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Video: rbb|24 | 17.12.2021 | Material: Abendschau | Quelle: dpa/Christoph Soeder

Kritik auch an Art der Corona-Hilfen

Elf Berliner Clubs wehren sich per Eilantrag gegen Tanzverbot

An diesem Wochenende darf zum zweiten Mal in Folge in Berliner Clubs nicht getanzt werden. Mehrere Clubs gehen jetzt gerichtlich dagegen vor. Auch die angedachten Finanzhilfen des Senats könnten an ihrer Existenznot nichts ändern, sagen sie.

Die Berliner Clubszene wehrt sich gerichtlich gegen das seit zwei Wochen geltende Tanzverbot. Bereits am Donnerstagabend haben elf Clubbetreiber und Veranstalter beim Verwaltungsgericht Berlin einen Eilantrag gegen das Tanzverbot eingereicht, wie Rechtsanwalt Nico Härting am Freitag auf seiner Internetseite [haerting.de] mitgeteilt hat.

Das Tanzverbot müsse ausgesetzt und den Clubs ab Silvester ein geregelter Betrieb erlaubt werden, so Härting. Unter den Antragstellern sind demnach unter anderen DJ und Veranstalter Paul van Dyk sowie die Betreiber der Clubs "Aseven", "Insomnia Berlin", "Der Weiße Hase", "Club Ost", "Matrix" sowie "Revolver Party Events". Zu Silvester treffe das Tanzverbot die Clubs und Veranstalter besonders hart, da Veranstalter schon erheblich in die Vorbereitung von Silvesterpartys investiert und tausende Karten verkauft hätten, argumentiert Härting. Es drohten Ausfälle in Millionenhöhe.

Berliner Verwaltungsgericht

Tanzverbot für Geimpfte und Genesene in geschlossenen Räumen gekippt

Bisher galt in Berlin ein pauschales Verbot von Tanzveranstaltungen in geschlossenen Räumen. Das wurde nun durch das Verwaltungsgericht aufgehoben: Für Menschen, die gegen Corona geimpft oder von der Krankheit genesen sind, dürfe es kein Verbot geben.

Tanzverbot schon einmal vor Gericht gekippt

"Die ohnehin durch Corona schwer gebeutelte Berliner Clubszene bangt um ihre Zukunft", so der Jurist, der bereits für Berliner Gastronomiebetriebe vor Gericht das Aus der coronabedingten Sperrstunde durchgesetzt hatte.

Auch ein Tanzverbot ist bereits im Sommer dieses Jahres gerichtlich gekippt worden: Das Verwaltungsgericht Berlin entschied im August, dass Geimpfte und Genesene in Clubs tanzen dürfen. Den letztlich erfolgreichen Eilantrag hatte die Betreiberin einer Diskothek in der Nähe des Kurfürstendamms eingereicht.

Das Tanz-Verbot gilt in der Hauptstadt seit Anfang Dezember. Die Clubs dürfen zwar öffnen, aber keine "Tanzlustbarkeiten" anbieten, sondern lediglich zu Lesungen, Konzerten und Ausstellungen laden.

Corona-Pilotprojekt der Berliner Clubs

Im Wunderland ohne Maske

Ein Raum voll mit Menschen, tanzend, schwitzend, jubelnd mitten in der Pandemie – aber als kontrolliertes Experiment. Haluka Maier-Borst hat miterlebt, wie es sich als feierndes Versuchskaninchen anfühlt.

Clubcommission verweist auf Charité-Pilotprojekt

Deutliche Kritik am Tanzverbot übt Lutz Leichsenring von der Berliner Clubcommission. Es komme "einem Todesstoß und einer Stigmatisierung und Diskriminierung der Szene" gleich, sagte er der Abendschau des rbb.

Ein Pilotprojekt mit der Charité im vergangenen Sommer, bei dem Gäste PCR-Tests gemacht hätten, sei erfolgreich verlaufen, so Leichsenring: "Wir hätten eine Lösung gehabt, die liegt auf dem Tisch. Die nennt sich PCR-Tests. Wir haben dazu Pilotprojekte mit der Charité durchgeführt: Die waren erfolgreich. Und es muss doch auch unser Anspruch als Gesellschaft sein, in der Pandemie-Zeit Veranstaltungen und Kultur möglich zu machen, wenn es möglich ist. Und die Sicherheit, die durch PCR gewährleistet wird, die ist nachweislich da." Auch dass die Gäste den Test in Kauf nehmen, habe sich bei dem Pilotprojekt herausgestellt.

Reaktionen auf das Tanzverbot in Clubs

"Nur noch Drogen nehmen ist erlaubt"

Der Senat verbietet Tanzlustbarkeiten - erlaubt aber weiter Clubbesuche. Das bringt das Netz zum Steppen. Die rbb|24-User glänzen mit Vorschlägen, was sie alternativ in Berghain und Co. machen wollen. Und scheinen die Clubs nie zum Tanzen besucht zu haben.

Nur Fixkosten werden erstattet

Derweil hat die Senatsverwaltung für Kultur auf rbb-Anfrage am Freitag die Bedingungen für Corona-Hilfen für Clubs konkretisiert. Demnach können die Betreiber finanzielle Unterstützung beantragen, wenn sie ihren Club freiwillig schließen und der Betrieb sonst bei Offenhaltung ohne Tanz unwirtschaftlich wäre.

Allerdings bekommen sie nur die Fixkosten wie Mieten erstattet - und keine entgangenen Einnahmen, die aus dem Tanzverbot und der Schließung resultieren. Damit müssen wohl erneut Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt und beispielsweise vorgebuchte DJs aus eigener Tasche ausbezahlt werden.

Von der Senatsverwaltung für Wirtschaft hieß es dazu auf rbb|24-Anfrage, der Bund sei mit dem Vorschlag an die Länder herangetreten, "unter gewissen Voraussetzungen auch bei freiwilliger Schließung eine Antragsberechtigung im Rahmen der Überbrückungshilfe III Plus anzuerkennen." Details würden noch zwischen Bund und Ländern abgestimmt. "Offen ist auch der Kreis derjenigen, die unter diese Regelung fallen können. Wir rechnen zeitnah mit einer offiziellen Verlautbarung auf der Internetseite [ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de]", teilte ein Sprecher der Behörde mit.

Sendung: Abendschau, 17.12.2021, 19:30 Uhr

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