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Audio: rbb24 Inforadio | 13.09.2022 | Hans Ackermann | Quelle: National Gugak Center Seoul

Konzertkritik | National Gugag Center Seoul beim Musikfest Berlin

Koreanische Ahnenzeremonie in der Philharmonie

Ein koreanisches Gesamtkunstwerk aus Musik und Tanz: "Jongmyojeryeak", eine 600 Jahre alte königliche Ahnenzeremonie, hat das National Gugag Center Seoul beim Musikfest Berlin erstmals in Europa gezeigt. Hans Ackermann war dabei.

Mit einem hellen Knall und einem dumpfen Stampfen gefolgt von tiefen Trommeltönen beginnen die Musikerinnen und Musiker des National Gugag Centers die Zeremonie im gut besuchten Saal der Philharmonie.

Den Knall erzeugt ein "Bak" - sechs Hartholzbrettchen, die der Spieler wie einen Fächer zusammenklappen lässt. Das Stampfen kommt aus dem "Chuk" - ein riesiger Holzschlegel, der von oben auf den Boden eines großen hohlen Kastens stößt. "Jingo" schließlich ist die riesige Trommel, die mit mehr als einem Meter Durchmesser Töne erzeugt, die den Saal beben lassen.

Quelle: National Gugak Center Seoul

Ehrung der königlichen Ahnen

Danach setzt Gesang ein, das erste von insgesamt 22 Liedern, die in langen koreanischen Silben die Kulturgeschichte des Landes und seiner Herrscher erzählen. Königliche Ahnen, die im konfuzianischen Kulturkreis wie Gottheiten verehrt werden. Ihr Geist ruht in königlichen Schreinen, die "Jongmyo" genannt werden. "Jeryeak" ist die dazugehörige rituelle Musik, die bei dieser traditionellen Gedenkzeremonie aufgeführt wird.

Eigentlich hat die Zeremonie drei Teile, zu Beginn die "Begrüßung der Geister", danach der "Tribut gegenüber den Ahnen". Im dritten Teil würde nun zeremoniell zubereitetes Essen dargeboten, das die Geister der Ahnen segnen. Doch dieser Teil kann im Saal nicht angemessen realisiert werden und entfällt deshalb.

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Feste Regeln

Die rituelle Musik folgt festen Regeln, so wie auch in den letzten beiden Silben von "Jongmyojeryeak" die Grundgedanken einer festgelegten Hierarchie enthalten sind: "Ye" steht für vertikale Ordnung, "Ak" für horizontale Harmonie. Miteinander soll beides an einem gedachten Punkt verschmelzen, ein Punkt, an dem sich Gott und Mensch vertikal treffen und die Menschen mit ihrem Nachbarn in horizontaler Harmonie leben.

Alle Beteiligten tragen prächtige historische Gewänder in Farben, die Zugehörigkeit symbolisieren: leuchtendes Rot für die gut 50 Musikerinnen und Musiker, die ihre Bambusflöten und koreanischen Zithern und Streichinstrumente auf dem Boden sitzend spielen, edles Blau für die 16 Tänzer, die mit stilisierten Gesten die Texte ausdeuten und veranschaulichen.

Die Musiker und Tänzer gehören zum "National Gugak Center Seoul", insgesamt rund 450 Künstlerinnen und Künstler in vier verschiedenen künstlerische Ensembles, darunter das Orchester und das Tanztheater, die zusammen jetzt in Berlin, München, Hamburg und Köln ihre Tradition präsentieren.

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Weltkulturerbe seit 2001

Seit 2001 gehört "Jongmyojeryeak" zum immateriellen Weltkulturerbe der UNESCO. Eine Zeremonie, die bisher nur in Seoul, am konfuzianischen königlichen Jongmyo-Schrein in der Innenstadt zu erleben war, in Jongro, dem ältesten Bereich der Seouler Innenstadt.

Hier in Berlin bietet der Abend eine große visuelle Faszination, musikalisch müsste man sich wohl noch länger einhören, in die doch ungewohnten Klänge und in Lieder, die durchaus spannende Geschichten erzählen. Von Königen, die "wie Tiger" gekämpft und dadurch "schlaue, wilde Feinde" besiegt haben - wie man den eingeblendeten Übertiteln und dem vorzüglichen Programmheft entnehmen kann.

Quelle: National Gugak Center Seoul

Was der Abend in jedem Fall zeigt: Neben den modernen Errungenschaften Südkoreas - Fernsehserien, K-Pop, Smartphones, mit denen ungefähr die halbe Menschheit drahtlos telefoniert - haben auch die tradierten Werte in diesem Land noch Bestand. Und in dieser harmonischen Einheit von Alt und Neu liegt für uns womöglich die große Anziehungskraft der koreanischen Kultur.

Der Auftritt des Ensembles aus Seoul ist ein weiterer Höhepunkt beim Musikfest Berlin, wo am Dienstagabend das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin unter der Leitung von Vladimir Jurowkski seine Spielzeit eröffnen wird. Auf dem Programm steht dann Musik von Iannis Xenakis, dazu das Violinkonzert Nr. 1 von Bela Bartók und die Sinfonie Nr. 5 von Gustav Mahler.

Sendung: rbb24 Inforadio, 13.09.2022, 06.00 Uhr

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