Einen Euro mehr - Was hinter dem Streit über erhöhte Ticketpreise im Berliner Zoo steckt

Mi 27.07.22 | 14:07 Uhr
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Dicht an dicht stehen am 17.06.2022 Besucher an den Kassen des Zoo Berlins. (Quelle: dpa/Paul Zinken)
Bild: dpa/Paul Zinken

Gestiegene Energiepreise, höhere Gehälter und teureres Futter: Alles Gründe, warum der Berliner Zoo mehr Geld für den Eintritt verlangt. In der Politik führt das zu Ärger, die Erhöhung hätte abgestimmt werden müssen, sagt die Linke. Von Sebastian Schöbel

Sebastian Schlüsselburg ist sauer. "Ich dachte, mir spuckt ein Lama ins Gesicht", sagt der rechtspolitische Sprecher der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus. Gemeint ist eine Geschichte der Boulevardzeitung "B.Z." vom Mittwoch: Demnach habe der Berliner Zoo "heimlich" die Ticketpreise erhöht und auch noch das Familien-Tagesticket gestrichen.

Für Schlüsselburg ist das ein politischer Affront der Zoo-Leitung: Ausgerechnet in Zeiten rasant steigender Preise treffe diese Preiserhöhung vor allem einkommensschwache Menschen, für die ein Zoo-Besuch eine der wenigen Alternativen zur kaum noch erschwinglichen Urlaubsreise sei. "Das geht gar nicht."

Überall ein Euro mehr

Tatsächlich sind die Preise für Zoo-Tickets gestiegen: Für einen Erwachsenen kostet es nicht mehr 16 sondern 17,50 Euro, wobei 50 Cent davon ein freiwilliger Beitrag für das Artenschutzprogramm von Zoo und Tierpark sind. Kinder zahlen statt 8 nun 9 Euro, Schüler, Schwerbehinderte und Bezieher von Sozialleistungen nicht mehr 11 sondern 12 Euro. Wer nicht nur in den Zoo, sondern auch ins Aquarium will, zahlt ebenfalls einen Euro mehr als früher.

Gestiegen sind auch die Preise für Jahrestickets - zumindest auf dem Papier. Jedes Ticket kostet jetzt genau 2,50 Euro mehr. Doch diese Erhöhung geht laut Zoo direkt und vollständig ins Artenschutzprogramm - und kann, wenn gewünscht, abgewählt werden, genauso wie beim Tagesticket.

Der Zoo reagiert auf Nachfrage von rbb|24 etwas irritiert auf die mediale Aufregung. Denn tatsächlich gelten die neuen Preise bereits seit März 2022. Das vergünstigte Familien-Tagesticket wurde sogar schon im Februar 2020 gestrichen, "vor der Corona-Pandemie", so eine Zoo-Sprecherin. Der optionale Artenschutz-Beitrag mache es möglich, dass sich der Berliner Zoo "weltweit dort engagieren, wo Tier und Natur am dringendsten auf Unterstützung angewiesen sind". Rund 90 Prozent der Besucherinnen und Besucher würden ihn zahlen, sagt die Sprecherin.

Zoo verweist auf gestiegene Preise und Gehälter

Dass die Tagestickets um einen Euro teurer geworden sind, begründet die Zoo-Sprecherin mit dem Verweis auf die gestiegenen Ausgaben. "Als gemeinnütziges Unternehmen, das nicht auf eine Gewinnmaximierung ausgerichtet ist, geben wir die allgemeine Preissteigerung lediglich an unsere Gäste weiter, da dies die einzige Möglichkeit ist, den Anstieg der Betriebskosten (Löhne, Energie, Wasser, Futtermittel) aufzufangen."

So habe man etwa die Gehälter in Zoo und Tierpark angepasst und erhöht - auch, um konkurrenzfähig zu bleiben. "Das Gehaltsniveau in Berlin lag vor einigen Jahren noch deutlich unter denen anderer, auch kleinerer, deutscher Zoos", erklärt die Sprecherin. Die aktuelle Energiekrise und die steigenden Preise täten ihr übriges. Als einer der größten Zoobetriebe weltweit müsse man daher "hin und wieder" die Preise anpassen, um wirtschaftlich überleben zu können.

Streit über Auslegung des 16-Millionen-Deals

Für Linken-Politiker Schlüsselburg reicht diese Erklärung allerdings nicht. Er verweist auf den Rettungs-Deal, den das Land Berlin im vergangenen Jahr mit dem Zoo geschlossen hat. Im September 2021 hatte der Hauptausschluss beschlossen, Zoo und Tierpark mit einer Einmalzahlung von 16,5 Millionen Euro zu unterstützen - um Einbußen durch die Pandemie aufzufangen und den Weg aus der Corona-Krise zu ermöglichen.

Im Gegenzug verzichtet die Zoo AG auf eine bislang jährlich gezahlte Summe von 380.000 Euro und sagte zu, "Änderungen von Ermäßigungs- und Familientarifen" künftig mit der Senatsverwaltung für Finanzen "abzustimmen". Das sei im Fall der neuen Preise aber nicht geschehen, sagt Schlüsselburg. "Das widerspricht dem Geist des Deals, das wird Konsequenzen haben." Nach der Sommerpause werde sich also der Hauptausschuss erneut mit den Zoo-Finanzen beschäftigen.

Der Zoo liest die Vereinbarung etwas anders: Abgestimmt werden müssen nur Preisveränderungen ab 2023, die für dieses Jahr seien aber schon vor der Vereinbarung über die Millionen-Hilfe beschlossen worden, so eine Sprecherin des Zoos. Schlüsselburg hält dagegen: Von 2023 sei beim Beschluss des Hauptausschusses im September keine Rede gewesen, schon die Preiserhöhung für 2022 hätte der Zoo anmelden müssen. "Ich erwarte von Vertragspartnern einen ehrlichen Umgang", so Schlüsselburg.

Land Berlin will in Zoo-Aufsichtsrat

Was vordergründig wie ein Streit über Preise aussieht, ist im Hintergrund auch ein politisches Gerangel um Einfluss bei der Zoo AG. Das Land Berlin schielt nämlich schon lange auf einen Sitz im Aufsichtsrat des Unternehmens. Als der Zoo in der Pandemie Hilfe brauchte, hatte Linken-Politiker Schlüsselburg zunächst auch vorgeschlagen, weitere Zoo-Aktien auszugeben - die das Land Berlin dann kaufen würde, "und wir würden mit den Stimmrechten dieser Aktien Zoo und Tierpark zu einem landeseigenen Unternehmen machen", so Schlüsselburg.

Die Idee stieß vor allem bei der CDU auf Ablehnung - und wohl auch bei der Zoo-Leitung. Am Ende stand der Deal über 16,5 Millionen Euro und eine Zusage über mehr Transparenz bei Ticketpreisen, die nun allerdings zu einem politischen Streit geführt hat.

Sendung: rbb24 Abendschau, 27.07.2022, 19:30 Uhr

63 Kommentare

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  1. 62.

    Tja und jetzt reicht Ihre bisherige Finanzierung für den Artenschutz und dem Rest was der Zoo so braucht eben nicht mehr.
    Deswegen eine kleine Erhöhung....
    Der Rest wird bestimmt noch kommen, dann wird es nochmal eine Erhöhung geben. So läuft es doch schon seit Monaten in anderen Bereichen.

  2. 61.

    Ich finanziere den „Artenschutz“ schon mit meinem Eintrittsgeld, warum also die fadenscheinige Erklärung der 1,50€?
    Klingt, wie hier schon geschrieben, nach einer dümmlichen Ausrede für eine Preiserhöhung. Ich warte darauf, dass Krieg, Ukraine, Gas, der Russe und die Erderwärmung zu Buche schlägt.

  3. 60.

    In meinem Kommentar geht es um Eigenverantwortung. Wenn man wirklich so leben will - als Geringverdiener - dann braucht man sich nicht zu beschweren. Ob es einem nun Leid tun kann das die Kinder nicht in den Zoo kommen ist eine andere Frage.

    Wenn es zur Entscheidung kommt lieber mal zwei Tage nach einem Job mit mittelklassigem Gehalt zu schauen oder sich die Zootickets vom Munde abzusparen würde ich lieber den neuen Job suchen. Nachhaltigkeit macht auch die Kinder froh wenn man öfter mal träume erfüllen kann anstatt die platzen lassen zu müssen.

  4. 59.

    Ich finde die Erhöhung völlig in Ordnung. Gerade im Zoo und Tierpark wird viel Energie gebraucht, ich finde es normal und logisch das diese Kosten durch erhöhte Preissteigerung auch wieder ausgeglichen werden müssen. Sollen die Politiker sich mal lieber um wichtigere Sachen kümmern..

  5. 58.

    Schade ist, dass es nicht Kurzzeit-Eintrittskarten gibt. Wir waren vor etlichen Jahren das letzte Mal im Zoo. Sowohl die schwangere Mama als auch der 4Jährige hatten Kondition für ca. eine Stunde (wegen der mangelnden Kondition hatten wir uns für den Zoo und nicht für den weitläufigen Tierpark entschlossen). Für die eine Stunde war das Preis-Leistungsverhältnis erbärmlich.
    Vielleicht würden mit 2-Stunden-Karten (o.ä.) in der Summe mehr Leute kommen und vielleicht sogar mehr Geld eingenommen werden?

  6. 57.

    Das sich die Kosten für Nahrung und die Haltung der Tiere auch enorm erhöht haben scheinen Sie nicht zu wissen.
    Das sich viele Firmen gerade jetzt eine goldene Nase verdienen scheinen Sie zu vergessen.
    Und im Gegensatz zu anderen Ländern sind unsere Eintrittspreise noch recht okay.
    1,50 Erhöhung sind nicht die Welt.
    Ich zähle mit meiner Familie auch zu den Geringverdienern, aber der Zoo und der Tierpark sind immer drin.

  7. 55.

    Die Zoo-Patenschaft in Kombination mit einer günstigeren Vahreskarte kann hier helfen. Oder einfach mal schauen, was andere Zoos, z.B. der in Dtuttgart machen.

  8. 54.

    Wenn Sie für eine ausgewogene Preiserhöhung sind, was regen Sie sich dann über die Preise von Zoo und Tierpark auf?? Das verstehe ich nicht. Es geht hier um 1,50 Euro und 2,50 Euro mehr.

  9. 53.

    Ich kenne diese Plattformen wo man Bücher wunderbar gebraucht kaufen oder auch verkaufen kann...Momox und Co lassen Grüßen. Aber gerade bei schönen Bildbänden kann man sich auch ganz schnell ansch.....

  10. 52.

    Dieser Kommentar ist eine Frechheit. Viele alleinerziehende Eltern gehören zu den Geringverdienern. Auch viele Pflegekräfte in Senioren- und Pflegeheimen. Die sollen sich lieber überlegen, was sie mit ihrer Zeit anfangen, als mit den Kindern mal in den Zoo zu gehen? Ich kann nur sagen, pfui für diesen asozialen Gedanken.

  11. 51.

    Zu denen von Ihnen erwähnten Geringverdienern kann man nur sagen: gut so. Besser die Geringverdienenden überlegen sich besser was sie mit ihrer Zeit machen als Tickets zu kaufen die nicht ins Budgetpassen. Wem das nicht passt sollte in Erwägung ziehen zum Normalverdiener zu Upgraden.

  12. 50.

    Zum Glück ist der Besuch kein Pflichtprogramm. Und um Eingesperrte Tiere Anzuschauen, werde ich keine 17,50€ Bezahlen.

  13. 49.

    Denn tatsächlich gelten die neuen Preise bereits seit März 2022."
    Hat man sich hier die Empörung für die Sauere.Gurken-Zeit aufgespart?

  14. 48.

    Berninho,
    es ging einzig um die exorbitanten Eintrittpreise, die der Zoo Berlin verlangt im Vergleich zu anderen, überaus ansehbaren Tierparks.
    Und, wenn Sie jemals im Safariepark von San Diego waren, wissen Sie wohl auch, dass da die Eintrittkarte 70€ kostet, auch Kinder jeden Alters bezahlen die.
    Egal, ein Großteil der Besucher sind Touris. Der eigentliche Berliner fährt lieber in den großflächigen Tierpark, einem Park, der den Namen zu Recht trägt.
    Amüsieren würde ich mich allerdings über Ihre Beiträge, wäre ich nicht peinlich gerührt, über soviel Arroganz und Überheblichkeit in Ihren Beiträgen. Zumal sie auch denen gleichen, die unter wechsenen Kicks überall auftauchen.

  15. 47.

    Wenn der Tierpark in Eberswalde - der nett ist aber auch nicht mehr - schon 10 Euro verlangt, dann ist doch wohl der Preis der für den Eintritt in den Zoo der Berliner Hauptstadt verlangt wird, meines Erachtens wirklich angemessen.

  16. 46.

    Ich kaufe nur noch Bücher die gebraucht oder im Preis runtergesetzt wurden.
    In gewissen Verkaufsportalen gibt es sehr gute Bildbände schon ab einen Euro.
    Wenn die da teuer sind dann um die 10-20 Euro also immer noch billiger als zweimal in den Zoo zu gehen.

  17. 45.

    Juhu - ich bin im falschen Film

  18. 44.

    An alle Meckerer: wegen dem einen Euro mehr braucht Ihr euch nicht ins Zeug zu leen - denn: 1.) zwingt Euch niemand zum Zoobesuch und 2.) könnte man/Frau ja sparen und jährliche Zoobesuche halbieren, bums ist die Kohle wieder gespart.

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