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Der Absacker

Was Corona einem näher bringt

Es gibt gewisse Sachen, die einem suspekt waren. Doch in Zeiten von Corona könnte es sein, dass man doch noch einen Zugang zu diesen Dingen findet. Seien es nun Masken, Schach oder auch – Bayern. Von Haluka Maier-Borst

Manchmal bekommt das, was man so besitzt, im Nachhinein eine unerwartete Bedeutung. Vor ein paar Wochen, als die Welt noch in Ordnung schien, besorgte ich für das Wohnzimmer eine Discokugel. Rückblickend, in Zeiten von "United We Stream", war das wohl eine der besseren Anschaffungen des Jahres.

Genauso geht es mir nun mit einem Tuch, genauer gesagt einem Bandana. Das hatte mir meine gute Freundin Victoria vor einigen Tagen als Souvenir und Geschenk aus Chile zugeschickt. Und obwohl mir schon vereinzelt User unter dieser Kolumne "Gassenslang" unterstellten, dachte ich nicht, dass das Banditen-Accessoire zu mir passt. So wirklich Straße bin ich mit japanischem Migrationshintergrund und schlaksiger Statur nicht gerade. Doch jetzt ist dieses Stück Stoff mit die beste Möglichkeit, den Empfehlungen von Ärzten zu folgen. Aber bilden Sie sich Ihre eigene Meinung, ob mir so etwas steht.

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1. Was vom Tag bleibt

Menschen, die mit Masken durch die Gegend laufen. Das war für mich vor allem bisher ein Bild, das ich aus Japan kannte, der Heimat meiner Mutter. Nun wird aber, wie oben schon angedeutet, auch in Deutschland diese Etikette wohl Einzug halten. Wichtig dabei: Den Träger oder die Trägerin schützt das weiterhin nur wenig vor einer Ansteckung. Aber es kann andere vor einer Ansteckung schützen, falls man selbst infiziert ist und noch keine Symptome zeigt. Alles Weitere können Sie hier bei uns nachlesen.

2. Abschalten.

Basketball, Fußball, Volleyball – jeder, der zurzeit Sport schauen will, muss mit Highlights aus der Konserve vorlieb nehmen. Wie lange das noch geht, ist nicht abzusehen. Und trotzdem gibt es ein paar Formen von Spitzensport, die weiterhin stattfinden. Eine davon ist Schach. Magnus Carlsen, amtierender Schachweltmeister tritt nämlich online gegen einige andere Spitzenspieler an [chess24.com]. Die erste Partie läuft bereits.

Ob ich das mir anschauen werde, weiß ich noch nicht. Nicht so sehr weil ich grundsätzlich etwas gegen das Spiel hätte, sondern weil es mich an meine Mittelmäßigkeit erinnert. Mein Vater, der lange im Verein Schach gespielt hat, hat nämlich immer wieder gegen mich gespielt. Und sagen wir so, ich habe kein einziges Mal in meinem Leben gewonnen. Selbst als er blind gegen mich spielte und nebenbei noch seine Steuererklärung machte, hatte ich keine Chance. Wenn Sie aber keinen derartigen Familienballast haben, wäre der Stream ja vielleicht etwas.

Wer ich bin

Großstadtchaos statt Alpenpanorama, Brandenburger Seen statt britisches Meer. Haluka Maier-Borst war schon an ein paar Orten und hat immer die falsch-richtige Wahl getroffen. Für Berlin. Jetzt sitzt er im Wedding - und mehr oder weniger fest. Denn nach einer Reise in die Schweiz war er zunächst für zwei Wochen in Heimquarantäne. Und jetzt hält er sich natürlich auch an das Kontaktverbot. Jeden Tag gegen acht genehmigt er sich einen Absacker und eine kleine Pause von der Nachrichtenlage.

3. Und, wie geht's?

Seit wir/ich diese Kolumne führen, kriegen wir viele Mails, worüber wir uns sehr freuen. Und manchmal kommt die digitale Post teilweise aus fernen Regionen. Zum Beispiel aus Bayern, von Julia und ihrer Familie, die in Ortenburg wohnen:

Hier im Ort bin ich Grundschullehrerin, mein Vierjähriger geht normalerweise in den Kindergarten, meine Großen gehen in die umliegenden Realschulen, mein Freund arbeitet als Softwareentwickler unterm Dach in unserem Büro. Seit Mitte Februar verfolgen wir die Corona-Situation mit Sorge, da mein Freund zur Risikogruppe gehört. Wir wurden anfangs lange von der eigenen Familie und von Kollegen, Nachbarn belächelt, als wir vor dem Coronavirus gewarnt hatten. 

Dann kam der 12. März. Gerüchte von Schul- und Kindergartenschließungen wurden lauter. In der Schule haben wir in letzter Sekunde den letzten Schultag vor einer langen Corona-Pause vorbereitet. Arbeitspakete für die Kinder, letzte Absprachen über digitale Kommunikationswege, Zusammenpacken aller Hefte und Bücher für die Schüler, organisieren, delegieren und erklären im Akkord. Meine Erstklässler waren sichtlich überfordert und konnten noch gar nicht verstehen, was da auf sie zukommt.

Dann war nach dem Wochenende plötzlich Unterricht von zu Hause aus angesagt. Ich packe tägliche Lernpläne mit Lernvideos, Materialien und Arbeitsblättern in Dropbox Ordner und sammle abends die von den Kindern erledigten Blätter digital ein. Ich korrigiere sie, verschicke belohnende und aufmunternde Sprachbotschaften an die Schüler (an die Elternhandys via WhatsApp). Das nimmt sehr viel Zeit in Anspruch, da bleibt nicht viel für sonstige Zerstreuung - vor allem, weil mein Kurzer nebenbei bespaßt werden will und der Haushalt auch noch geschubst werden wollen.

Ein positiver Effekt des vielen Zuhauseseins ist aber: Kochen und backen wird hier wieder wichtiger, es macht Spaß, gemeinsam mit den Kindern neue Rezepte auszuprobieren. Das alles hilft etwas gegen den Lagerkoller. 

Falls Sie uns auch schreiben wollen, was Sie umtreibt, welche kleinen und großem Herausforderungen Sie meistern müssen oder einfach ein neues Maskenmodell uns fotografisch vorstellen wollen, dann schreiben Sie mir an: haluka.maier-borst@rbb-online.de

4. Ein weites Feld

Lassen wir es mal heute dabei, Sie haben ja mit dem Maskenbild noch eine kleine Zugabe bekommen. Übrigens: ich warte immer noch auf Ihre Schrei-Videos.

Bis morgen, bleiben Sie drinnen und Prost, sagt

Haluka Maier-Borst

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