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Video: rbb|24 | 08.07.2021 | Material: Abendschau, Brandenburg aktuell | Quelle: dpa

Fragen und Antworten

Was Sie über die Corona-Impfung bei Kindern und Jugendlichen wissen sollten

Sollten Kinder ab zwölf Jahren gegen Corona geimpft werden? Diese Frage beschäftigt derzeit viele Eltern – schon allein wegen des Schulunterrichts nach den Sommerferien. rbb|24 fasst den aktuellen Kenntnisstand zusammen. Von Frank Drescher

Die US-Seuchenschutzbehörde CDC empfiehlt Corona-Impfungen für Kinder und Jugendliche uneingeschränkt. Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt die Impfung derzeit für alle ab zwölf Jahren aufwärts, aber erst, wenn andere, anfälligere Gruppen bereits immunisiert sind. Die Ständige Impfkommission (Stiko) des Robert-Koch-Instituts (RKI) hingegen empfiehlt die Corona-Schutzimpfung für 12- bis 17-Jährige nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen.

Welche Impfstoffe sind überhaupt für Kinder und Jugendliche zugelassen?

Von den vier in der EU derzeit zugelassenen Impfstoffen dürfen Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren nur mit dem Präparat von Biontech-Pfizer geimpft werden. Für die anderen drei Impfstoffe – Astrazeneca, Moderna sowie Johnson & Johnson - laufen noch die Studien, die klären sollen, ob sie auch für Kinder und Jugendliche geeignet sind.

Kritik an der Politik

Stiko-Mitglied Terhardt mahnt zu Zurückhaltung bei Kinderimpfungen

Michael Müller, Ramona Pop, Jens Spahn - sie alle fordern, Kinder ab zwölf Jahren schon jetzt umfassend zu impfen, obwohl die Ständige Impfkommission das noch nicht empfehlen kann. Stiko-Mitglied Terhardt wehrt sich im rbb gegen diese Vorstöße.

Warum gibt es für Kinder unter zwölf Jahren noch keine Impfung?

Auch hierzu läuft noch die Forschung. Solange gesicherte Erkenntnisse zu Wirkung und Nebenwirkungen in der Altersgruppe unter zwölf Jahren noch nicht vorliegen, darf dieser Teil der Bevölkerung noch nicht geimpft werden.

Wie riskant ist die Covid-Schutzimpfung bei Kindern?

In den USA sind aktuell etwa vier Millionen Kinder und Jugendliche geimpft. Wie Klaus Cichutek, Präsident des für Impfstoffzulassung in Deutschland zuständigen Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) im Gespräch mit rbb|24 erkärt, seien dort keine Probleme bekannt geworden.

In den USA hat es Fälle von Herzmuskel-Entzündungen gegeben, die nach einer Corona-Impfung beobachtet wurden. Wie groß ist diese Gefahr?

Bis Ende Juni waren in den USA 300 Fälle von Herzmuskel-Entzündungen bei jungen Männern und männlichen Jugendlichen aufgetreten. Die Gesamtzahl der Geimpften in dieser Bevölkerungsgruppe lag da bereits bei 20 Millionen. Demzufolge ist das Problem unter 200.000 Geimpften dreimal oder bei 0,0015 Prozent der Geimpften beobachtet worden. Während einerseits aus Sicht der Wissenschaft noch unklar ist, welcher Wirkungszusammenhang zwischen der Herzmuskel-Entzündung und der Impfung besteht, zeigt die Beobachtung andererseits, wie viel Aufmerksamkeit die medizinische Überwachung der Geimpften möglichen Problemen widmet. Nach Auskunft von PEI-Präsident Cichutek konnten alle bekannt gewordenen Fälle von Herzmuskel-Entzündung behandelt werden, ohne dass die Patienten Folgeschäden erlitten haben.

Interview | Immunologin über Delta

"Wir brauchen die Masken unbedingt weiterhin"

Wie stark wird die Delta-Variante die Corona-Fallzahlen ansteigen lassen? "Es hängt alles davon ab, wie wir uns verhalten", sagt Immunologin Christine Falk im Interview. Deshalb müsse die Maskenpflicht bleiben - und Kinder ab zwölf sollten geimpft werden.

Was empfiehlt die Ständige Impfkommission für die Corona-Schutzimpfung von Kindern und Jugendlichen?

Die Ständige Impfkommission empfiehlt eine Corona-Impfung für 12- bis 17-Jährige, wenn sie aufgrund schwerer anderer Erkrankungen ein erhöhtes Risiko haben, einen schweren Verlauf von Covid-19 zu erleiden. Bei diesen Erkrankungen handelt es sich um:

ꔷ Fettleibigkeit

ꔷ Immunschwäche oder Erkrankungen mit unterdrücktem Immunsystem

ꔷ angeborene Herzfehler mit Sauerstoffmangel

ꔷ chronische Erkrankungen von Lunge, Nieren, Nerven und Muskeln

ꔷ Lungenhochdruck

ꔷ Diabetes mellitus

ꔷ Herzschwäche

und

ꔷ Krebserkrankungen.

Mehr Informationen gibt es im Epidemiologischen Bulletin des Robert-Koch-Instituts vom 24. Juni 2021 [rki.de] ab Seite 3.

Wie handhaben andere Länder die Impfung von Kindern und Jugendlichen?

In den USA ist Biontech-Pfizer ebenfalls als einziger Impfstoff für Kinder ab zwölf Jahren zugelassen - anders als in Deutschland aber ohne jede Einschränkung. So handhaben es auch viele EU-Staaten, etwa Frankreich und Italien. In Spanien soll die Impfkampagne für Kinder und Jugendliche zwei Wochen vor dem dortigen Schulbeginn starten.

Die Nicht-EU-Mitglieder Großbritannien und auch Norwegen hingegen sind bei der Kinder-Impfung ähnlich zurückhaltend wie Deutschland. Die Spritze erhalten in Norwegen 12- bis 17-Jährige nur, wenn ihnen im Falle einer Erkrankung ein schwerer Verlauf droht. In Großbritannien will die Regierung noch weitere Forschungsergebnisse abwarten, bevor sie den Einsatz von Biontech-Pfizer bei Kindern und Jugendlichen empfiehlt. Trotzdem ist das Präparat aber auch auf der Insel für die Altersgruppe ab zwölf bereits zugelassen.

Immunologin: "Es hängt alles davon ab, wie wir uns verhalten"

In Deutschland haben inzwischen die meisten Neuinfizierten die höher ansteckende Delta-Variante des Coronavirus, dazu steigen die Inzidenzen leicht an. Die Immunologin Christine Falk plädiert für Imfpungen von Kindern ab 12 Jahren und ein Beibehalten der Maskenpflicht.

Wenn Kinder und Jugendliche jetzt nicht geimpft werden, drohen dann im Herbst wieder Schulschließungen?

Nein, meint Steffen Lüder vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte. Im Gespräch mit rbb|24 erklärt er: "Wenn die Kinder krank sind, sind sie leicht krank. Wenn die Lehrer, Erzieher und Hausmeister, also das erwachsene Personal in den Schulen geimpft ist, dann ist das nicht so schlimm, wenn wir in der einen oder anderen Schule auch mal eine kleine Serie von Ausbrüchen haben."

Welche Risiken bestehen, wenn Kinder keine Impfung erhalten?

Gründe für eine uneingeschränkte Impfung auch bei Kindern sieht beispielsweise die Immunologin Christine Falk. Im rbb-Inforadio erklärte sie: "Wir wissen sehr gut, was die Impfung macht, wir wissen nicht so gut, was so eine Virus-Infektion macht. Auch wenn die Kinder nicht schwer krank werden, ist für mich das Virus der viel unsicherere Partner, weil ich nicht weiß, was es in den Kindern, auch langfristig, immunologisch anstellt, denn dazu haben wir gar keine Studien."

 

Sendung: Abendschau, 08.07.2021, 19:30 Uhr

Beitrag von Frank Drescher

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