarbeiter bei den freien Trägern haben laut Stadt ihre Kündigungen zum Jahresende bekommen, weil es keine Aussage des Landes zur weiteren Finanzierung gebe.

Flüchtlingsgipfel in Brandenburg

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Im Herbst und Winter erwarten Brandenburger Städte und Gemeinden wieder mehr Geflüchtete. Doch gerade berlinnahe Kommunen und kreisfreie Städte sehen schon jetzt Kapazitätsgrenzen erreicht. Von Amelie Ernst

In ihrer Mitteilung fordert die Stadt auch die "gleichmäßige und gerechte Durchsetzung der Verteilung innerhalb Brandenburgs und Deutschlands sowie die Wiederherstellung der gleichmäßigen Verteilung innerhalb Europas". Außerdem brauche es laut Cottbus niederschwellige Angebote der Gesundheitsversorgung für Geflüchtete, eine "sofortige und umfängliche" Bauförderung von Kita, Schule und Hort und die Möglichkeit, Willkommensklassen anzubieten. Eine weitere Forderung ist, dass die Kosten der Kommunen zu 100 Prozent ausgeglichen werden, "die Verantwortung übernehmen und die Hauptlast tragen."

Nach Erstversorgung weiterschicken

Die Stadt nimmt laut dem Oberbürgermeister zum jetzigen Zeitpunkt keine neuen Geflüchteten mehr dauerhaft auf. "Wir haben es bisher so gehalten, dass jeder, der kommt, eine Erstversorgung erhält. Das werden wir auch weiter sicherstellen", sagte Kelch am Dienstag dem rbb. Die Stadt müsse aber feststellen, dass sie für eine größere Anzahl an Geflüchteten nicht mehr die Kapazitäten habe, um sie so unterzubringen, "wie wir es unter einer qualitativ vernünftigen, menschenwürdigen Begleitung und Unterbringung verstehen." Die Stadt werde deshalb "Druck machen" und die Personen nach einer Erstversorgung weiterschicken, so Kelch.

Das Signal, dass die Stadt am Limit sei, kam bereits eine Woche zuvor aus Cottbus. Etwa 11.000 Menschen aus anderen Ländern leben inzwischen in der Stadt – arbeiten als Pflegekräfte, Studierende oder Ärzte am Klinikum. Aber 2.600 von ihnen würden auch in den sozialen Sicherungssystemen betreut, sagte Kelch vor einer Woche dem rbb. Und sie belasteten damit die Strukturen.

Gründe dafür, dass weiterhin Geflüchtete nach Cottbus kommen, seien der Familiennachzug und "die weiterhin fehlende Wohnsitzauflage im Land Brandenburg", heißt es in der Mitteilung der Stadt am Dienstag. Holger Kelch kritisierte darin, dass es Kommunen gebe, die noch immer "ihrer Aufnahmepflicht in Größenordnungen von 400 bis 500 Personen nicht nachkommen." Auch in Europa ist aus Sicht der Stadt das solidarische Verteilsystem "zum Erliegen" gekommen. Dazu kämen Geflüchtete, die über Russland, Weißrussland und die Ukraine fliehen sowie "die fragwürdige Politik Serbiens und eine beachtliche Anzahl von sogenannter Sekundärmigration", heißt es weiter.

Sendung: Antenne Brandenburg, 18.10.2022, 15:30 Uhr

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