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Quelle: rbb|24/Mitya

Der Absacker

Die Schwaben kommen!

Am Samstag soll wieder gegen die Maßnahmen zur Bekämpfung der Coronapandemie demonstriert werden. Anmelder der Demo ist die Initiative "Querdenken 711" aus Stuttgart. Warum wurde gerade das brave Stuttgart zur Hochburg der "Rebellen", fragt sich Efthymis Angeloudis.

"Wie konnte es in Stuttgart zu solchen Randalen kommen?" fragte sich halb Deutschland nach den Ausschreitungen auf der Königsstraße in der Nacht auf den 21. Juni. Was ist da los? Hat die Stadt ein Problem mit gewalttätigen Jugendlichen oder sogar mit Polizeigewalt?

Die Frage, die sich jedoch niemand gestellt hat, ist, wieso gerade die sonst so brave und wohlhabende Landeshauptstadt Baden-Württembergs zur Hochburg der Corona-Rebellen und "Querdenker" werden konnte. Und das, obwohl sich seit Monaten in keiner anderen deutschen Stadt mehr Menschen versammeln, um gegen die Corona-Regeln der Bundes- und Landesregierung zu demonstrieren. Waren es am Rosa-Luxemburg-Platz einige hundert, protestierten auf den Cannstatter Wasen mehrere tausend.

Nichts liegt mir ferner als "Schwabenhass" zu schüren, immerhin bin auch ich in einer schwäbischen Kleinstadt aufgewachsen. Und erwähnen müsste man auch, dass sich die Stuttgarter viel nobleren Kämpfen gestellt haben, die sich im Nachhinein auch als richtig erwiesen haben, siehe Stuttgart 21 [deutschlandfunk].

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Demo von Corona-Gegnern am Samstag kann stattfinden

1. Was vom Tag bleibt

Nun dürfen sie also doch demonstrieren. Das Berliner Verwaltungsgericht hat die Verbotsverfügung der Polizei für eine geplante Demonstration gegen die Corona-Politik gekippt. Die Kundgebung am Samstag könne stattfinden, "allerdings muss der Veranstalter bei der Abhaltung Auflagen einhalten", so das Gericht am Freitag.

Der Streit um die Demonstration geht nun allerdings in die nächste Instanz: Die Berliner Polizei hat am Freitagnachmittag Beschwerde gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eingelegt, wie ein Gerichtssprecher sagte. Nun muss sich das Oberverwaltungsgericht (OVG) mit dem Fall befassen.

Auch in einer Oberschule im Berliner Ortsteil Rummelsburg lief heute einiges quer. Zum Glück aber nur technisch. Ein Alarm an der Max-Taut-Schule löste einen Großeinsatz von Polizei, Spezialeinsatzkommando und Feuerwehr aus. Über mehrere Stunden wurde das Schulgebäude durchsucht. Nachdem rund 600 Schüler und Lehrer ins Freie gebracht und alle Räume durchsucht wurden, konnte die Polizei Entwarnung geben. "Derzeit wird von einem technischen Fehler bei der Alarmierung ausgegangen, die Ermittlungen hierzu dauern aber noch an", teilte die Polizei am frühen Abend via Twitter mit.

2. Abschalten

Um mich als schwäbischer Grieche (davon gibt's viele) mit meiner neuen Heimat vertraut zu machen, reicht es nicht nur aus, sich in Berlin auszukennen. Nein, auch Brandenburg gehört dazu. Und da es momentan wettertechnisch eher schlecht aussieht mit Ausflügen an Brandenburgs Seen und Wälder, muss eine andere Brandenburger Institution herhalten - "Warten auf'n Bus". Die Serie des rbb (ein bisschen Eigenlob) geht in die zweite Staffel und hält, was sie verspricht: Einen tiefen Einblick in die brandenburgische Seele.

Die Folgen können Sie direkt über die ARD-Mediathek streamen.

3. Und, wie geht's?

Nicht nur Stuttgart hat einen gewissen Ruf: Auch Berlin erscheint von weit weg oftmals als Gangster- und Ganovenstadt. Dabei liegt das natürlich auch an der Berichterstattung über gewisse Orte. Das hat letztens die Neuköllnerin Janna feststellen müssen, die beruflich vor einem Monat nach Oslo zog.

Ich habe bemerkt, dass Neukölln "von außen" einen recht angsteinflößenden Eindruck macht. Seit wir in Oslo sind lese ich über Schießereien, Banküberfälle, Corona-Partys und Gerangel mit der Polizei. Aber wahrscheinlich sitzt der Neuköllner derweilen mit einem Bierchen in
der Sonne auf dem Feld oder auf dem Balkon, komplett unbeeindruckt.

Wer bin ich

Offensichtlich griechisch - oder außerirdisch. Da scheiden sich die Geister. Manchmal fühlt sich Efthymis Angeloudis (Aussprachehilfen gibt es nicht), als ob das Leben ihm einen üblen Streich gespielt hätte und er deswegen in Berlin gelandet sei. Manchmal geht er (mit Einhaltung der Abstandsregeln) nach dem Regen im Park spazieren und denkt sich, dass es hier gar nicht mal so schlecht ist.

Ein weites Feld

Das Urteil des Verwaltungsgerichts, das Demo-Verbot zu kippen, führte zu einem wahren Freudensturm beim Stuttgarter "Querdenken"-Initiator Michael Ballweg, der die Entscheidung gegenüber der "Welt" einen "tollen Sieg für die Demokratie" nannte und salopp den Rücktritt des Innensenators Andreas Geisel forderte.

Auf die Frage, ob er sich von rechtsextremen Gruppen auf den Demonstrationen der "Querdenker" distanziere, sagte Ballweg, dass man das immer schon gemacht habe. "Natürlich lehnen wir rechtsextremes sowie linksextremes und gewaltbereites Potential ab", sagter er der "Welt".

Bei der Demonstration am 1.8. in Berlin klang es vom Lautsprecherwagen der Demoleitung schon anders: "Wir sehen hier einige Reichsfahnen. Das wird für die Presse wieder Anlass sein, von Rechten, Verschwörungsideologen und Antisemiten auf der Demo zu sprechen. Aber wir lassen uns nicht spalten. Die wahren Faschisten sitzen in der Regierung." Das klingt nach einer seltsamen Distanzierung.

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