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Quelle: imago images/Uwe Steinert

Interview | Lage der Kinos in der Pandemie

"Dass man das Hin und Her nicht versteht, macht es schwieriger"

Seit Monaten müssen Berliner Kinos leer bleiben. Auch Mitte April gibt es noch keine Öffnungsperspektive. Christian Bräuer, Geschäftsführer der Yorck-Kinogruppe, schildert im Interview den damit verbunden Frust der Betreiber - und äußert Unverständnis.

rbb|24: Herr Bräuer, was begegnet Ihnen, wenn Sie mit den Kinobetreibern über die momentane Situation sprechen?

Christian Bräuer: Die Stimmung unter den Kinobetreibern ist wahnsinnige Ernüchterung. Jeder sieht und weiß, dass wir nicht sofort öffnen können. Dafür sind die Zahlen zu hoch. Wir wissen nicht, wie lange es noch dauern wird. Wir wissen nicht, wann der Impfzug an Fahrt aufnimmt, wann daraus endlich ein echter Schnellzug wird.

Das alles ist schwer vorherzusehen und dieses permanente Warten ist extrem anstrengend. Seit Mitte, Ende März sind wir alle sehr frustriert, genauso wie die Stimmung in der gesamten Bevölkerung ist. Man versteht dieses ganze Hin und Her nicht - und dass man es nicht versteht, macht es noch schwieriger.

Yorck-Kinogruppe

Die Yorck-Kinogruppe ist mit 14 Filmtheatern und einem Freiluftkino der größe unabhängige Kinobetreiber in Berlin. Der inhaltliche Schwerpunkt des Programms liegt auf Arthouse-Filmen. Geschäftsführer Christian Bräuer ist zudem Vorstandsvorsitzender der AG Kino, zu der mehr als 300 Programmkinos bundesweit gehören.

Das Saarland-Modell, das den Kinos im kleinsten deutschen Bundesland die Öffnung erlaubt hätte, wurde leider auch nicht zum Lichtblick. Nicht weil der Versuch gescheitert ist, sondern weil die Kinos diesem Experiment eine Absage erteilt haben...

Das wäre nicht machbar gewesen für die Kollegen im Saarland und das lag auch von vornherein auf der Hand. Abstand plus Maske plus Testen - das sind Auflagen, die einen Kinobesuch nicht wirklich möglich machen, zumal man dann nicht mal Süßwaren und Getränke verkaufen kann.

Das nimmt einem den Spaß, wenn ich mich erst testen lassen muss und dann, obwohl alle Leute getestet sind, trotzdem Abstand einhalten und die Maske auflassen muss. Dazu kommt, dass es ja auch keine neue Filme gibt, solange keine bundesweite Öffnung der Kinos in Sicht ist.

Auch die Ausgangssperren-Notbremse bei drei Tagen über einer Inzidenz von 100 wird jetzt zur weiteren Barriere von Öffnungsszenarien. Die Notbremse könnte zum Beispiel jederzeit Abendvorstellungen aushebeln...

Ja, das ist ein weiterer Punkt. Eine Perspektive, bei der man jederzeit, jeden Tag damit rechnen muss, dass die Häuser wieder zumachen müssen, ist keine Perspektive. Wenn wir öffnen, dann muss klar sein, dass wir auch offen bleiben dürfen, außer natürlich bei einem lokal begrenzten Super-Spreader-Event. Aber wir können nicht ständig im Umfeld der 100er Inzidenz auf und zu machen. Anders bringt das für uns nichts, Kino braucht verlässliche Rahmenbedingungen, nicht zuletzt weil ohne diese Verlässlichkeit auch gar keine neuen Filme herausgebracht werden.

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Worauf kommt es noch an, wenn die Kinos irgendwann wieder öffnen können?

Rein technisch erfüllen wir schon längst alle Voraussetzungen. Für uns ist im Moment entscheidend, dass wir bei einer Öffnung nicht mit drei- und vierfach gemoppelten Sicherheitszenarien an den Start gehen müssen. Wir können sichere Orte bieten, wir könnten sofort öffnen und das Infektionsgeschehen würde sich dadurch kaum ändern, dafür gibt es internationale Beispiele und auch genug Studien.

Die Schließung der Kultur hat eher symbolischen Charakter, weil sie für gesellschaftliche Begegnung steht, die im Augenblick unterbunden werden soll. Wir haben Lüftungsanlagen, wir haben Buchungssysteme, kontaktloses Zahlen, Kontaktnachvollziehbarkeit und wir können im Kino Abstandsregeln einhalten und damit ein sehr sicheres Erlebnis bieten.

Ich war im letzten Jahr im Sommer bei einer Anhörung von Experten der Charité und der Technischen Universität im Roten Rathaus. Das Ergebnis war, dass Kinos und Kulturorte sehr sicher sind im Vergleich zu Büros. In den Kulturorten hat man sich noch und noch was überlegt, wie man sie noch sicherer macht. Doch sie wurden dann ganz geschlossen, während in den Büros wenig passierte und sie nicht geschlossen wurden. Das ist aus unserer Sicht schon sehr frustrierend.

Auch wenn die Situation natürlich sehr unüberschaubar ist: Wann, glauben Sie, könnte es wieder Kino geben?

Im Moment bin ich da wirklich eher pessimistisch. Ich hoffe, dass wir zur Sommer-Berlinale im Juni wieder dabei sind. Das ist aber auch eher eine Best-Case-Hoffnung, wenn die weiteren Maßnahmen zu einer Senkung der Zahlen führen und die Impfung an Fahrt aufnimmt. Wenn beides nicht zusammenkommt, ist die Gefahr groß, dass wir nicht mal dann wieder aufmachen können.

Ich hoffe aber sehr, dass wir auf jeden Fall die Freiluftkinos aufmachen können, dort hat man Abstand und ist an der frischen Luft. Und die Menschen sehnen sich wirklich nach Abwechslung,

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Alexander Soyez, Inforadio.

Sendung: Inforadio, 14.04.2021, 15:55 Uhr

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