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Quelle: dpa/Paulo Lopes

Fragen und Antworten zu neuer Mutation

Was Sie über die Delta-Variante wissen sollten

Die Delta-Variante kann erst mit einer Sommergrippe verwechselt werden: Schniefnase, Kopfschmerzen, raue Kehle. Und sie ist in Deutschland angekommen, unterscheidet sich aber von anderen Corona-Spielarten. Was weiß man? Von Georg-Stefan Russew

Was macht die Delta-Variante so besorgniserregend?

Die Delta-Variante, die erstmals in Indien entdeckt wurde, ist deutlich ansteckender als die britische Alpha-Variante. In Großbritannien hat dies für eine weitere Infektionswelle in vielen Teilen des Landes gesorgt. Auch müssen ersten Studien zufolge [thelancet.com] Infizierte häufiger ins Krankenhaus und offenbar sind davon auch öfter jüngere Menschen betroffen.

Kalayci warnt vor Verbreitung

Bislang 156 Fälle der Delta-Variante in Berlin festgestellt

Auch wenn die Inzidenzwerte fallen, mahnen Politiker und Wissenschaftler zur Vorsicht vor der sogenannten Delta-Variante. Die Mutante ist auch in Deutschland auf dem Vormarsch. In Berlin wurden inzwischen mehr als 150 Fälle registriert.

Und das alles vor dem Hintergrund, dass bereits die britische Alpha-Variante deutlich ansteckender ist, sagt Immunologe und Impfstoff-Forscher Leif Erik Sander von der Berliner Charité. "Bei der Delta-Variante scheint es jetzt so zu sein, dass sie noch einmal circa 40 Prozent ansteckender ist als die Alpha-Variante", erklärt Sander.

Welche Symptome bringt die Delta-Variante mit sich?

Soweit man es wisse, seien die Symptome mit einer herkömmlichen Coronavirus-Infektion vergleichbar, meint Sander. "Das kann mit Halsschmerzen, Geruchsverlust, Kopfschmerzen, Abgeschlagenheit und Husten beginnen. Im weiteren Verlauf kann es dann zu Fieber und Luftnot kommen", so der Charité-Mediziner weiter. Neueste Untersuchungen deuten an, dass womöglich mehr Betroffene im Fall einer Infektion medizinisch in einer Klinik behandelt werden müssten, als bei Infektionen mit der Alpha-Variante, so der Immunologe.

Wie schnell verbreitet sich die Delta-Mutante?

Eine belastbare Prognose zur Verbreitung der Delta-Variante könne Sander zwar nicht abgeben. "Was man aber in Großbritannien sehen kann, ist, dass diese Mutation alle anderen Coronavirus-Varianten sehr schnell ersetzt hat", sagt er. Das könne man für Deutschland auch erwarten. Aktuell seien es vor allem noch regionale Ereignisse in Ballungsgebieten. In ländlicheren Regionen sei diese Variante bislang noch nicht sehr verbreitet. Zudem müsse man auch beachten, dass die Inzidenzwerte sich fast überall in Deutschland auf niedrigem Niveau bewegten.

Allerdings rechnet Sander damit, dass die Delta-Mutante bei den Infektionsfällen im Herbst die bestimmende Variante sein werde. Man werde da aber aufgrund der Impfungen eine ganz andere Ausgangslage haben als zu Beginn der Corona-Pandemie.

Diese Auffassung teilt auch das Berliner Robert-Koch-Institut (RKI). Noch kursiere die Delta-Variante in Deutschland auf niedrigem Niveau (rund sechs Prozent). Es sei jedoch nicht die Frage, ob Delta das Infektionsgeschehen in Deutschland dominiere, sondern wann, sagte RKI-Präsident Lothar Wieler am Freitag. Es hänge auch davon ab, wie es gelinge, die Ausbreitung mit Maßnahmen wie Abstand, Hygiene und Masken zu unterdrücken.

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Wie gut wirken die Impfstoffe dagegen?

Es gibt Grund zur Hoffnung: Die englischen Gesundheitsbehörden stellten erste Ergebnisse vor, die zeigen, dass sowohl die Impfstoffe von Astrazeneca als auch von Biontech/Pfizer und Moderna weiterhin die neue Variante weitestgehend in Schach halten und Krankenhauseinweisungen verhindern [gov.uk]. "Die Impfungen wirken gut. Das haben Studien belegen können. Vielleicht ist die Wirkung etwas schwächer als bei der britischen Mutante. Aber da würde ich noch nicht von besorgniserregend sprechen. Die Wirksamkeit der Impfung ist immer noch auf hohem Niveau", unterstreicht Sander.

Wichtig laut Sander sei, dass sich möglichst viele Menschen vollständig mit den Vakzinen durchimpfen ließen. Bei nur einmalig Geimpften lagen die Infektionszahlen sowohl bei der Alpha-, aber vor allem bei der Delta-Variante deutlich höher.

Können die vorhandenen Vakzine an Mutationen angepasst werden?

Mit der mRNA-Technologie, auf der die Vakzine von Biontech und Moderna basieren, sei das kein Problem, sagt Sander. "Das geht relativ schnell. Man muss allerdings eine neue Zulassung beantragen. Da müsse man zwar nicht bei null anfangen", sagt Sander. "Es würde allerdings etwas Zeit in Anspruch nehmen". Die vorhandenen Impfstoffe wirkten aktuellen Studien zufolge aber relativ gut.

Wenn man zu dem Schluss kommen sollte, dass die bestehenden Impfstoffe so nicht mehr ausreichend seien, könne man mit einer einfachen sogenannten Booster-Impfung, einer Auffrischungsimpfung mit dem adaptierten neueren Impfstoff, nachsteuern, so Sander.

Was ist denn überhaupt eine Delta-Variante?

"Viren verändern sich ständig, tauschen bestimmte Stellen in ihrem Genom aus", erklärt Leif Erik Sander. Das führe dazu, dass die Eiweiße, die ein Virus hat, um Zellen zu infizieren, sich leichtgradig verändern können. Das passiere ständig, aber manchmal geschehe dies in einer Weise, dass es dem Virus einen Vorteil verschafft, so der Immunologe.

Bei der Delta-Variante sei es laut Sander so, dass das Stachelprotein, mit dem sich das Virus an menschliche Zellen hefte, zwei, drei Veränderungen aufweise. "Und das führt anscheinend dazu, dass es besser in unsere Zellen hereinkommt und vielleicht etwas schlechter von Antiköpern neutralisiert wird - und deswegen scheint die Deltavariante infektiöser zu sein", erklärt der Professor.

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In diesem Zusammenhang mahnt das Robert Koch-Institut (RKI). Auch bei niedrigen Inzidenzen sei ein behutsames Öffnen in kleinen Schritten nötig, betont RKI-Präsident Lothar Wieler am Freitag in Berlin. Durch Impfungen, Maske tragen in Innenräumen und Abstandhalten könnten wiedergewonnene Freiheiten erhalten bleiben. "Das Virus ist nicht verschwunden. Lassen Sie uns die Erfolge nicht leichtfertig verspielen", sagt Wieler. "Lassen Sie uns auch die wiedergewonnene Freiheit erhalten, indem sich immer mehr Menschen vollständig impfen lassen."

Sander spricht sich dafür aus, dass der Reiseverkehr akribisch beobachtet wird, dass ganz genau geguckt wird, wo die Delta-Variante auftritt und flexibel nachgesteuert wird, wenn die Inzidenzen wieder ansteigen. Zudem müsse weiter intensiv getestet und sequenziert werden.

Sendung: Inforadio, 18.06.2021, 14:20 Uhr

Beitrag von Georg-Stefan Russew

Die Kommentarfunktion wurde am 19.06.2021 um 17:15 Uhr geschlossen

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