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Quelle: dpa/Paul Zinken

Einen Euro mehr

Was hinter dem Streit über erhöhte Ticketpreise im Berliner Zoo steckt

Gestiegene Energiepreise, höhere Gehälter und teureres Futter: Alles Gründe, warum der Berliner Zoo mehr Geld für den Eintritt verlangt. In der Politik führt das zu Ärger, die Erhöhung hätte abgestimmt werden müssen, sagt die Linke. Von Sebastian Schöbel

Sebastian Schlüsselburg ist sauer. "Ich dachte, mir spuckt ein Lama ins Gesicht", sagt der rechtspolitische Sprecher der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus. Gemeint ist eine Geschichte der Boulevardzeitung "B.Z." vom Mittwoch: Demnach habe der Berliner Zoo "heimlich" die Ticketpreise erhöht und auch noch das Familien-Tagesticket gestrichen.

Für Schlüsselburg ist das ein politischer Affront der Zoo-Leitung: Ausgerechnet in Zeiten rasant steigender Preise treffe diese Preiserhöhung vor allem einkommensschwache Menschen, für die ein Zoo-Besuch eine der wenigen Alternativen zur kaum noch erschwinglichen Urlaubsreise sei. "Das geht gar nicht."

Überall ein Euro mehr

Tatsächlich sind die Preise für Zoo-Tickets gestiegen: Für einen Erwachsenen kostet es nicht mehr 16 sondern 17,50 Euro, wobei 50 Cent davon ein freiwilliger Beitrag für das Artenschutzprogramm von Zoo und Tierpark sind. Kinder zahlen statt 8 nun 9 Euro, Schüler, Schwerbehinderte und Bezieher von Sozialleistungen nicht mehr 11 sondern 12 Euro. Wer nicht nur in den Zoo, sondern auch ins Aquarium will, zahlt ebenfalls einen Euro mehr als früher.

Gestiegen sind auch die Preise für Jahrestickets - zumindest auf dem Papier. Jedes Ticket kostet jetzt genau 2,50 Euro mehr. Doch diese Erhöhung geht laut Zoo direkt und vollständig ins Artenschutzprogramm - und kann, wenn gewünscht, abgewählt werden, genauso wie beim Tagesticket.

Der Zoo reagiert auf Nachfrage von rbb|24 etwas irritiert auf die mediale Aufregung. Denn tatsächlich gelten die neuen Preise bereits seit März 2022. Das vergünstigte Familien-Tagesticket wurde sogar schon im Februar 2020 gestrichen, "vor der Corona-Pandemie", so eine Zoo-Sprecherin. Der optionale Artenschutz-Beitrag mache es möglich, dass sich der Berliner Zoo "weltweit dort engagieren, wo Tier und Natur am dringendsten auf Unterstützung angewiesen sind". Rund 90 Prozent der Besucherinnen und Besucher würden ihn zahlen, sagt die Sprecherin.

Zoo verweist auf gestiegene Preise und Gehälter

Dass die Tagestickets um einen Euro teurer geworden sind, begründet die Zoo-Sprecherin mit dem Verweis auf die gestiegenen Ausgaben. "Als gemeinnütziges Unternehmen, das nicht auf eine Gewinnmaximierung ausgerichtet ist, geben wir die allgemeine Preissteigerung lediglich an unsere Gäste weiter, da dies die einzige Möglichkeit ist, den Anstieg der Betriebskosten (Löhne, Energie, Wasser, Futtermittel) aufzufangen."

So habe man etwa die Gehälter in Zoo und Tierpark angepasst und erhöht - auch, um konkurrenzfähig zu bleiben. "Das Gehaltsniveau in Berlin lag vor einigen Jahren noch deutlich unter denen anderer, auch kleinerer, deutscher Zoos", erklärt die Sprecherin. Die aktuelle Energiekrise und die steigenden Preise täten ihr übriges. Als einer der größten Zoobetriebe weltweit müsse man daher "hin und wieder" die Preise anpassen, um wirtschaftlich überleben zu können.

Streit über Auslegung des 16-Millionen-Deals

Für Linken-Politiker Schlüsselburg reicht diese Erklärung allerdings nicht. Er verweist auf den Rettungs-Deal, den das Land Berlin im vergangenen Jahr mit dem Zoo geschlossen hat. Im September 2021 hatte der Hauptausschluss beschlossen, Zoo und Tierpark mit einer Einmalzahlung von 16,5 Millionen Euro zu unterstützen - um Einbußen durch die Pandemie aufzufangen und den Weg aus der Corona-Krise zu ermöglichen.

Im Gegenzug verzichtet die Zoo AG auf eine bislang jährlich gezahlte Summe von 380.000 Euro und sagte zu, "Änderungen von Ermäßigungs- und Familientarifen" künftig mit der Senatsverwaltung für Finanzen "abzustimmen". Das sei im Fall der neuen Preise aber nicht geschehen, sagt Schlüsselburg. "Das widerspricht dem Geist des Deals, das wird Konsequenzen haben." Nach der Sommerpause werde sich also der Hauptausschuss erneut mit den Zoo-Finanzen beschäftigen.

Der Zoo liest die Vereinbarung etwas anders: Abgestimmt werden müssen nur Preisveränderungen ab 2023, die für dieses Jahr seien aber schon vor der Vereinbarung über die Millionen-Hilfe beschlossen worden, so eine Sprecherin des Zoos. Schlüsselburg hält dagegen: Von 2023 sei beim Beschluss des Hauptausschusses im September keine Rede gewesen, schon die Preiserhöhung für 2022 hätte der Zoo anmelden müssen. "Ich erwarte von Vertragspartnern einen ehrlichen Umgang", so Schlüsselburg.

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Land Berlin will in Zoo-Aufsichtsrat

Was vordergründig wie ein Streit über Preise aussieht, ist im Hintergrund auch ein politisches Gerangel um Einfluss bei der Zoo AG. Das Land Berlin schielt nämlich schon lange auf einen Sitz im Aufsichtsrat des Unternehmens. Als der Zoo in der Pandemie Hilfe brauchte, hatte Linken-Politiker Schlüsselburg zunächst auch vorgeschlagen, weitere Zoo-Aktien auszugeben - die das Land Berlin dann kaufen würde, "und wir würden mit den Stimmrechten dieser Aktien Zoo und Tierpark zu einem landeseigenen Unternehmen machen", so Schlüsselburg.

Die Idee stieß vor allem bei der CDU auf Ablehnung - und wohl auch bei der Zoo-Leitung. Am Ende stand der Deal über 16,5 Millionen Euro und eine Zusage über mehr Transparenz bei Ticketpreisen, die nun allerdings zu einem politischen Streit geführt hat.

Sendung: rbb24 Abendschau, 27.07.2022, 19:30 Uhr

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