Interview | Immunologin über Delta - "Wir brauchen die Masken unbedingt weiterhin"

Do 08.07.21 | 15:22 Uhr
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'Symbolbild: Teststation (Quelle: dpa/Christoph Hardt)
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Audio: Inforadio | 08.07.2021 | Interview mit Immunologin Christine Falk | Bild: dpa/Christoph Hardt

Wie stark wird die Delta-Variante die Corona-Fallzahlen ansteigen lassen? "Es hängt alles davon ab, wie wir uns verhalten", sagt Immunologin Christine Falk im Interview. Deshalb müsse die Maskenpflicht bleiben - und Kinder ab zwölf sollten geimpft werden.

Delta ist zur dominierenden Variante des Coronavirus in Deutschland geworden. Dass die Mutation mehr Ansteckungen verursacht als bisherige Varianten, ist aus Ländern wie Großbritannien und Israel bekannt. Dort stiegen die Fallzahlen stark an - und auch in Berlin und Brandenburg gibt es wieder etwas mehr Corona-Infektionen.

rbb: Frau Falk, Sie plädieren dafür, dass die Maskenpflicht auf jeden Fall bleibt. Warum ist das jetzt gerade bei der Delta-Ausbreitung so wichtig?

Christine Falk: Weil wir wissen, dass die Delta-Variante ansteckender ist. Jemand, der diese Corona-Mutation hat, pustet mehr Viren in die Luft. Davor kann man sich - Gott sei Dank - leicht schützen, indem man Maske trägt. Deswegen brauchen wir die unbedingt weiterhin. Was sonst passiert, hat man zum Beispiel in Australien gesehen - dass man sich ansteckt, einfach nur im Vorbeilaufen in einem Einkaufszentrum.

Prof. Christine Falk (Quelle: Karin Kaiser/MHH)
Karin Kaiser/MHH

Christine Falk

- Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Immunologie
- Professorin am Institut für Transplantationsimmunologie an der Medzinischen Hochschule Hannover

Womit rechnen Sie denn bei uns in Sachen Delta beim Infektionsgeschehen? Dass die Zahlen auch wieder stark hochgehen?

Das hängt davon ab, wie wir uns verhalten. Wir sehen in anderen Ländern, dass sich Delta leichter ausbreitet vor allem in Personenkreisen, die noch nicht geimpft sind. Damit muss man auch bei uns rechnen, wenn wir jetzt nicht aufpassen. Wenn wir das verhindern möchten, müssen wir weiter Masken tragen und Abstand halten, also die AHA+L-Regeln beibehalten. Das ist eine relativ einfache und sehr wirksame Methode.

Sie als Expertin sehen die Lockerungen, die es jetzt überall gibt, also mit Sorge - verstehen wir Sie richtig?

Ja, denn das Virus hat dann bessere Chancen, mehr Menschen zu infizieren. Wir sollten aber versuchen, die derzeit niedrigen Infektionszahlen zu halten. Das kriegen wir nicht umsonst, sondern wir müssen dafür etwas tun: AHA+L ist ein guter Start.

Sie haben davon gesprochen, dass Delta sich vor allen Dingen unter Nicht-Geimpften ausbreitet. Das sind häufig Kinder. Für Unter-Zwölfjährige gibt es noch keinen Impfstoff und für die zwischen zwölf und 16 empfiehlt die Stiko ihn nur bedingt. Wie bewerten Sie das?

Bei Delta muss man davon ausgehen, dass es auch bei Kindern infektiöser ist. Da Kinder ab zwölf Jahren nach Rücksprache mit den Kinderärztinnen und Kinderärzten geimpft werden können, gibt es die Möglichkeit, sein Kind zu schützen. Die Einschränkung der Stiko besagt nur, dass die Datenbasis noch nicht groß genug, um genaue Aussagen treffen zu können, wie sich das Risiko von Nebenwirkungen verhält zum Risiko bei einer Infektion.

Und würden Sie zu einer Impfung von Kindern raten?

Es ist die sicherere Variante. Denn wir wissen wir gut, was die Impfung im Körper bewirkt. Wir wissen nicht so gut, was so eine Virusinfektion mit Delta macht. Auch wenn die Kinder nicht schwer krank werden, ist für mich das Virus der viel unsichere Partner - weil ich nicht genau weiß, was es in den infizierten Kindern auch langfristig immunologisch anstellt. Dazu haben wir gar keine Studien. Was aber bei einer Impfung passiert, das ist schon sehr gut untersucht worden. Insofern würde ich persönlich dafür plädieren, Kinder ab zwölf Jahren zu impfen. Wir wissen, dass es durchaus vertretbar ist, was das Risiko von Nebenwirkungen angeht.

In Berlin und Brandenburg sind zwar noch Sommerferien, aber die Schule geht bei uns früher als in anderen Bundesländern wieder los. Bislang gibt es an den Schulen wohl kaum Luftfilter. Wie wichtig finden Sie solche technischen Hilfsmittel neben dem Maskentragen und Abstandhalten?

Ich bin keine Expertin, was Luftfilter angeht. Ich würde eher den pragmatischen Weg gehen, um mehr Umwälzung in die Luft zu bekommen - zum Beispiel über Ventilatoren. Es geht ja darum, in einem Raum, in dem möglicherweise Viren in der Luft sind, so einen Durchzug hinzukriegen, dass man die Viren wieder aus dem Raum rausbekommt. Fenster aufmachen allein reicht da nicht, sondern es braucht Durchzug, um Ansteckungen zu vermeiden. Wie man den pragmatisch hinbekommt, ob Luftfilter da der richtige Weg sind, das müssen andere entscheiden. Dazu würde ich mir jetzt kein Urteil erlauben.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Angela Ulrich, Inforadio.

Sendung: Inforadio, 08.07.2021, 06:45 Uhr

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37 Kommentare

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  1. 37.

    "ABER SIE WEIß, DASS MAN IM vORBEIGEHEN KRANK WIRD; BRAVO !"

    Das ist tatsächlich möglich. Die Virenmengen, die ein mit der Delta-Variante Infizierter emittiert, sind deutlich höher als bei Alpha. Um ihn herum könnte sich somit eine hochansteckende Aerosolwolke bilden, bei der jemand im Vorbeigehen einatmet und genügend Viren für eine Infektion aufnimmt. Nicht umsonst wird Delta als Superspreader-Variante tituliert.

  2. 36.

    Sie können Ihre Aussagen über bereits vorhandene impfstoffresistente Sars-CoV-2-Viren gewiss belegen. "Resistent" bedeutet in dem Zusammenhang, dass die Impfstoffe vollkommen wirkungslos sind und folglich noch nicht mal vor einem schweren Verlauf zuverlässig schützen können. Die Entstehung einer solchen Variante ist mir nicht bekannt. Falls Sie exklusive Informationen darüber haben, immer her damit. Booster-Impfungen sind übrigens schon lange im Gespräch, eben weil das Virus und seine Evolution genau beobachtet wird. Ich sehe nicht, dass primär kommerzielle Erwägungen bei der Aufrechterhaltung der Maskenpflicht vorliegen. Vielmehr ist das eine Strategie, es dem Virus so schwer wie möglich zu machen: Die ersten Schutzbarrieren bestehen aus Abstand und Maske, die zweite Barriere ist die Impfung.

  3. 35.

    Ich bin keine Expertin, was Luftfilter angeht. Ich würde eher den pragmatischen Weg gehen, um mehr Umwälzung in die Luft zu bekommen - zum Beispiel über Ventilatoren. Es geht ja darum, in einem Raum, in dem möglicherweise Viren in der Luft sind, so einen Durchzug hinzukriegen, dass man die Viren wieder aus dem Raum rausbekommt. Fenster aufmachen allein reicht da nicht, sondern es braucht Durchzug, um Ansteckungen zu vermeiden. Wie man den pragmatisch hinbekommt, ob Luftfilter da der richtige Weg sind, das müssen andere entscheiden. Dazu würde ich mir jetzt kein Urteil erlauben.

    ABER SIE WEIß, DASS MAN IM vORBEIGEHEN KRANK WIRD; BRAVO !

  4. 34.

    Durch meine Zeit in Tokio bin ich das Masketragen gewohnt. Werde es zum Schutz anderer und für meine Gesundheit beim Einkauf und öffentlichen Verkehrsmitteln weitertragen. Bin Asthmatiker und möchte präventiv weiter handeln. Außerdem ist Corona noch vorhanden. Es wird auch noch lange unser Leben begleiten. Anpassen an die neue Lebenssituation finde ich für mein Dafürhalten nur gut.

  5. 33.

    Es gibt halt unterschiedliche Einstellungen zum Leben.
    Meine Abwägung ist eher wie viel Lebensqualität und Spaß geht mir verloren und ist es mir das Wert? So macht jeder eine Risiko/ Nutzen Abwägung. Konkret… lange Zeit Motorrad gefahren…. Der Spaß war größer als das Risiko.
    Oder Corona… Weihnachten Ostern Geburtstag gefeiert wie immer und auch das Treffen von Freunden hat nur wenig gelitten. Und bevor man nun gleich wieder schreit … hab ich nur Glück gehabt…
    Nicht wissenschaftlich perfekt aber ein Anhaltspunkt….
    https://covid-o-mat.de/
    Die Wahrscheinlichkeit durch den Tag zu kommen ohne sich zu infizieren dürfte erheblich höher liegen als andersrum….
    Wie heißt es so passend….. es gibt auch ein Leben vor dem Tod

  6. 32.

    Aber kriegen Sie es nicht mit?
    Auf der ganzen Welt entstehen nach und nach wie bei Viren üblich Escape-Mutationen oder Impfstoff-resistente Varianten.
    Nach und nach.
    Irgendwann wird der Impfstoff in seiner Wirkung etwas stärker nachlassen.
    Da können Sie sich in Deutschland bis 2023 noch so einwickeln.
    Da Grenzen und Flughäfen offen sind, verbreiten sich Mutationen weltweit.
    Außerdem ist Corona mittlerweile ein blühender Wirtschaftszweig geworden. Meinen Sie, der wird freiwillig hergegeben?

  7. 31.

    Also Mundgeruch, Essensreste und Zigarettenqualm Anderer kommt durch die Masken leider durch, falls Sie das noch nicht mitbekommen haben.
    Ich trainiere mein Herzkreislaufsystem anders als mir die Luftzufuhr zu drosseln.
    Was für Sie perfekt scheint, kann aber nicht zur Vorschrift für Andere werden.
    Mich wundert nur, was bei Corona den Bürgern alles für Pflichten und Maßnahmen gegen geltende Logik und Rechtsstaatlichkeit aufgedrückt werden, während man bei Kriminellen bislang nie auf die Idee kam, deren Grundrechte mal einzuschränken.

  8. 30.

    Danke Rbb dass ihr immer die extremst konservativ und ängstlich eingestellten Leute interviewt, es gibt so viel andere die genau das Gegenteil behaupten, aber egal irgendwie muss ja die Panik am Leben erhalten bleiben :(

  9. 29.

    Ja selbstverständlich, noch ist die Pandemie nicht am Ende! Immer da wo sich Menschen ansammeln und der Mindestabstand nicht gewährleistet ist trage ich eine Maske. Völlig unabhängig davon ob ich geimpft bin oder nicht. Gestorben wird immer, nur wenn ich weiß dass ich durch mein Verhalten gewisse Sterbeursachen ausschließen kann, dann mach ich das doch, vorausgesetzt ich bin nicht lebensmüde!? Besonders zum Schutz der Kinder und Jüngeren Mitmenschen, für die noch kein Impfstoff zur Verfügung steht.

  10. 28.

    Es ist doch eigendlich ganz einfach
    Wer keine Maske tragen will oder sich gegen eine Impfung entscheidet geht das Risiko einer eventuell tödlich verlaufenden Infektion ein.
    Nur möchten diese Peronen doch dann auch bitte auf jegliche med. Hilfe verichten,warum sollte dann unser Gesundheitssystem einspringen?

  11. 27.

    In etwa 80% der US-Bundesstaaten gibt es keine Maskenpflicht (mehr), nachdem klar war, dass die Staaten ohne diese Pflicht die gleichen oder sogar bessere Werte hatten als benachbarte Staaten mit der Verpflichtung. Das zeigt in der Praxis ganz eindeutig, dass Staubschutzmasken bei Viren nicht viel Sinn machen.

  12. 26.

    Wie es manchmal so ist mit Experten, sie setzen Wissen voraus und denken erstmal nicht dran, auch Selbstverständlichkeiten nochmal wiederzugeben. Impstoffe funktionieren alle nach einem ähnlichen Prinzip und in all den Jahrzehnten wurde nichts bekannt über Nebenwirkungen, die erst nach Jahren auftreten.
    Habe hierzu noch einen alten Artikel gefunden: https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/corona-impfstoff-langzeitschaeden-100.html

  13. 25.

    "Auch wenn die Kinder nicht schwer krank werden, ist für mich das Virus der viel unsichere Partner - weil ich nicht genau weiß, was es in den infizierten Kindern auch langfristig immunologisch anstellt. "

    Mit Verlaub, aber Sie wissen auch nicht, was die Impfung langfristig in den Kindern immunologisch anstellt, denn es gibt keine einzige Metastudie, die langfristige Beobachtungen auswertet. Dies nicht zu erwähnen macht schon nachdenklich.
    Andererseits wenn die Kinder nicht schwer erkranken gibt es keine medizinische Indikation für eine Impfung weil es sinnfrei ist Kinder Risiken auszusetzen wenn sie nicht schwer erkranken. Wer nicht schwer erkrankt, muss nicht geschützt werden. Und dass sie nicht schwer erkranken ist hier die einzige gesicherte Erkenntnis. Alles andere ist Vermutung, der jegliche Evidenz fehlt.

  14. 24.

    Na klar die meisten werden auch ohne Zwang eine Maske tragen.
    So wie auch jetzt noch immer in den Fußgängerzonen die meisten eine Maske tragen, oder ab Samstag bestimmt auch ganz viele beim einkaufen weiterhin eine ffp2 Maske tragen werden. Oder im Kino am Platz ganz viele Maskenträger.
    Und wenn dann mal die Clubs usw. öffnen werden bestimmt eine Menge Leute dort eine Maske tragen.

  15. 22.

    Also ich finde die EfEfPe im Getümmel auch über längere Zeit erträglich, oft auch angebracht. Mach sogar Sport mit diesem Teil. Es gibt sogar eine Studie der Sportmedizin, das, bei entsprechenden Trainingsstand, die Atemmuskulatur positiv beeinflusst wird. Ist wirklich so. Die einsfuffzig Abstand geniesse ich auch förmlich, insbesondere an Kassen und Bedientheken. Endlich steigt mir Hinz und Kunz nicht mehr in die Schuhe. Auch die Ausdünstungen von mangelnder Mundhygiene anderer halten sich wahrnehmbar in sehr engen Grenzen. Muss nicht jeder so sehen. Komisch ist, das mir bei Anwesenheit von Kuschlern oder Rüsseltieren, die Nase juckt. Also kurz die Maske lüften und so tun als ob ... zwei Meter Vakuum sind locker drin und die Masken werden scheinbar automatisch mehr. Nicht ganz fein, aber fair. Könnte ja mal wirklich so kommen. Regt sich jemand auf .... "Sorry Heuschupfen". Das "glaube ich" danach habe ich mir abgewöhnt.

  16. 21.

    Yep, ca 70 % der Briten, die die Aufhebung der Maskenpflicht bedenklich finden.

    Nicht auszudenken, wenn wir mal nicht über ein Stück Stoff diskutieren und einfach mal machen würden, egal ob die Maskenpflicht aufgehoben wird. Ich wette, dass die meisten weiter eine Maske tragen werden, freiwillig, denn die meisten haben einfach verstanden....

  17. 20.

    Sie können doch Maske tragen, wenn Sie das schön finden.
    Aber es gibt auch Leute, die das nicht wollen.
    England ca. 33.000 Neuinfektionen + Fußball und volle Kneipen.
    Also kein Grund hier in Berlin bei 40 Neuinfektion diese Pflichtmasken für alle weiter fortzusetzen.

  18. 19.

    Für mich ist das alles Lobby-Arbeit, damit die Masken schön weiterverkauft werden.
    Für Geimpfte würde ich diesen ganzen Masken-Wahnsinn endlich mal abschaffen.
    Wo ist das Problem, sich als Geimpfter evtl. mit Corona zu infizieren, wenn man dann einen harmlosen Verlauf hat???
    Also man muss es ja nicht mutwillig machen, aber diese ganze Viren-Hysterie geht mir echt langsam auf den Wecker.

  19. 18.

    Sie hat doch gar nicht von FFP2 Masken gesprochen sondern von OP Masken. Und diese sind sehr wohl in vielen Ländern Europas in bestimmten Bereichen Pflicht

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