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Video: rbb "Duell ums Rathaus" | 06.10.2022 | Quelle: rbb

SPD und AfD stellen Kandidaten in Stichwahl

Duell ums Cottbuser Rathaus - Schick oder Schieske?

Wer soll Cottbus in den kommenden acht Jahren regieren? Das klärt sich voraussichtlich am Sonntag: Fast 80.000 Cottbuserinnen und Cottbuser können wählen. Am Donnerstagabend lud der rbb beide Kandidaten zum letzten Rededuell vor der Wahl ein. Von Sebastian Schiller

Die erste Runde brachte noch keine Entscheidung in Cottbus, jetzt dürfte die zweite entscheiden: Mit 31,8 Prozent hatte Tobias Schick von der SPD Anfang September die meisten Stimmen geholt. Der zweite Platz ging mit 26,4 Prozent an Lars Schieske von der AfD. Weil aber keiner der Kandidaten die erforderliche Mehrheit von über 50 Prozent holen konnte, treten beide am kommenden Sonntag in einer Stichwahl gegeneinander an - der Sieger wird in den kommenden acht Jahren Cottbus' neuer Oberbürgermeister sein.

Bislang ist der Wahlkampf kein besonders aufregender gewesen, aber zumindest in den letzten Tagen hatte sich schon angedeutet, dass der Ton rauer wird. In einem an mehrere Haushalte verteilten Brief hatte der AfD-Kandidat Lars Schieske gegen Ausländer gewettert. Diese würden immer mehr und gefährdeten die Sicherheit der Stadt. Belegt ist das nicht. Zudem hatte der Berufspolitiker seinen Konkurrenten als "Oberbürgermeister der Bonzen" dargestellt.

Nahtlos setzte er am Donnerstagabend in der Diskussionsveranstaltung an, zu der der rbb in Cottbus eingeladen hatte. Die Stadt hätte genug Wohnraum zur Verfügung, es müsste nur schneller abgeschoben werden, so Schieske. Zudem gebe es erschlossenes Bauland, insbesondere in den Stadtteilen Schmellwitz und Sachsendorf im Norden und Süden. Hier hatte die Stadt in den letzten Jahren hunderte Wohnungen abgerissen. Darauf setzt auch sein Kontrahent Tobias Schick. Vor allem müssten Prozesse in der Verwaltung beschleunigt werden, um beispielsweise Familien bei der Suche nach bezahlbarem Wohnraum zu unterstützen, sagte Schick.

Oberbürgermeister-Stichwahl

Das sind die Ziele der Bürgermeister-Kandidaten von SPD und AfD für Cottbus

Wer hat in Cottbus in den nächsten acht Jahren das Sagen? Am Sonntag soll eine Stichwahl entscheiden, ob auf dem Chefsessel künftig ein SPD-Mann sitzt oder erstmalig in einer deutschen Großstadt ein Kandidat der AfD. Was sind ihre Ziele? Am Donnerstag ab 18 Uhr im rbb|24-Livestream: Duell ums Rathaus - Cottbus vor der Stichwahl

Braucht Cottbus Zuzug? AfD: Eher nicht.

Das wird auch nötig sein, denn der Zuzug wird voraussichtlich steigen. Durch den Strukturwandel werden in den nächsten Jahren Investitionen von bis zu vier Milliarden Euro allein in Cottbus erwartet. Vieles davon fließt in neue Arbeitsplätze. Allein der geplante Lausitz Science Park an der Universität in Cottbus soll mindestens 10.000 Jobs bringen, dazu kommt der Ausbau des Krankenhauses zum Universitätsklinikum, das modernisierte Bahnwerk und viele kleinere Projekte. Es sei die zentrale Aufgabe im Strukturwandels, die Stadt so attraktiv zu machen, dass möglichst alle hierblieben und sich noch mehr Menschen aufmachten, herzuziehen, sagte Schick am Abend. Dazu müssten Schulen und Kitas gebaut werden, es dürfe keine Gebühren mehr geben.

Zuzug ist für Lars Schieske nicht das richtige Mittel, um dem Fachkräftemangel zu begegnen, sagte er. Eher müsse die hohe Zahl an Schulabbrechern angegangen werden, der AfD-Kandidat machte dafür auch die Corona-Maßnahmen verantwortlich. Belegt ist auch das nicht. Experten zeigen sich darüber einig, dass Deutschland zur Bewältigung des Fachkräftemangels auf Zuzug angewiesen ist, auch von außerhalb Europas [faz.net]. Den Strukturwandel betrachtet Lars Schieske bereits als eine Deindustrialisierung, auch wenn einige Projekte bereits sichtbar seien. Zu oft sei viel versprochen worden, beispielsweise in Bezug auf Cargolifter in Brandt, die Chipfabrik in Frankfurt (Oder) oder die Rennstrecke Lausitzring bei Senftenberg. Aus seiner Sicht wäre es sinnvoller, den Mittelstand zu stärken, wie er sagte.

Oberbürgermeisterwahl in Cottbus

Kandidaten von SPD und AfD müssen in die Stichwahl

Die Wahl in der zweitgrößten Brandenburger Stadt ist mit viel Spannung erwartet worden, denn die AfD lag dort bei der Kommunal- und Landtagswahl 2019 vorn. Der erste Wahlgang hat viele überrascht. Nun wird es in vier Wochen eine Stichwahl geben.

Schick: Cottbus steht im Wettbewerb mit anderen Städten Deutschlands und Europas

Das Cottbus auf Zuzug angewiesen ist, ist für Tobias Schick klar, sagte der SPD-Kandidat. Die Stadt stehe im Wettbewerb mit allen Städten in Deutschland und Europa. Investoren würden ganz klar sagen, was sie an einem neuen Standort erwarteten, so Schick: Nämlich eine Stadt, die auch Menschen aus dem Ausland begrüße und aufnehmen wolle.

Dabei steht auch das Image der Stadt als Hochburg von Rechtspopulisten und Rechtsextremisten im Weg. Ein Image, dass laut Lars Schieske vor allem durch Medien gemacht worden sei. Dass die Stadt vor allem wegen Demonstrationen unter Beteiligung von Rechtsextremisten, oft organisiert von Vertretern der AfD, in den Schlagzeilen war, spielte für den AfD-Kandidaten dabei offensichtlich keine Rolle. Seit Jahren werden Cottbus und dessen direkte Umgebung vom Verfassungsschutz zudem als Schwerpunkt rechtsextremer Aktivitäten in Brandenburg gewertet. Er wolle das Problem des Rechtsextremismus angehen, sagte Tobias Schick. "Wenn es verfestigte Strukturen in dieser Stadt gibt, dann müssen wir die (...) mit verschiedensten Partnern angehen und klar benennen". Schieske sagte dagegen: "Wir haben hier kein Problem mit Rechtsextremismus."

Sicherheit: Beide haben Wünsche, entschieden wird woanders

Auch das Thema Sicherheit spielte am Donnerstagabend eine große Rolle. Cottbus ist im deutschlandweiten Vergleich bei weitem keine kriminelle Hochburg, das zeigt die Kriminalitätsstatistik. In den vergangenen Monaten aber sind insbesondere in der Innenstadt mehrmals Passanten überfallen worden. Lars Schieske von der AfD möchte seinen Worten zufolge eine Stadtpolizei einführen, eine Art aufgerüstetes Ordnungsamt, das dem Rathaus unterstellt ist. Beide Kandidaten wollen eine Polizeiwache in der Innenstadt. SPD-Mann Tobias Schick möchte zudem mehr Revierpolizisten.

Klar ist aber auch: Keiner dieser Wünsche könnte von einem Oberbürgermeister realisiert werden, sondern müsste von der Landesregierung genehmigt, beziehungsweise durch Gesetzgebung legitimiert werden. Anders ist es, wenn es um einen Teil der Verursacher der Probleme in der Stadt geht: Die Polizei spricht dabei oft von Jugendgruppen. Laut Tobias Schick müsse zu diesen Jugendlichen ein Zugang gefunden werden, gerade wenn sie nicht integriert seien. Dafür brauche es mehr Geld und Kooperationen mit den anderen kreisfreien Städten.

Interview

Cottbus vor der OB-Wahl: Eine gespaltene Stadt

Am Sonntag wählt Cottbus einen neuen Oberbürgermeister. Vor der Wahl herrscht Unischerheit. Der Strukturwandel in der Lausitz ist ein großes Thema. Außerdem strebt die AfD in Cottbus ihr erstes Oberbürgermeisteramt in einer größeren Stadt an, berichtet rbb-Reporter Andreas Rausch.

Zusammenarbeit mit dem Stadtparlament könnte kompliziert werden

Würde er die Wahl am Sonntag gewinnen, wäre Schieske der erste Oberbürgermeister einer Stadt, den die AfD stellt. Aber egal ob er oder der SPD-Kandidat Schick: Der künftige Oberbürgermeister wird auf die Zusammenarbeit mit der Cottbuser Stadtverordnetenversammlung angewiesen sein. Hier stellte die AfD nach der Kommunalwahl die größte Fraktion. Nach internen Streitigkeiten und Austritten hat sich das aber geändert. Zudem ist die Partei im Parlament weitgehend isoliert. Wie soll da eine Zusammenarbeit mit einem AfD-Oberbürgermeister funktionieren?

Für Lars Schieske ist das eine Gewissensfrage, sagte er am Donnerstag. Anträge die gut seien, müssten vorangebracht werden, schließlich sei der Oberbürgermeister demokratisch gewählt. Schieske wolle öffentlich machen, wer gegen welches Projekt gestimmt hat. Schick möchte darauf setzen, im Vorfeld Mehrheiten zu organisieren, sagte er. Man müsse dazu lernen und akzeptieren, dass auch andere sich mit einbringen können.

Die Wahllokale in Cottbus sind am Sonntag ab 8 Uhr geöffnet.

 

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Sendung: Duell ums Rathaus - Cottbus vor der Stichwahl, 06.10.2022, 22:15 Uhr

Beitrag von Sebastian Schiller

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